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Als der Wind zu Besuch kam

Facettenreich und vielschichtig, so sind die Gedichte Berndt Seites zu beschreiben. Neben Liebesgedichten gibt es Naturlyrik, die immer wieder auch die Seenlandschaft der Müritz ins Auge fasst. Ebenso finden sich politische  Gedichte oder reine Gedankenlyrik, die sich mit den Sinnfragen des Lebens, mit dem Glauben und mit Anfang und Ende beschäftigen.

Zum 330'ten Geburtstag von Johann Friedrich Böttger

Zum 330'ten Geburtstag von Johann Friedrich Böttger

Hans-Joachim Böttcher

Briefmarke 300 Jahre Porzellanherstellung
Briefmarke 300 Jahre Porzellanherstellung

Wie kein anderer Name ist der von Johann Friedrich Böttger mit der Entwicklung des sogenannten Jaspisporzellans (heute Böttger-Steinzeug genannt!) und des europäischen Hartporzellans am Anfang des 18. Jahrhunderts verbunden.

Getauft in Schleiz am 5. Februar 1682, kann im Februar 2012 also Böttgers 330‘ten Geburtstages gedacht werden. Im Vorfeld dieses Anlasses brachte der Dresdner Buchverlag im Dezember 2011 die von Hans-Joachim Böttcher verfasste BiografieBöttger - Vom Gold- zum Porzellanmacher" heraus.

Der folgende Textteil stellt daraus einen Auszug dar. In diesem werden aus dem an dramatischen Wendungen nicht armen Leben Böttgers die Ereignisse ab Mai bis Oktober 1708 beschrieben. In jener Phase gab es einerseits durch die Entdeckung des Kaolin als optimale weiße Porzellanerde einen weiteren großen Fortschritt bei der Festlegung der Porzellansubstanzen. Andererseits endete diese erfolgreiche Forschungsphase mit dem Tod von Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, wodurch Böttger in eine tiefe Lebenskrise gestürzt wurde.

August der Starke  Bild: Wikipedia gemeinfrei
August der Starke Bild: Wikipedia gemeinfrei

 ... Offenbar kam man im Labor der Jungfernbastei zu jener Zeit mit der Porzellanforschung, also der regelmäßigen Erzielung von weißen, hellen und durchsichtigen Scherben, nicht so recht weiter voran. Es scheint zudem, dass die Forscher - so wie bei der Fayenceherstellung - Schwierigkeiten hatten, eine haltbare und attraktive Glasur zu erzielen. Um auszukundschaften, wie in anderen Manufakturen gearbeitet und welche Rohstoffe und Farben dort verwendet werden, ging Bartholomaei Anfang Mai 1708 auf eine mehrwöchige Spionagereise. Diese führte ihn über Leipzig, wo er zur Messezeit sich die Fayencewaren ansah, unter anderem in Betriebe nach Braunschweig und Lüneburg bis nach Hamburg. Hier gab es einen Töpfer, der eine besonders weiße Glasur zu fertigen vermochte, deren Herstellungsweise jedoch nicht verriet. Über verschiedene Orte mit Töpfereien in Mecklenburg kehrte Bartholomaei nach Dresden zurück. Pabst war inzwischen auch nicht untätig gewesen; immer wieder schickte er verschiedene Tonsorten nach Dresden zur Prüfung. Um diese zu erhalten, hatte er die Markscheider [Vermessungsingenieure] des oberen Erzgebirges beauftragt, ganz speziell nach Lagerstätten von weißem Ton Ausschau zu halten. Am 25. Juni 1708 erhielt Pabst von Christoph Martin Dörffler aus Schneeberg neben mehreren Tonproben eine mit weißer Erde gefüllte Schachtel, „welche das beste Steinmark ist". Einen von Dörffler ergrabenen und Pabst angebotenen Zentner der Tonsorte ließ dieser unverzüglich erwerben und nach Dresden bringen. Bei der weißen Erde handelte es sich um reines Kaolin - die schon so lange gesuchten Porzellanerde!

Nun war es allerdings nicht so, dass diese in Sachsen bisher völlig unbekannt wäre. Schon seit einiger Zeit gewann man die sogenannte „Schnorrsche weiße Erde" in kleinen Mengen bei Aue und vertrieb sie als weißes Puder für die Allongeperücken. Das kannte sicher auch Tschirnhaus, der allerdings bislang nicht auf den Gedanken gekommen war, das Tonerdesilikat für seine Versuche einzusetzen.

Köhler und Wildenstein wurden beauftragt, unverzüglich Brennversuche mit der weißen Erde durchzuführen, wobei sich zeigte, dass diese in einer Mischung mit Colditzer Ton das lange gesuchte Optimum für die Porzellanherstellung darstellte.

Ehrenfried Walther von Tschirnhaus Bild: gemeinfrei
Ehrenfried Walther von Tschirnhaus Bild: gemeinfrei

Tschirnhaus hatte sich in der letzten Zeit etwas von der Porzellanforschung zurückgezogen; die Hauptprobleme daran sah er wohl als gelöst an. Statt dessen beschäftigte er sich wieder mit den Halbedelstein- sowie Marmorvorkommen des Erzgebirges und deren Veredelung.  

Durch die Versuche mit dem Kaolin erfasste auch ihn wieder das Interesse an den laufenden Porzellanversuchen. So führte er Anfang Juli mit der Schnorrschen Erde in der Jungfernbastei eigenhändig Porzellanmasseversuche durch. Als Ergebnis daraus stellte er einen Becher her, der so war wie Porzellan sein sollte, halbdurchscheinend und milchweiß. Seine Erkenntnisse darüber brachte Tschirnhaus zu Papier, behielt diese - warum auch immer - aber offenbar für sich.

Böttger ließ Bartholomaei am 14. Juli 1708 einen von ihm schon vor einiger Zeit entworfenen Eid zur Geheimhaltung der Porzellan-Arcanums bis in das Grab schwören und zudem versprechen „sowohl zu Aufrichtung der Porcellan alß auch anderer mir anvertrautem Manufacturen allen möglichen Fleiß und Sorgfalt anzuwenden." Diese Eidablegung zwang den Arzt zur Loyalität direkt gegenüber Böttger. Dem anwesenden Nehmitz passte das überhaupt nicht. Schon so oft hatte er erleben müssen, dass Böttger den Mund mit seinen Versprechungen all zu voll genommen hatte. Nehmitz ließ Bartholomaei darum einen zusätzlichen Eid ablegen. So sollte dieser ebenfalls ihm über die Porzellanversuche und erworbenen Erkenntnisse mündlich und schriftlich wahrheitsgemäß Bericht erstatten. Dazu gehörte, „ob nemblich die von Herrn Johann Friedrich Böttger erlernten Arcana gudt, wahr und practicabel oder aber ob dieselben falsch ... in der Probe sich bezeigen."

Böttger übergab zudem an Bartholomaei eine von ihm wenige Tage zuvor eigenhändig ausgearbeitete detaillierte Instruktion. In dieser geht es darum, „wie nemblich auff der leichtesten, geschwindesten und besten Arth die ihm anvertraute Manufactur des Porcellans möge eingerichtet und veranstaltet werden". Obwohl der Arzt erneut gegen die Aufgabe protestierte, da ihm als Mediziner schließlich unbekannt wäre, wie solch eine Manufaktur zu begründen und betreiben sei, fügte er sich letztlich doch.

Mit dem Aufbau des Unternehmens ging es, wie sollte es unter solchen Umständen auch anders sein, in der Folge überhaupt nicht voran. Allerdings traten ständig neue Kosten auf, für die Böttger aufkommen sollte. Verärgert wandte er sich darum im Juli an den König, indem er schrieb, dass er „keine Verandtwortung wegen Versäumung der Zeit über mihr nehmen" wolle.

August II. hielt sich zu jener Zeit nicht in der Residenz auf, sondern weilte mit seiner Mätresse Gräfin Cosel in Pillnitz. Bemerkenswerter Weise fand er aber auch hier Zeit für Böttger und wies die Kammer am 26. Juli an, wegen der auf der Festung zu errichtenden Tongruben an diesen sofort die benötigten Gelder auszuzahlen. Vier Tage später erklärte der König seinem Gefangenen eigenartig vertrauensvoll seine Abwesenheit aus der Residenz: „ob zwar ich aus gewißen Uhrsachen Dresden vermieden, so rechne er es sich nicht zu, sondern den Plagegeistern, so unzehlige seind ..." Aber er schrieb auch drohender, in Bezug auf die noch ausstehende Lieferung des Gold-Arcanums: „Ich hoffe auch, daß Er wird fleißig seyn und auch mich erfreuen, daß so offte und noch letzte Versprochene zu adimptiren" [erfüllen].

August II. war in großer Erwartung, bald über eine Manufaktur zu verfügen, die ihm zumindest seine porzellanenen Wunschträume erfüllen und große Mengen an Geld ins Land bringen würde. Darum begann er selbst, sich intensiver mit dem Manufakturaufbau zu beschäftigen. Am 29. Juli ging von ihm die Anweisung hinaus, dass der benötigte Colditzer und Waldenburger Ton, Annaburger Kohlen sowie größere Mengen Weichholz bis Ende September an die neu angelegte „Porzellain-Fabrique" geliefert werden müssten. Zudem wies er an, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch die Porzellangrube in brauchbaren Stand zu setzen sei. Da Pabst im Erzgebirge eine größere Menge Kaolin aufgekauft hatte, war die Manufaktur eigentlich seit Ende September 1708 ausreichend ausgerüstet, um mit einer umfangreichen Produktion von weißen Porzellan beginnen zu können.

Durch die bis dahin durchgeführten Versuche konnte man ermitteln, dass 43 Prozent feinstgeschlämmter Colditzer Ton, 43 Prozent Schnorrsche Erde und 14 Prozent kalzinierter sowie fein geschlämmter Alabaster die optimalsten Bestandteile zur Herstellung von Hartporzellan waren [Das heutige Hartporzellan besteht aus 50% Kaolin, 25% Feldspat und 25% Quarz.]. Dieses so genannte „Kalkporzellan" erreichte eine weitaus größere Härte, als die in China gefertigte Ware [Dort war man erst über 200 Jahre später imstande derart hartes Porzellan herzustellen.] Gegenüber dem aus China und Japan wurde das sächsische auch zwei Mal gebrannt - einmal der Vorglühbrand bei 960 bis 1063 Grad Celsius und sodann nach der Glasur der Gutbrand bei 1400 bis 1450 Grad. Dadurch kann das sächsische Porzellan als eine eigenständige neuartige Erfindung betrachtet werden.

Böttger-Denkmal in Dresden, Original uploader was Hejkal at de.wikipedia
Böttger-Denkmal in Dresden, Original uploader was Hejkal at de.wikipedia

Mit anderer Materialmischung sowie niedriger Brenntemperatur vermochte man allerdings auch minder hartes Porzellan herzustellen. Bis nach dem Tod Böttgers wurde in der Folge die Rezeptur beibehalten, da er diese als optimal betrachtete. Man fertigte also das Porzellan mit Alabaster oder Kreide als Flussmittel - und das, obwohl Tschirnhaus seine frühen Porzellanproben mit Feldspatzusätzen als Flussmittel hergestellt hatte und durch die Fayence- und Steinzeugproduktion bekannt war, dass es auch anders ging. Mancherlei Probleme bei der Porzellanherstellung, aber insbesondere die Zubereitung der Glasurmischung und deren Haltbarkeit auf den Produkten bereiteten in der Anfangszeit mehr Mühe als erwartet. Noch fast fünf Jahre benötigte Böttger mit seinen Leuten, bis diese nach zahllosen Experimenten das technische Wissen und handwerkliche Geschick erworben hatte, um eine kontinuierliche verkaufsfähige Produktion zu garantieren.

Aber auch mit dem Jaspisporzellan gab es anfangs mancherlei Probleme. Wie bei dem weißem Material sorgte hier die nicht exakt zu regulierende Feuerführung ebenfalls für eine immer wieder auftretende Verfärbung der Produkte. Diese technischen Schwierigkeiten bekam man bei dem roten Porzellan allerdings auf eine originelle Art und Weise relativ schnell in den Griff. So ließen sich optisch an und für sich verdorbene Objekte oftmals nicht nur durch eine Weiterbearbeitung, also das Schleifen von deren Oberfläche retten, sondern sogar wesentlich attraktiver gestalten. Dieses Verfahren dürfte auf eine Anregung Tschirnhaus‘ zurückzuführen gewesen sein, der durch seine Forschungen zur Bearbeitung von sächsischen Halbedelsteinen und Marmor in dieser Hinsicht die allerbesten Erfahrungen besaß. Ohne viele Umstände ließ sich auf die von ihm dafür qualifizierten Handwerker zurückgreifen.

Der große Wissenschaftler konnte den Erfolg seiner langjährigen Porzellanforschungsarbeit nicht mehr genießen. Er starb, bevor in der Manufaktur die Produktion überhaupt richtig in Gang kam, am 11. Oktober 1708 in seiner Wohnung in Dresden an den Folgen der Roten Ruhr. Er wurde nur 57 Jahre alt.

Vier Tage später brachte man den Leichnam nach Kieslingswalde, wo dessen Beisetzung in der dortigen Kirche erfolgte ...

Böttger, der wusste, was er seinem Mentor und Freund zu verdanken hatte, trauerte untröstlich um diesen und stellte drei Wochen jegliche Arbeit ein. Niemals wäre es ihm allein möglich gewesen, ja wäre er überhaupt auf den Gedanken gekommen das Herstellungsverfahren des Porzellans zu erforschen. Zudem war Tschirnhaus für Böttger einer der wenigen Menschen gewesen, für den er immer tiefen Respekt und Verehrung empfand. Schon die Verschärfung seiner Bewachung und die Schwierigkeiten beim Aufbau einer gesicherten Porzellanherstellung hatten Böttger in eine tiefe seelische Krise gestürzt. Diese wurde nun durch den Todesfall noch verstärkt. Bartholomaei schrieb am 14. Oktober an Fürstenberg: „Der H. Böttiger hatt nicht ohne Trähnen dieses Mannes Todt betrauert." Am selben Tag schrieb dieser an den Statthalter, dass er „einen sehr hohen und werthen Freund verlohren, Ihro Königl. Majestät aber einen recht getreuen Diener. Gott gebe, das deßen Stelle möge mit einem so getreuen und geschickten Man wieder ersetzet, woran ich doch fast zweifele ..."

 

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