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Die Fabeln von Florian Russi spiegeln unser tägliches Verhalten wider. Nicht belehrend, sondern unterhaltend. Deswegen sind Fabeln heute wieder so modern.

ISBN 978-3-95462-708-0

Die zwei Hirsche

Die zwei Hirsche

Florian Russi

Zeichnung von Jean Gies
Zeichnung von Jean Gies

Im Nabuswald lebten zwei Hirsche, die Hunold und Ambrecht genannt wurden. Beide trugen stattliche Geweihe auf ihren Köpfen. Die anderen Tiere begegneten ihnen mit höchstem Respekt. Nach mehreren Jahren des Wohllebens brach plötzlich eine Seuche im Wald aus. Eine Millionenschar von Läusen fiel über Bäume und Sträucher her und fraß den Tieren das Futter weg. Es entstand große Not und es drohte die Gefahr, dass viele Tiere vor Hunger sterben müssten. Da beschlossen sie, einen König zu wählen, der über die Ordnung des Waldes wachen und in allen Streitfragen Recht sprechen sollte. Alle Tiere waren sich einig, dass für eine solche Position nur ein Hirsch infrage kam. Sie versammelten sich auf einer großen Lichtung und baten Hunold und Ambrecht, ihre Programme und Ideen vorzustellen.


Als Erster trat Ambrecht vor und sagte: „Unsere Not ist groß. Wenn es unverändert so weitergeht, werden viele von uns keine Nahrung mehr finden. Vor drei Jahren hatten wir noch Lebensmittel im Überfluss. Jetzt hat uns eine Krise überfallen. Es bleibt uns nur, sparsam mit unserer Umwelt umzugehen, manchmal auch zu fasten und immer darauf zu achten, dass auch unser Nachbar nicht zu sehr hungern muss und seine Kinder genügend zu essen haben.“

Nachdem Ambrecht geendet hatte, stellte Hunold sein Programm vor und sagte: „Ich weiß, dass es uns allen zurzeit sehr schlecht geht. Doch das ist nicht unsere Schuld. Läuse haben sich in unserem Wald breit gemacht und wollen unser Futter wegfressen. Wir müssen schneller sein als sie. Es besteht kein Grund, sich einzuschränken. Was wir verspeisen, können die Läuse uns nicht mehr wegnehmen. Für die Zukunft unseres Waldes sind nicht wir verantwortlich, sondern der Förster und die Jäger. Sie nutzen den Wald, um uns zu jagen und um Holz zu fällen. Also sollen sie auch dafür sorgen, dass es so bleiben kann.“

Es kam zur Wahl, und gewählt wurde Hunold. „Ambrecht hatte zwar recht mit seinen Mahnungen und Appellen, doch Hunolds Worte klangen viel besser. Ändern können beide nichts. Da haben wir uns für den mit den schönsten Worten entschieden“‚ sagten die meisten Tiere.


Wer Opfer verlangt, findet kaum Freunde.

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