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Florian Russi

Im Zeichen der Trauer
Tröstungen für Hinterbliebene

Dieses Büchlein will denjenigen helfen, die durch den Verlust eines geliebten Menschen in Trauer, Schmerz und seelische Not geraten sind. 

Das Karl-Marx-Monument in Chemnitz

Das Karl-Marx-Monument in Chemnitz

Sebastian Keßler

Chemnitz, Karl-Marx-Denkmal, FDJ Versammlung am 10. Oktober 1971, Bundesarchiv, Bild 183-K1010-0007, Wolfgang Thime
Chemnitz, Karl-Marx-Denkmal, FDJ Versammlung am 10. Oktober 1971, Bundesarchiv, Bild 183-K1010-0007, Wolfgang Thime

„Kunst ist nicht ein Spiegel, den man der Wirklichkeit vorhält, sondern ein Hammer, mit dem man sie gestaltet", Karl Marx (1818-1883)

Der Mann muss geahnt haben wie es kommt. Denn die Enthüllung seines in Bronze gegossenen Konterfeis am 9. Oktober 1971 war ein kultureller Hammerschlag in der Schmiedewerkstatt des realexistierenden Sozialismus. Dem propagandistischen Großereignis wohnten rund 250.000 Menschen bei.

Noch heute gehört das Karl-Marx-Monument zu den größten Porträtbüsten der Welt. Sieben Meter hoch und 40 Tonnen schwere ruht der Koloss auf einem mit ukrainischem Granit verkleideten Sockel. Hinter dem Ehrenmal prangt in riesigen Lettern die Maxime des kommunistischen Manifest „Proletarier aller Länder vereinigt euch!" in deutscher, englischer, französischer und russischer Sprache.

Den Entwurf für die Büste lieferte der sowjetischen Bildhauer Lev Jefimowitsch Kerbel. Nach seinen Vorgaben wurde die Bronzeskulptur in Leningrad gegossen und anschließend in 95 Einzelteile zerlegt. Soweit konnten die Russen helfen. Das Zusammenfügen des Puzzles am neuen Standort überließen die Verantwortlichen lieber dem volkseigenen Betrieb Germania. Zu groß waren die Befürchtungen, dass sowjetische Schweißnähte den Schädel des deutschen Philosophen nicht zusammen halten könnten.

Die Errichtung des Monuments verschlang die für damalige Verhältnisse gigantische Summe von 1,5 Millionen Mark. Dabei sollte das Projekt allein durch zusätzliche Leistungen der Bevölkerung zu Ehren von Karl Marx erwirtschaftet werden. Der Plan ging auf. Allein das Fritz Heckert Kombinat, vor seiner Verstaatlichung als Wanderer-Werke bekannt, produzierte zusätzliche Waren im Wert von 40.000 Mark. Trotz des Einsatzes aus der werktätigen Bevölkerung dauerte es, bis sich die Bürger mit ihrem „Nischel" angefreundet hatten. Zu strengen und finster, fast  bedrohlich wirkte der Blick der Büste auf den gegenüber gelegenen Intershop.

Mit dem Fall der Mauer begann die Jagd auf das sozialistische Erbe. 37 Jahre war Karl Marx Namensgeber der Stadt gewesen, die sich nun wieder Chemnitz nannte. Auch die Karl-Marx-Allee erhielt ihre ursprüngliche Bezeichnung als Brückenstraße zurück. Es entbrannte eine heftige Diskussion um den Abriss des Monuments. Erst als Städte aus aller Welt ihr Interesse an dem Denkmal bekundeten und Köln ein konkretes Kaufangebot unterbreitete, besannen sich die Chemnitzer. Sie ließen ihren Nischel stehen und verteidigten ihr Wahrzeichen fortan.

Der Versuch Münsters, das Karl-Marx-Monument für einen Sommer zu sich holen, scheiterte kläglich am Chemnitzer Veto. Auch für den Bau eines Faksimile erhielt Münster keinen Segen aus Chemnitz. „Der Kopf ist ein Unikat und soll auch ein Unikat bleiben" lautete die eindeutige Antwort aus dem Rathaus.

Wenig marxistisch reagierte die Chemnitzer Bevölkerung auf die Marketingpläne eines schwedischen Möbelhauses. Zwar war die Werbekampagne um das Marx-Monument nicht sonderlich beliebt, doch solange die Aktion Geld in die Stadtkassen spült ... Überhaupt boomt in Chemnitz der Kommerz um den Verteidiger des Proletariats. Gemessen am Souvenirverkauf ist Karl Marx eine echte Cash Cow und mit Sicherheit das beliebteste Fotomotiv der Stadt.

Karl Marx hat eben seinen Platz im Herzen der Deutschen gefunden. In der ZDF-Show „Unsere Besten" landete er auf dem dritten Platz noch vor Bach, Geothe, Gutenberg und Einstein.

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