Am 11. November zu Beginn einer vierzigtägigen Fastenzeit für Gläubige wird seit dem Mittelalter traditionell mit verschiedenen Bräuchen an den Heiligen Martin erinnert, der vor ca. 1 600 Jahren am 11. November 397 zu Grabe gelegt worden ist. Da im Herbst der Tierbestand ohnehin verringert werden musste, nicht alle Tiere konnten im Winter durchgefüttert werden, bot sich an, eine Gans als Festessen zuzubereiten und am Abend zu verspeisen: die Martinsgans genannt.
Um den Heiligen Martin ranken sich verschiedene Gänselegenden. Eigentlich lebte Martin als Priester asketisch und einfach, er war gebildet und tatkräftig. Als das Volk darauf drängte, ihn zum Bischof zu weihen, was er selbst gar nicht wollte, soll er sich in einem Gänsestall versteckt haben. Aber die Gänse haben so laut und aufgeregt geschnattert, dass er aufgefunden wurde, um zum Bischof von Tours geweiht zu werden. Viele Kirchen in Deutschland tragen seinen Namen.
Die Menschen heute kennen ihn als den Heiligen, der in bitterer Winterskälte seinen Soldatenmantel mit dem Schwert zur Hälfte teilte, um den einem nackten Armen umzuhängen.
Die Martinsgans wird in unserer Familie traditionell wie folgt zubereitet:
Gefüllte Martinsgans
Der Hals und die Flügel werden abgeschlagen, Magen, Herz und Leber entfernt, ebenso alles sichtbare Fett.*
Den Backofen auf 180 ° C Umluft vorheizen.
Die Gans (ca. 4 Kilo) wird innen und außen gewaschen, dann mit Küchenpapier gut trocken getupft. Sie wird zuerst nur innen gesalzen. Je nach Geschmack wird sie nur innen mit Beifuß oder Majoran gewürzt. Dann füllt man den Rumpf mit ungeschälten grob gewürfelten Äpfeln der Sorte Boskoop, evtl. Gravensteiner.
Ich nähe die Haut wie meine Großmutter mit einer großen Nadel und festem Zwirn zu, man kann sie auch mit Holzstäbchen zum Rücken hin zustecken. (Varianten: Als Füllung kann man die Äpfel mit 2 EL Rosinen oder mit einer großen gewürfelten Zwiebel mischen. Immer beliebter wird eine Maronenfüllung.) Nun wird die Gans außen gut gesalzen und in einen Bräter mit der Brust nach unten gelegt. Etwa 3 große Tassen warmes Wasser werden hinzu gefügt. (Noch besser ist es, Geflügelbrühe anzugießen, die vorher aus den entfernten Teilen der Gans gekocht worden ist.)
Sie wird zugedeckt etwa 1 bis 1 ½ Stunde gebraten, ehe sie umgedreht wird. Fleißiges Begießen mit dem Fond zahlt sich aus. Weiter 2 bis 3 Stunden braten. Evtl. etwas Brühe nachgießen. Der Deckel wird etwa 40 Minuten vor dem Servieren abgenommen. Damit die Haut schön kross wird, bestreicht man sie mit kaltem Salzwasser. (Mit einem Pinsel geht es gut.) Die Gans ist gar, wenn beim Einstechen an den Keulen klarer Saft austritt. Sie wird auf eine Platte gelegt und im Ofen warm gehalten. Das Fett wird weitgehend abgeschöpft. Zum Bratenfond gibt man ca. ¾ Liter Brühe zu und löst alle Röststoffe mit dem Küchenpinsel. Die Soße wird in ein Töpfchen durch ein Sieb gegossen und mit ca. 2 bis 2 ½ EL Kartoffelstärkemehl gebunden. (Achtung: Soße evtl. nochmal abschmecken. Ist die Soße zu fett, lässt sie sich nicht mit Kartoffelstärke mischen.) Nachdem die fertige Gans tranchiert worden ist, wird sie - inklusive der Füllung - zusammen mit Thüringer Klößen und Rotkraut serviert.
Bildnachweis
Das Gemälde von El Greco ist Wikipedia Commons entnommen, es ist gemeinfrei.
Die Gänse sind von Wolfgang Brekle auf dem Bauernhof Pohlenz in Battaune am 08.11.2015 fotografiert.