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Sommerschnee

Berndt Seite

Hardcover, 124 S., 2020 erscheint demnächst; Bereits vorbestellbar

ISBN: 978-3-86397-134-2
Preis: 15,00 €

Sommerschnee – das sind die luftig-bauschigen Samenfasern der Pappelfrüchte, die sich im Sommer öffnen und die Welt mit ihrem weißen Flaum überziehen: Schnee in der wärmsten Jahreszeit. Mal melancholisch, mal mandelbitter, aber stets in größter Genauigkeit geht Berndt Seite auch in seinem neuen Lyrikband den Erscheinungsformen der Natur nach und lotet in ihnen die Bedingungen des Lebens aus.

Robert Schumann

Robert Schumann

Prof. Dr. habil. Helmut Loos

Clara Schumann (1853) aus Wikimedia gemeinfrei
Clara Schumann (1853) aus Wikimedia gemeinfrei
Am 29. Juli 1856 ist Robert Schumann in Endenich bei Bonn in einer Heilanstalt verstorben. Über zwei Jahre lang hatte er nach seinem Zusammenbruch im Februar 1854 in einer Heilanstalt unter der Aufsicht von Dr. Franz Richarz, ihrem Gründer und Leiter, leben müssen, zeitweise in geschlossenem Vollzug. Legenden spinnen sich um das traurige Schicksal des berühmten Komponisten und seine geheimnisvolle Krankheit. Clara Schumann, seit 1840 mit Robert verheiratet und Mutter acht gemeinsamer Kinder, besuchte ihren Gatten auf Anraten des Arztes nicht, erst zu seinem Tod wurde sie herbeigerufen. Aber Johannes Brahms und Joseph Joachim empfing Robert Schumann, auch Bettina Brentano (verheiratete von Amirn), die Clara ausdrücklich um die Erlaubnis gebeten hatte, den Kranken aufsuchen zu dürfen. Doch Bettina fand Robert anscheinend in einem günstigen Augenblick recht ausgeglichen vor und machte Clara anschließend heftige Vorwürfe wegen der Unterbringung in der elenden Irrenanstalt: Robert habe lediglich einen nervösen Anfall erlitten, der wahre Kranke sei sein Arzt, Dr. Richarz. Später kamen noch schlimmere Gerüchte auf, zumal der junge Johannes Brahms sich im gleichen Haus wie Clara in Düsseldorf einquartiert und ihr in der schweren Zeit beigestanden hatte. Sollte die berühmte Pianistin ihren zunehmend unfähigen Mann zugunsten eines viel versprechenden jungen Genies abserviert haben? War nicht Claras letztes Kind im Juni 1854 geboren worden, als Robert schon in der Heilanstalt eingesperrt war?
Erst im Jahre 1994 wurden die Aufzeichnungen von Schumanns Arzt bekannt, Richarz hatte Schumanns Krankenakte in seinen persönlichen Besitz übernommen. Sie war im Familienbesitz geblieben und stets als tiefes Geheimnis bewahrt worden, bis Aribert Reimann sie der Akademie der Künste zu Berlin übergeben und bekannt gemacht hat. Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass Schumann mit Syphilis infiziert war und an progressiver Paralyse litt. Nichts ist wahr an den Verdächtigungen der Verschwörung und Intrige, sie belegen nur die Sensationsgier der Öffentlichkeit an einem hochberühmten Künstlerehepaar, dessen Verbindung in einem dramatischen Prozess erkämpft werden musste.
Robert Schumann 1839 aus Wikimedia gemeinfrei
Robert Schumann 1839 aus Wikimedia gemeinfrei
Robert Schumann kam aus einem kunstsinnigen Haus in Zwickau: Sein Vater betätigte sich als Schriftsteller und betrieb erfolgreich einen Verlag, seine Mutter war musikalisch veranlagt und förderte sehr erfolgreich Roberts Begabungen. Dabei erwies sich der Knabe als außerordentlich talentiert für die Künste, er zeigte ausgezeichnete schriftstellerische Fähigkeiten und begeisterte sich für die Dichtkunst. Doch fesselte ihn die Musik nicht weniger, er bildete sich während seiner Schulzeit weiter, verzichtete aber auf Anraten der Mutter zunächst auf eine musikalische Laufbahn und ging 1828 zum Jurastudium nach Leipzig. Heimlich aber begann er eine musikalische Ausbildung, ein Studienaufenthalt in Heidelberg vertiefte Schumanns Überzeugung, die Musik zum Beruf zu wählen. Zurück in Leipzig setzte er den Unterricht bei dem bekannten Lehrer Friedrich Wieck fort, der mit dem Lehrerfolg an seiner Tochter Clara zu überzeugen wusste. Bereits mit 9 Jahren gab Clara Wieck unter Anleitung ihres Vaters öffentliche Konzerte (1828) und unternahm seit 1831/1832 erfolgreich Konzertreisen durch ganz Europa. Friedrich Wieck schien der rechte Lehrer, auch Robert Schumann zum Klaviervirtuosen heranzubilden. Endlich gab die Mutter ihre Einwilligung, aber, obwohl Robert sogar in das Haus seines Lehrers einzog und sich ernsthaft den Übungen unterwarf, der pianistische Durchbruch wurde nicht erreicht. Vor allem blieb Robert hinter den Fähigkeiten der neun Jahre jüngeren Clara zurück, die pianistische Aufgaben schneller und leichter bewältigte als Robert. Mit Fingerdehnungsapparaten suchte Robert den Erfolg zu erzwingen, aber er zog sich eine »Erlahmung« der rechten Hand zu, die sich seit Oktober 1831 bemerkbar und seine Absicht von einer Virtuosenkarriere zunichte machte. Nun warf er sich mit Macht auf das Komponieren, das er bislang zwar breit in allen Gattungen, aber eher nebenher, halbherzig betrieben hatte. Er komponierte eine Symphonie g-Moll, auch »Jugendsymphonie« oder »Zwickauer« genannt. Der erste Satz der Symphonie wurde tatsächlich aufgeführt, er erklang am 18. November 1832 im Saal des Gewandhauses zu Zwickau, eine zweite und dritte Fassung am 12. oder 18. Februar 1833 in Schneeberg und am 29. April 1833 in Leipzig. Doch auch hier gelang kein Durchbruch, der mangelnde Erfolg und die Kritik, etwa auch Friedrich Wiecks Anmerkung, die Symphonie sei "zu mager instrumentiert", ließ Schumann an seiner Bestimmung als Komponist zweifeln. Ernüchtert wandte er sich seit Mitte 1833 verstärkt der Aufgabe eines Musikschriftstellers zu und hatte endlich Erfolg: 1834 gründete er die "Neue Zeitschrift für Musik", sie erscheint bis heute
Schumann-Haus in Leipzig Foto: Archiv W. Brekle
Schumann-Haus in Leipzig Foto: Archiv W. Brekle
Wenn Schumann in der folgenden Zeit komponierte, so offenbar nicht zufällig und mit Absicht vor allem für das Klavier (andere Kompositionspläne wurden nicht fertig). Die ersten 23 seiner mit Opuszahlen versehenen Werke sind ausschließlich Klavierwerke, erst mit op. 24, dem Liederkreis nach Heinrich Heine für eine Singstimme und Klavier, durchbrach er die Selbstbeschränkung. Nun aber mit Macht: Es war das Jahr 1840, das als Schumanns "Liederjahr" berühmt wurde. Allein die Menge der Liedkompositionen ist beeindruckend. Es entstanden in diesem Jahr: op. 25 Myrthen (26 Lieder), op. 30 Drei Gedichte nach Emanuel Geibel, op. 31 Drei Gesänge nach Adelbert von Chamisso, op. 35 Zwölf lieder (Justinus Kerner), op. 36 Sechs Gedichte aus Robert Reinicks »Lieder eines Malers«, op. 39 Liederkreis nach Joseph Freiherrn von Eichendorff, op. 40 Fünf Lieder (vier nach Hans Christian Andersen), op. 42 Frauenliebe und Leben (acht Lieder nach Adelbert von Chamisso), op. 45 und 49 Romanzen und Balladen für
eine Singstimme und Klavier, Heft 1 und 11 (sechs Lieder), op. 48 Liederkreis aus Heinrich Heines »Buch der Lieder« (16 Lieder) und weitere Opuszahlen. Die Schaffensexplosion Schumanns wird sehr der großen Liebe zu Clara und der Eheschließung am 12. September1840 in der Dorfkirche zu Schönefeld, heute Leipzig in Verbindung gebracht. Dies war eine wirklich hart erstrittene Familiengründung. Seit 1834 fühlte sich Robert unwiderstehlich zu Clara hingezogen, die seine Zuneigung erwiderte. 1836 kam es zu heimlichen Treffen hinter dem Rücken des Vaters und zum Bruch mit Friedrich Wieck, der künftig mit allen Mitteln die Verbindung zu hindern suchte. Er schickte Clara auf Konzertreisen und verbot brieflichen Verkehr, er schirmte Clara in Leipzig systematisch vor Robert ab und verunsicherte ihn durch Simulation anderer ernsthafter Bewerber. Doch der Kontakt riss nie ganz ab, fand vielmehr Ausdruck in "Brautbriefen", die ob ihrer Innigkeit berühmt geworden sind. Wegen der Weigerung, der Hochzeit zuzustimmen, und aufgrund der öffentlichen Verleumdung Roberts, reichte das seit August 1837 heimlich verlobte Paar 1839 eine Klage gegen Friedrich Wieck beim Appellationsgericht ein. Es wurde von zahlreichen Freunden und Verwandten unterstützt, natürlich erregte der Vorgang öffentliches Aufsehen. Der Ausgang war glücklich für das Paar, Friedrich Wieck wurde sogar wegen übler Nachrede zu 18 Tagen Gefängnis verurteilt.
Gustav Klimt: Hygeia, die Göttin der Gesundheit aus Wikimedia gemeinfrei
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Eine glückliche Zeit begann, Robert Schumann etablierte sich als Komponist, indem er sein Schaffenspotential systematisch ausweitete: Auf das Liederjahr1840 folgten 1841 das "sinfonische Jahr", 1842 das "kammermusikalische Jahr", 1843 das "Oratorienjahr". Schumann schuf in dieser Zeit einige seiner bekanntesten Werke: 1841 op. 38 Symphonie Nr. 1 B-Dur (»Frühlingssymphonie>); op. 52 Ouvertüre, Scherzo und Finale für Orchester und den 1. Satz des Klavierkonzerts a-Moll op. 54; 1842 op. 41 Drei Streichquartette, op.44 Klavierquintett Es-Dur und op. 47 Klavierquartett Es-Dur; 1843 op. 50 Das Paradies und die Peri. Dichtung aus »Lalla Rookh« von Thomas Moore für Soli und Orchester, ein "Oratorium, aber nicht für den Betsaa1- sondern für heitre Menschen", Schumanns Annäherung an die Oper. 1844 greift er zu Goethes "Faust", aber eine große Krise holt ihn ein, die Krankheit wirft Robert nieder. Umstritten ist, inwieweit das Zusammenleben der zwei großen Künstler trotz der engen Verbundenheit durch äußere Umstände belastet wird, zumal Claras öffentliche Erfolge den Ruhm Roberts überstrahlen. Das Paar übersiedelt zur Genesung nach Dresden, aber trotz schöner Erfolge und wachsender Anerkennung bleibt Schumann ohne feste Anstellung, bis er 1850 als Musikdirektor zum Nachfolger seines Freundes Ferdinand Hiller nach Düsseldorf berufen wird. Wie exotisch dieser Schritt für den Sachsen war, geht aus seiner Bemerkung hervor, Düsseldorf liege doch etwas abseits vom Weg der Reisenden. Nach anfänglichen Erfolgen holte Schumann aber auch in Düsseldorf seine Krankheit wieder ein, so dass es zu dem endgültigen Zusammenbruch kam: Am Rosenmontag, dem 27. Februar 1854, geht Schumann im Schlafrock mit Filzschuhen auf die nahe Rheinbrücke, wirft seinen Ehering ins Wasser und springt hinterher.
Selbst in seinem verzweifelten Irrsinn entspricht Robert Schumann noch dem Ideal des romantischen Künstlers, bei dem Genie und Wahnsinn ineinander übergehen. Und welchen Stoff gibt die romantische Liebesgeschichte mit Clara ab! Vor allem seine frühen Kompositionen wurden fester Bestandteil des klassischromantischen Musikrepertoires. Sie vereinen nahezu alles, was als musikalische Romantik bezeichnet werden darf: kleine, poetische Klavierstücke an Stelle der klassischen großen Sonate, literarische Sujets phantastischer, exotischer oder folkloristischer Provenienz, subjektive Emphase großer Ausdrucksstärke, harmonische Experimente als Ausweitung des Klangspektrums, formale Gestaltung in der Spannung von Auflösung und Einfachheit, all dies ist in Schumanns frühen Werken zu finden. Problematisch wurde lange Zeit seine weitere kompositorische Entwicklung eingeschätzt: "Schumann hat sich vom Genie zum Talent heruntergearbeitet", so lautete ein böses Wort von Felix Draeseke. Es war die Auseinandersetzung mit Schumanns Krankheit, die Vorbehalte provozierte, selbst bei Clara, Johannes Brahms und Joseph Joachim. Heute diagnostizieren Musikwissenschaftler im Spätwerk Schumanns eine Tendenz zum Realismus im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen der Zeit um 1848. Aber so etwas Prosaisches läuft der Vorstellung vom idealen Romantiker natürlich direkt zuwider...

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