Sachsen-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Sachsen-Lese
Unser Leseangebot

Frank Meyer

Es war mir ehrlich gesagt völlig egal

 „Ich ging zur Beerdigung. Denn immerhin war ich es ja, der ihn erschlagen hatte.“

Sie schlagen sich so durch — die Jungs in Frank Meyers Geschichten. Dabei lassen sie sich von weiblichen Hosenanzügen beirren, stellen ihre grenzenlose Coolness beim Moped-Trinken unter Beweis und sorgen dafür, dass der Großvater fast die Sportschau verpasst.

Das goldene sächsische Herz

Das goldene sächsische Herz

Otto Grune

Nachttöpfe. Urheber: Ceridwen.
Nachttöpfe. Urheber: Ceridwen.

Der Katasteramtssekretariatsoberassistent im Ruhestande Fürchtegottundscheueniemand Dünnbier wurde seit einiger Zeit regelmäßig gegen ein Uhr nachts aus dem Schlafe geläutet.

Fürchtegottundscheueniemand fuhr jedesmal vor Wut kochend in seine Pantoffeln, warf sich in seinen Schlafsack, rannte zum Fenster, schlug den Fensterladen auf, nachdem er einen Fensterflügel geöffnet hatte und spähte grimmig in das Dompfaffgäßchen hinaus. Und jedesmal war in dem einsamen Gäßchen nicht ein Mäuseschwänzchen zu sehen.

Bis Fürchtegottundscheueniemand sich rachseschnaubend auf die Lauer legte, entschlossen, auf dem Haupte des Ruchlosen verschiedene Erzeugnisse der Porzellanindustrie zu zertrümmern, beim ersten Glockenton den Fensterladen behutsam öffnete, um zu seiner Überraschung seinen Nachbarn, den pensionierten Vizinalbahnoberkontrolleur Jasomirgott Goldwasser gerade noch nebenan in der Haustüre verschwinden zu sehen. Schäumend setzte Fürchtegottundscheueniemand das bereitgehaltene Porzellangefäß zu Boden, dass es mit scharfem Knall zersprang. Nach einer Weile finsteren Brütens fühlte er, dass es ihm um die Beine herum reichlich kühl wurde und ging zu Bett.

Jn den Traumbildern, die durch sein verstörtes Hirn jagten, spielte Herr Vizinalbahsnoberkontrolleur Goldwasser keine glückliche Rolle. Dreimal wurde er von Dünnbiers eigener Hand erwürgt, viermal durch einen fürchterlichen Hieb zu Boden geschlagen und mindestens alle Viertelstunden mit über Kreuz gefesselten Händen von der Polizei durch das Mund und Nase aufsperrende Dompfaffgäßchen geschleift.

Nass vor Aufregung stellte Dünnbier am nächsten Morgen den Ruhestörer zur Rede.

,,Awr Herr Nachbr«, beruhigte ihn Goldwasser, während ein fröhliches Schmunzeln den Aufgeregten entwaffnete. ,,Awr Herr Nachbr, da brauchense sich doch nich glei so aufzerächn. Unsre Glingl gähd nämlich nich un da saachte meine Frau zu mir: Weeste, Männe, saachtese, glinglst nähman, das heer'ch gradesogut!«

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Blücher als Geist
von Verfasser unbekannt
MEHR
Kieselack
von Hans von Weber
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen