Dieser verdienstvolle Arzt und Ehrenbürger der Stadt Werdau, der am 30. April 1832 in Meerane geboren wurde und am 6. Mai 1888 in Dresden starb - dort war er plötzlich einem Herzschlag erlegen - wäre fast vergessen worden, wenn nicht wir Heimatforscher in der Geschichte der Region „gegraben" hätten und auf die Spur seines Grabes gestoßen wären. Dabei geht die Heimatforschung oft seltsame Wege, manchmal führt intensive Forschung, manchmal der reine Zufall zu einem nächsten Baustein.
Durch die Recherchen der Heimatforscher, die sich der Regionalgeschichte verschrieben haben, konnte eine längst vergangene Verbindung zwischen Meerane und Werdau wiederentdeckt werden.
Die Recherchen auf dem Meeraner Friedhof an einer Familien-Begräbnisstätte führten zu einer Steinplatte mit dem Namen des Werdauer Ehrenbürgers Dr. med. Emil Brauer. Hier sind neun Personen aus bekannten bürgerlichen Familien (Hertzsch, Bornemann, Heine) bestattet, die alle miteinander verwandt waren.
Das Stadt- und Dampfmaschinenmuseum Werdau vermittelte, dass die historisch wertvolle Grabplatte des Ehrenbürgers von der Leubnitzer Steinmetzfirma Knorr restauriert werden konnte. Die Stadt Werdau, die sich über das Auffinden des Grabes ihres Ehrenbürgers sehr gefreut hatte, bezahlte die Kosten, um die Steinplatte in die Meeraner Begräbnisstätte wieder einzufügen.
Vorrübergehend befand sie sich im alten Rathaus im Heimatmuseum. Das Grab Brauers wurde erst im Frühjahr 2011 wieder hergerichtet. Am 21.06.2011 erfolgte die Übergabe an der historischen Grabstätte auf dem Meeraner Friedhof, in Trägerschaft der Ev.-Lutherischen Kirchgemeinde St. Martin. Damit bleibt das Ehrengrab ein Ort des Gedenkens und der Pflege der Erinnerung an den verdienstvollen Arzt.
In Meerane geboren, besuchte er in Zwickau das Gymnasium. Danach nahm er ein Medizinstudium an der Universität Leipzig auf. Eigentlich wollte er nach Prag und Wien gehen, um seine Studien zu vervollkommnen. Aber im Deutsch-Dänischen Krieg wurden Ärzte gebraucht; er diente ab 1863/1864 als Militärarzt. Nach Werdau in Sachsen verschlug es ihn 1865 , wo eine Choleraepedemie einige hundert Opfer forderte. Das betraf auch die in der Nähe gelegenen Orte Leubnitz, Steinpleis und Königswalde. Nach einem großen Turn- und Feuerwehrfest, verbunden mit einer Feuerwehrfahnenweihe am 8. und 9. Oktober 1865, brach am nächsten Tag in Werdau die Cholera aus, die wahrscheinlich aus Altenburg eingeschleppt worden war. In den folgenden sieben Wochen starben 462 Personen an der furchtbaren Seuche. Die dreifache Anzahl war an der Seuche erkrankt.
Eines der ersten Opfer war der Kommandant der freiwilligen Feuerwehr Werdaus, der Fabrikant Hermann Eisenschmidt. Die alte Bürgerschule wurde geschlossen und als Lazarett eingerichtet. Ebenso verfuhr man mit der gerade fertiggestellten Turnhalle an der Turnhallenstraße. Das erst drei Jahre zuvor eingeweihte Krankenhaus verfügte lediglich über eine Kapazität von 45 Betten. Trotzdem mussten hier 192 Kranke untergebracht werden, von denen 62 starben.
Die sächsische Regierung veranlasste, dass drei Ärzte und einige Krankenschwestern aus Dresden den Werdauer Medizinern zu Hilfe eilten. Das 1864 aufgekaufte neue Friedhofsgelände (heute Richard-Wagner-Platz) musste eiligst in Gebrauch genommen werden. Eine provisorische hölzerne Leichenhalle barg bis zu 27 Tote gleichzeitig. Man begrub die Opfer nachts auf freiem Feld.
Die Seuche griff schließlich auch nach Langenbernsdorf, Stöcken, Zwickau, Glauchau und Elsterberg über.
Mit Hilfe der drei Dresdner Ärzte Hofarzt Dr. med. Carl Emil Brauer, der eigentlich Leibarzt des sächsischen Königs Johann war, Dr. med. Carl Martin Wolfgang Rietschel und Dr. med. Daniel Heinrich Hermann Kleinpaul wurde die Seuche bis Ende 1865 erfolgreich bekämpft.
Dr. med. Brauer stiftete vor seiner Abreise 50 Taler für das Waisenhaus. Er war unverheiratet und hatte selbst keine Kinder und somit keine eigene Familie zu versorgen.
Alle drei Dresdner Ärzte erhielten für ihren Einsatz die Ehrenbürgerschaft der Stadt Werdau verliehen. Im Werdauer Wochenblatt vom 30. Dezember 1865 lesen wir: „Um den Herren Aerzten aus Dresden... die verdiente Achtung und Dankbarkeit zu bezeigen, haben der hiesige Stadtrath und die Stadtverordneten mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, denselben das Ehrenbürgerrecht der Stadt Werdau zu ertheilen..." Schon am 24. Dezember 1865 bekamen die drei Ärzte die entsprechenden Urkunden überreicht. Für ihre „uneigennützige Opferwilligkeit" wurden sie außerdem mit dem Ritterkreuz des Albrecht-Orden ausgezeichnet.
Seine medizinischen Stationen und Titel waren Hofarzt, später Königlicher Hofrath und Stabsarzt a. D.
Dr. Emil Bauers aufopferungsvolle Tätigkeit im Dienste der Kranken wurde allseits honoriert. Ihm wurden folgende Orden und Medaillen verliehen: das Eiserne Kreuz, die Lebensrettungsmedaille, der Albrecht-Orden, zwei österreichische und ein Oldenburger Orden sowie zwei Kriegsmedaillen.
Mit dem kurzen Lebenslauf dieses tatkräftigen Mannes aus dem 19. Jahrhundert sei an dieser Stelle auch die Verbindung der sächsischen Hauptstadt Dresden mit den ehemaligen sächsischen Textilstädten Meerane und Werdau wieder in das Bewusstsein der Nachkommen gerückt.
Quellen:
Hartmann, Frank Joachim: Quellenarbeit in Meerane. Manuskript.
Kreßner, Olaf (verstorben): Quellenarbeit in Werdau. Manuskript.