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Sommerschnee

Berndt Seite

Hardcover, 124 S., 2020 erscheint demnächst; Bereits vorbestellbar

ISBN: 978-3-86397-134-2
Preis: 15,00 €

Sommerschnee – das sind die luftig-bauschigen Samenfasern der Pappelfrüchte, die sich im Sommer öffnen und die Welt mit ihrem weißen Flaum überziehen: Schnee in der wärmsten Jahreszeit. Mal melancholisch, mal mandelbitter, aber stets in größter Genauigkeit geht Berndt Seite auch in seinem neuen Lyrikband den Erscheinungsformen der Natur nach und lotet in ihnen die Bedingungen des Lebens aus.

Von Eythra nach Gotha

Von Eythra nach Gotha

Die Blitzkarriere des Johann Adam Löw

Johann Adam Löw.
Johann Adam Löw.

Eigentlich wollte Johann Adam Löw (1710 – 1775), der getreue Jünger des Leipziger Professors Johann Christof Gottsched (1700 – 1766)1, nach dem Studium die akademische Laufbahn einschlagen. Gerade hatte er die Stelle eines Respondenten angenommen und die Magisterprüfung abgelegt, da wird ihm die Pfarrstelle in den Orten Bösdorf und Eyhra angeboten. Die beiden Dörfer (Eythra zählte 1767 um die 30 Höfe) lagen dereinst in der fruchtbaren Aue der Elster im Süden Leipzigs. Löw ist gerade mal 24 Jahre alt und ihm ist klar, dieses Angebot, das wohl auch auf Empfehlung seines verehrten Lehrers Gottsched erfolgte, kann man nicht ausschlagen. Die Wahl fiel übrigens nicht von ungefähr auf den jungen Magister. Der stammte nämlich aus Großneuhausen im Thüringer Land, wo sein Vater als Gräflich Werthern’scher Lehensdirector und Amtmann tätig war. 1719 kaufte dessen Chef, Graf Georg von Werthern (d. Ä.), Rittergut und Schloss Eythra. Als er 1721 starb, trat Sohn Georg von Werther, d. J., (1701 – 1768) sein Erbe an.

Der ließ 1730/33 das Schloss zu Eythra im barocken Stil umbauen. Es ist anzunehmen, dass der kurfürstlich sächsische Kammerherr von Werthern und Patron der Kirche zu Eythra sich, als die Pfarrstelle in Bösdorf/Eythra 1734 vakant wurde, mit Professor Gottsched ins Benehmen setzte, um nach dessen Empfehlung dem Magister Löw die Pfarrstelle in anzutragen.

Ganz unbekannt war der junge Gelehrte in Leipzig ja auch nicht, denn zwischen 1731 und 1733 hatte er Aufsehen erregt, als er in der Gesellschaft guter Freunde im Beisein von Prof. Gottsched gelungene „Proben der Beredsamkeit“ ablegte.

Als ein Jahr zuvor sein Bruder Johann Gottfried (1708-1757) Pfarrer in Großweisbach (heute Bad Langensalza) wird, überreicht ihm Bruder Adam ein Gedicht mit sechs Strophen. Darin beschreibt er den Dienst eines Pfarrers in einer der Strophen folgendermaßen:

Das schwere Hirtenamt ist wahrlich nicht ein Spiel,

Es braucht Verstand und Kraft, der Pflichten sind sehr viel,

Und keine davon leicht.“

Man muss schon sagen, Johann Gottfried und Johann Adam hatten Glück. Sie erhielten in verhältnismäßig jungem Alter eine Pfarrstelle. Das war die Regel nicht. Meist mussten die Kandidaten der Theologie die Zeit nach dem Verlassen der Universität bis zur Einführung in ein Pfarramt jahrelang als Hauslehrer, Sekretäre oder Erzieher für kärglichen Lohn überbrücken.

Zur Amtseinführung Löws am 30. Juli 1734 überreichten ihm seine vier Brüder einen gereimten Glückwunsch, dessen letzte Strophe deutlich macht, dass die Hauptaufgabe des evangelischen Pfarrers das Predigen war und als moralische Instanz den Leuten ins Gewissen zu reden

Und zeige der verstockten Welt

Den Lohn vor ihre bösen Werke,

Vermahn, und straf, und schone nicht

Nach beruffner Lehrer Pflicht.“

 Johann Christoph Gottsched.
Johann Christoph Gottsched.

Mit der Berufung Löws hatte Graf Georg von Werthern einen in der Gottsched‘schen Beredsamkeit geschulten Kanzelredner für seine Kirche gewonnen und zugleich einen der Aufklärung zugetanen Theologen.

Johann Adam unterstützte den Plan seines Patrons, die Kirche in Eythra umzubauen. Das vorhandene Gebäude war verhältnismäßig klein. Es hatte keinen Turm, nur einen Dachreiter.

Löw nahm zweifelsohne im Sinne der Aufklärung Einfluss auf die Gestaltung „seiner“ Kirche. Ihm war es wohl auch recht, dass alle Heiligenfiguren entfernt wurden. Zum Glück verbannte man sie nur auf den Kirchenboden und verbrannte sie nicht.

Das Gotteshaus wurde um einem Meter erhöht und statt des Dachreiters ein 30 Meter hoher Turm an der Westseite der Kirche angebaut. Durch die Erhöhung des Bauwerkes konnte eine zweite Empore installiert werden. Ganz im Sinne der Aufklärung war der Einbau der hölzernen Altarwand mit der den Altar überragenden Kanzel. Spötter nennen diese Art Kanzel „Kuckuckskanzel“.

Graf von Werthern hatte sicher die Kirche in Großneuhausen vor Augen, die sein Vater nach einem Brand prunkvoll, aber doch im Sinne der Aufklärung wieder aufbaute. Der Sohn dagegen ließ es bei den Bauarbeiten in Eythra sehr viel schlichter (sparsamer) angehen.

Übrigens geriet der Graf von Werthern (d.J.) 1757 in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass ihm durch plündernde preußische Soldaten 10.000 Reichstaler1 aus seinem Haus in der Kreuzgasse zu Dresden entwendet wurden.

In Eythra heiratete Pfarrer Magister Löw 1736 die Dorothea Elisabeth, geb. Falke. Mit ihr hatte er bis zu ihrem Tode im Jahr 1768 mehrere Kinder.

Nur sechs Jahre blieb der Magister Löw in Eythra, dann zog er in das fünf Stunden Fußweg entfernte Weißenfels. Das hatte folgenden Grund.

In Weißenfels praktizierte seit kurzem der Arzt Gottlob Carl Springsfeld (1714 – 1772), auch ein Gottsched – Fan. Der beklagte sich bei seinem philosophischen Mentor über die orthodoxen lutherischen Theologen in Weißenfels und die am Hofe verbreitete „blinde Ehrfurcht für einen schwarzen Rock und Priesterkräußgen“. Springsfeld kannte den Magister Löw aus seiner Studienzeit, wusste von dessen Verbindung zu Gottsched und zur Gesellschaft der Aletophilen2 (Wahrheitsliebenden), deren Gründer und Mäzen Ernst Christoph von Manteuffel3 war.

Gottsched und von Manteuffel setzten sich dafür ein, dass Löw eine Pfarrstelle in Weißenfels bekommt. In seinem Brief vom 8. Oktober 1740 schreibt Gottsched an Manteuffel:

„übrigens hat die gnädige Fürschrift E. Hochgeb. Excellence, bey St. Durchl.4 bereits eine sehr gute Wirkung gehabt. Dieselben haben einen von den neuen Predigern M. Löwen, nach Hofe kommen lassen, sich lange mit ihm unterhalten, und ihm befohlen ehestens in der Schloßkapelle zu predigen…“ Gottsched unterhielt übrigens recht gute Beziehungen zu Weißenfels und Umgebung. So bezog er sein Bier aus Großkorbetha und seinen Wein aus Freiburg an der Unstrut.

Ende 1740 trat Löw seinen Dienst in der Stadt an der Saale an. Unter dem 23. Januar 1741 wird das Bürgerrechtsgesuch des „Löw, M. Joh. Adam, Archidiakon“ gewährt.

Weißenfels war zu der Zeit eine bedeutende Stadt. Hoch über dem Ort thronte das Schloss Neu – Augustusburg, bis 1746 die Residenz der Herzöge von Sachsen - Weißenfels. Illustre Namen der Kulturszene Deutschlands sind mit der Stadt Weißenfels verbunden wie zum Beispiel die Komponisten Heinrich Schütz (1585 – 1672) und Johann Hermann Schein (1586 - 1630). Auch die Sängerin Anna Magdalene Bach, geb. Wilcke wohnte 1719 in dieser Stadt bis sie ein Engagement in Köthen bekam.

1741 gründete Gottlob Carl Springsfeld in Weißenfels die Gesellschaft der Alethophilen zur Hebung der deutschen Sprache. Der Archidiakonus Löw ist einer der Mitbegründer. Löw macht auch hier mit Reden in der von Gottsched erlernten Beredsamkeit auf sich aufmerksam.

Nach nur fünf Jahren Pfarrdienst in Weißenfels verlässt Löw die Stadt, weil er zum Oberpfarrer5 in Gotha berufen und später zum Konsistorialrat ernannt wurde. Ab 1756 war er Generalsuperintendent. Und das 11 Jahre nach Abschluss seines Studiums! Schon damals gab es wohl spöttische Stimmen, die fragten, ob Löws Werdegang wirklich allein auf Gottes Fügung und des Magisters Kenntnissen beruht haben sollte.

Der Reichsgraf von Manteuffel und auch der Professor Gottsched standen in regem Briefkontakt mit der Herzogin von Sachsen – Gotha – Altenburg. Beide wussten um die erheblichen Differenzen zwischen Luise Dorothea, Herzogin von Sachsen – Gotha – Altenburg (1710 – 1767),6 und Oberkonsistorialrat Ernst Salomon Cyprian (1673 – 1745)7. Sie bezeichnete den Theologen als „ dumm – orthodox“. Er nannte sie „eine große erhabene Sünderin“. Als Cyprian 1745 verstarb, wünschte sich die Herzogin als Nachfolger einen Mann der Aufklärung. So brachte Gottsched seinen Schüler und Bewunderer Löw ins Spiel, der das sehr bedeutende Amt in Gotha annahm.

Besondere Verdienste erwarb sich Löw unter anderem während seiner Amtszeit um das Gymnasium illustre in Gotha. Unter dem Rektor Johann Heinrich Stuß (1686 – 1775), der seit 1728 das Gymnasium leitete und inzwischen 82 Jahre alt war, verlor die Bildungseinrichtung zunehmend an Niveau, Ansehen und Bedeutung. Die Schülerzahlen gingen stetig zurück. Der Fleiß der Schüler und der Lehrer ließen sehr zu wünschen übrig. Der gebotene Lernstoff genügte zum Beispiel den Ansprüchen der Juristenfakultäten nicht.

Löw prüfte die Situation am Gymnasiums genau. Er fällte ein vernichtendes Urteil. Mithin versetzte man den bisherigen Rektor in den Ruhestand. Löw setzte sich im Blick auf dessen Nachfolger mit Professor Ernesti8 (auch ein Schüler Gottscheds!) in Leipzig in Verbindung. Der empfahl, Magister Johann Gottfried Geißler (1726 – 1800) wegen Übernahme des Rektorats anzufragen. Der sagte auch zu und trat sein Amt im Jahr 1768 an.

Am 6. Mai 1768 verstarb Johann Adams Frau Dorothea Elisabeth.

Trotz einiger Anfragen blieb Löw in Gotha. Man hätte ihn z. B. gern als Generalsuperintendenten in Weimar gehabt.9 In Hamburg bot man ihm die Stelle des Hauptpastors10 an. Auch die lehnte er ab.

Am 17. Juli 1769 heiratete Löw in Coburg Frau Anna Maria verwitwete Gundermann, geb. Happach. Beiden waren noch sechs gemeinsame Jahre beschert.

Johann Adam Löw verstarb am 19. Januar 1769. Sein Grabmal aus dem Jahre 1775 ist noch erhalten und befindet sich auf dem Friedhof V in Gotha.

 

1 Ein Pfarrer erhielt 250 Taler im Jahr, der Lehrer etwa 200 Taler. Ein Bauernpferd kostete 25 Taler. Für 10.000

Taler kaufte August der Starke im Jahre 1715 die „Prunkschale mit dem ruhendem Herkules“ aus der

Werkstatt Dinglinger.

2 Wahrheitsliebende, die Gesellschaft wurde 1736 in Berlin durch den ehemaligen kursächsischen Minister

von Manteuffel gegründet, um die Ideen des Aufklärungsphilosophen Christian Wolff (1679 – 1754) in Halle

zu verbreiten.

3 (1676 – 1749) kursächsischer Kabinettsminister, Geheimagent und Schriftsteller

4 gemeint ist Johann Adolph II. (1685 – 1746), Herzog von Sachsen Weißenfels

5 zu der Zeit Titel des Stellvertreters des Superintendenten

6 eine sehr kluge, feinsinnige Frau, die unter anderem mit dem Philosophen Voltaire korrespondierte

7 Gothaer Kirchenrat, Bibliotheksdirektor, Historiker

8 1707 – 1781, Theologe, Pädagoge, Rektor der Thomasschule Leipzig

9 die Stelle übernahm ab 1776 Johann Gottfried Herder (1744 – 1803)

10 1755 wurde Johann Melchior Goeze (1717 – 1786), der Hauptgegner Lessings, Hauptpastor in Hamburgv

Bildnachweis

Kopfbild: Schloss Eythra aus Wikimedia, Abb. im Text aus Wikimedia, alle sind sie gemeinfrei.

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