In Biografien und Romanen über das Augusteische Zeitalter steht die Kurfürstin und Königin Christiane Eberhardine (19.12.1671 - 5.9.1727) im Schatten ihres Gemahls August des Starken, ja selbst von einiger seiner Mätressen. Dennoch gehört sie zu den großen Frauengestalten der Geschichte. Charakterstark widerstand sie allen massiven Einflüssen ihres Gemahls, ebenfalls wie dieser aus machtpolitischen Gründen den Glauben zu wechseln. Ungewollt wurde Christiane Eberhardine dadurch zu einem Faktor nicht nur der sächsischen, sondern auch europäischen Politik. Sie selbst baute sich davon unbeeindruckt fernab von ihrem Gemahl und dessen für sie unverständlichem und zutiefst beleidigendem Treiben in Torgau und zuletzt Pretzsch ein Leben nach ihren Wertevorstellungen auf. Letztlich verstarb sie vereinsamt unter mysteriösen Umständen im dortigen Schloss.
2011 brachte der Dresdner Buchverlag die von Hans-Joachim Böttcher verfasste Biografie „Christiane Eberhardine Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen, Gemahlin August des Starken" heraus. Aus dem Inhalt folgen einige Auszüge, die den Zeitraum nach der Eheschließung von Friedrich August, August der Starke genannt, und Christiane Eberhardine von 1693 bis 1694 behandelt und die darauf folgende Ehetragödie erahnen lassen.
Am Nachmittag des 17. Februar 1693 kam man endlich in der sächsischen Residenzstadt Dresden an. Mit dem Einzug durch das Stadttor begannen alle Kirchenglocken zu läuten, während die Hoftrompeter in ihren prächtigen Kostümen vor dem Reisezug Aufstellung genommen hatten und laut blasend vor diesem zum Schloss ritten. Beiderseits des Einzugsweges hatten zudem vom Stadttor bis zum Schloss Soldaten Aufstellung genommen. Wer es von den fast 20 000 Einwohnern der Stadt irgendwie ermöglichen konnte, strömte auf die Straße oder jubelte dem jungen Paar aus den Hausfenstern zu. Im Schlosshof hatten dagegen der Hofstaat, die ausländischen Botschafter und zahlreiche Angehörige des Adels Aufstellung genommen. Kurfürst Johann Georg IV. und seine Gemahlin Eleonore Erdmuthe sowie die Kurfürstinwitwe Anna Sophia empfingen hier das Paar auf das Herzlichste. Es war ein wahrhaft fürstlicher Einzug, den Johann Georg seinem Bruder und dessen Gemahlin Christiane Eberhardine bot, so wie es diese bestimmt nicht erwartet hatte.
Das junge Paar zog erst einmal in das kurfürstliche Schloss ein, wo man ihm einige Räume im ersten Obergeschoss des Südflügels zuwies. Christiane Eberhardine wurde ein eigener kleiner Hofstaat zugeteilt, dem der Oberhofmeister August Friedrich von Pflug vor stand, sodass sie alle Bequemlichkeiten hatte.
Mit dem Einzug erhielten die Hochzeitsfeierlichkeiten in Dresden einen würdigen Beginn. Sofort am nächsten Tag ging es weiter, als zu Ehren des jungen Paares ein Bankett im Jägerhof und am Tag darauf ein großes Fest im Schloss gegeben wurde. In den folgenden Tagen wechselten sich Vergnügungen der unterschiedlichsten Art ab, denn auch hier in Dresden galt es, die Hochzeit ausgiebig mit dem sächsischen Hofstaat, dem Adel des Landes sowie den ausländischen Gesandten zu feiern. Eine leidige Pflicht stellten da schon die vielen Empfänge dar, bei denen das junge Paar die Glückwünsche von Gratulanten entgegen zu nehmen hatte.
Als sich der Trubel der Feiern nach einiger Zeit etwas gelegt hatte bat Christiane Eberhardine ihren Gemahl, dass dieser mit ihr nun in das ihnen überlassene Herzog-Moritz-Haus umziehen und einen eigenen Hausstand gründen solle. Mit großer Enttäuschung erfuhr sie jedoch, dass der Bau noch nicht für sie zum Wohnen bereit hergerichtet worden war. In das ihnen übereignete prächtige Schloss Colditz an der Mulde wollte August allerdings auch nicht ziehen; das war ihm zu weit entfernt von Dresden, mit all seinen höfischen Vergnügungen. So blieb das Paar erst einmal weiter im Residenzschloss wohnen.
Der für sie ungewohnte Trubel in dem riesigen Schloss gefiel Christiane Eberhardine sicherlich nicht. Noch dazu bekam sie mit, dass zwischen Kurfürst Johann Georg IV. und seiner ihm im April des vergangenen Jahres angetrauten Frau Eleonore Erdmuthe extrem starke Spannungen bestanden. Solche waren aber auch zwischen dem Kurfürsten und seiner Mutter Anna Sophia vorhanden. Die Ursache dafür war die langjährige Geliebte des Kurfürsten, die erst am 4. Februar 1693 zur Gräfin von Rochlitz ernannte Sybilla von Neitschütz. Immer wieder kam es wegen dieser Frau zwischen dem Kurfürstenpaar zu heftigen Auseinandersetzungen.
Aber auch zwischen den Brüdern Johann Georg und Friedrich August bestand ein mehr als spannungsgeladenes Verhältnis. Dieses resultierte aus den völlig unterschiedlichen Charakteren der beiden. Bei Christiane Eberhardine war es dagegen so, dass sie, wie man am Hofe bald munkelte, ihren frisch angetrauten Ehemann nicht durch ihre fraulichen Reize, hier waren die im Schlafzimmer gemeint, zu fesseln vermochte. Der in Liebesdingen bereits reichlich erfahrene August hatte sich da bestimmt anderes erhofft. Von seiner Seite kühlte die Leidenschaft, wenn sie überhaupt jemals in tieferer Art vorhanden war, zu seiner frisch angetrauten, jungen Frau offenbar sehr schnell ab.
Zum Teil sicher dadurch, vielleicht aber auch auf Grund der herrschenden konfliktreichen Atmosphäre im Dresdner Schloss, ist es erklärbar, dass Friedrich August schon im März seiner Frau verkündete, dass er sie allein lassen muss. Durch seine familiären Beziehung nach Dänemark sei er verpflichtet, seiner königlichen Verwandtschaft in einer militärischen Auseinandersetzung um das Herzogtum Lauenburg beizustehen. Da er zudem selbst Ansprüche auf dieses Herzogtum besaß war es einzusehen, dass er diese durch seine Teilnahme am Feldzug bekräftigen wollte.
Aus Norddeutschland zurückgekehrt traf sich Friedrich August am 22. April mit seinem Bruder Johann Georg in Torgau, wo sie sich zusammen vergnügten. So unternahmen sie von hier aus, was bei ihrem schlechten Verhältnis zueinander nicht ganz verständlich ist, über mehrere Tage Ausflüge nach Pretzsch und Leipzig. Natürlich erfolgte das in Damenbegleitung, wenn auch nicht der eigenen Ehefrauen.
Nach Dresden zu seiner Gemahlin Christiane Eberhardine zurück gekehrt hielt es Friedrich August wiederum nicht allzu lange bei ihr aus. Doch auch in diesem Fall konnte sie es sicherlich einsehen, dass ihr Gemahl nun mit seinem Bruder Johann Georg im Mai 1693 in das Rheinland zu ziehen hatte. Der Kurfürst wollte und musste hier im Rahmen des Reichsheeres mit dem von Sachsen gestellten Armeekontingent an dem Abwehrkampf gegen die militärischen Aggressionen Frankreichs teilnehmen. In dem Reisetross befand sich ebenfalls die hochschwangere Gräfin von Rochlitz, die am 20. Juni in Frankfurt ihre Tochter Wilhelmine Marie Friederike zur Welt brachte. Taufpate war unter anderem auch Friedrich August. Ansonsten trieb es der junge Ehemann offenbar wieder sehr toll. Sogar die Kurfürstin Sophie von Hannover erfuhr einiges über die amourösen Abenteuer Friedrich Augusts während dieses militärischen Konfliktes. Sie schrieb darum in einem Brief vom 30. Juni unter anderem, sie möchte wohl wissen, was für Possen der junge Gatte treibe, vermutlich alberne, die er für artig halte; er wende den Weibern das Unterste nach oben.
Erst Ende September kamen Johann Georg und in seiner Begleitung Friedrich August nach Dresden zurück. Ein Vierteljahr später, gleich nach dem Weihnachtsfest, verabschiedete sich dieser von seiner Gemahlin erneut, um dieses mal eine Reise nach Italien zu unternehmen. Die Hofgesellschaft schaute nun sicherlich schon scheelen Auges auf Christiane Eberhardine. Bestimmt wird ihr davon so mancher die Schuld gegeben haben, dass sie einfach nicht in der Lage sei ihren Ehemann so zu fesseln, dass er lieber in Dresden bleiben würde, als die weite, anstrengende Reise nach Italien zu unternehmen. Christiane Eberhardine wird still gelitten und den Jahreswechsel ohne ihren Ehemann mit dessen Verwandtschaft und ihrem kleinen Hofstaat begangen haben. Der Hauptgrund von Friedrich Augusts neuer Reise war nun allerdings weder militärischer noch politischer Art. Er unternahm die Reiseanstrengungen, um an dem in ganz Europa berühmten Karneval in Venedig teilzunehmen.
Am 11. Februar 1694 schrieb die in dieser Hinsicht natürlich völlig unwissende, einsame und unglückliche Christiane Eberhardine, die aber immer noch in ihren Gemahl verliebt und voller Hoffnung auf ein glücklicheres Eheleben mit ihm war, an ihre Mutter einen Brief. Darin heißt es unter anderem: „... Der Hertzog würd stüntlich erwartet und verlanget mich gar ser, ihm wider hir zu wißen. Er ist alle zeit gesunt geweßen. Die lustparkeiten aber zu Venisse sollen gar Schlegt geweßen seyn, als glaube, es würd ihm wohl gereuen diese reise gethan zu haben, welche ich wünsche, so verbleibt er ein anter mahl bey mir. ..." Dem jungen Ehemann mit seinen ihn begleitenden Kavalieren gefiel es allerdings so gut in Italien, dass er die Reise von Venedig über Rom weiter nach Neapel ausgedehnt hatte.
Am Freitag, dem 6. April 1694, schrieb Christiane Eberhardine eigenhändig an ihre Mutter über die neuesten Ereignisse am Dresdener Hof: „ ... Vergangnen Mitwoch ist die Gräfin von Rochlitz, nachdem sie 9 tag an den platern [Blattern, d.h. die Pocken] granck gelechen, gantz unvermuht gestorben, denn sie gantz außer gefahr geweßen."
Kurz nach der Beerdigung erkrankte Kurfürst Johann Georg. Durch einen Kuss, welchen der vor Trauer Untröstliche seiner Geliebten angeblich gegeben hatte, soll er sich ebenfalls mit den Blattern angesteckt haben. Kurz nachdem die Nachricht verbreitet worden war, dass der in Moritzburg darnieder liegende Kurfürst die Krankheit überstanden habe, verstarb er allerdings unverhofft am Abend des 27. April 1694, nur 25 ½ Jahre alt geworden.
Auf ein Kondolenzschreiben ihrer Mutter zum Tod des kurfürstlichen Schwagers und als dessen Folge zum Aufstieg zur nunmehrigen Kurfürstin von Sachsen antwortete Christiane Eberhardine am 4. Mai: „... Welcher geschwinter Todt, wie Euer Gnaden leicht glauben können, eine ser große affligtion [Trauer] bey unß allerseitz verursagt hatt. ... Viel mehr aber sage ich unterthenigsten Danck vor die freude, so Euer Gnaden mir temoingiren [erweisen], daß es dem großen Gott gefahlen, die Chur nuemehro dem Hertzog als nun Churfürst mit zu theilen und ich auch dadurch zu einer größeren wührte gelanget. Wir nehmen solches bilig mit Dancksagung von dem Höchsten an, der unß ferner nach seynem gnädigen Willen rechiren [auswählen] wohle und auß unß solche werckzeug mache, daran daß gantze lant trost und freude haben möge."