Wenn sich im Hause Martin Luthers die Familie am Tisch versammelte, um das ziemlich üppige Mahl einzunehmen, gesellten sich Verwandte, Studenten, Freunde und Reisende als Gäste dazu.
In gelöster Stimmung beginnen die lebhaften Gespräche, die der Hausherr einleitet. Dabei lässt er kein Thema aus; alles, was vorgefallen ist, wird besprochen. Natürlich stehen theologische und kirchliche Themen oft zur Debatte. Der Pfarrer Konrad Cordatus aus Zwickau beginnt mutig ab Sommer 1531 als erster während der Mahlzeit mitzuschreiben. Andere Gäste folgen seinem Beispiel und Luther bestärkt sie, wörtlich mitzuschreiben. Bis zum Tod Martin Luthers im Jahre 1546 sind zahlreiche Gesprächsnotizen festgehalten, die dann als erste Tischredenausgabe 1566 im Druck erschienen sind. Populär geworden ist die Ausgabe bei Reclam (1959), die von Professor Kurt Aland überarbeitet worden ist.
Weshalb sind Martin Luthers Reden, Zitate und deftige Sprüche legendär geworden, einige sind sprichwörtlich in die deutsche Sprache eingegangen?
Die deutsche Sprache beherrschte Luther exzellent und für seine gedankliche Tiefe war er bekannt, er war witzig und konnte pointierte Sprüche formulieren.
Beispiele gefällig?
Für die Toten Wein, für die Lebenden Wasser: das ist eine Vorschrift für Fische.
Es muss einer im Haushalt nicht alles und jedes haben.
Der Wein ist gesegnet und hat ein Zeugnis in der Schrift, das Bier aber gehört zur menschlichen Überlieferung.
Es gibt keine schlimmere
Missgunst in der ganzen Welt als die Heuchler.
In einem Wegelagerer und in einer Hure ist mehr
Barmherzigkeit als in einem Heuchler.
Ich hasse die Vielredner.
Denn meistens, wenn sie sehr Großes zu sagen scheinen, reden
sie Lügen. Die Wahrheit aber, so wie sie wenigen eigen ist,
macht auch nicht viele Worte.
Der Neid und die Hoffart
sind zwei Laster, die schmücken sich, wie sich der Teufel in
die Gottheit kleidet. Der Neid will Gerechtigkeit sein, die Hoffart Wahrheit.
Vor einem Baum, von dem man Schatten hat, soll man sich verneigen.
Wem Gott ein Weib gibt,
dem gibt er auch zu schaffen, gibt Samen und Kinder, auch das
Gedeihen dazu. Aber wir fangen alles ohne das Gebet an. Wie sie
es anheben, so geht's auch hinaus. Wer sein Weib, das ihm von
Gott gegeben ist, und umgekehrt, ein Weib ihren Mann lieb haben
kann, das ist eine große Gnade und Gabe Gottes.
Es ist jungen Leuten zu raten,
nicht in der ersten Hitze zu heirate n. Denn wenn sie den Fürwitz
gebüßt hätten, so könnte keine beständige Ehe bleiben. Deshalb
sind größere Alter zur Ehe besser geeignet, sonst
kommt das Hündlein Reue, das vie le Leute beißet; wie denn auch
Stölzchen, das Hündlein, vielen Menschen schadet.
Willst du die größten,
greulichsten und schädlichsten Feinde überwinden lernen, die einen
sonst wohl verschlingen und an Leib und Seele schaden können,
dawider einer sich wohl allerlei Waffen kaufen und alles Geld dafür
geben sollte, diese Kunst zu lernen? Es ist ein süßes, liebliches
Kräutlein, das heißt Geduld.
Man muss nicht die Buchstaben
in der lateinischen Sprache fragen, wie man soll
Deutsch reden, sondern man muss die Mutter im Hause,
die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt drum
fragen und denselbigen aufs Maul sehen, wie sie reden, und
danach dolmetschen, so verstehen sie es denn und merken, dass
man Deutsch mit ihnen redet.
Redewendungen, die auf Luther zurückgehen:
Viele Hände machen leichte Arbeit.
Eine offenbare Lüge ist keine Antwort wert.
Wenn jemand sich in einer Sache nicht auskennt,
soll er seinen Senf nicht dazu geben.
Guter Rat kommt nie zu spät.
Er hat Hummeln im Arsch.
Er hat Grillen im Kopf.
Kann weder gackern noch Eier legen.
Wo die Hunde bellen, ist das Dorf nicht weit.
Man erkennt den Vogel an den Federn.
Wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen.
Lass dir die Sonne in den Arsch scheinen.
Was wäre Dreck, wenn er nicht stinkt.
Haben Sie Lust bekommen, weiter zu lesen? Neu erschienen sind die „Plaudereien an Luthers Tafel", herausgegeben von Thomas Maess, in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig.
Die Einführung und die Auswahl der Sprüche hat Ursula Brekle besorgt, die sich bei Frau Dr. A. Weidhas für die Erlaubnis bedankt, das neue Buch zu benutzen.
Bildnachweis: Alle Bilder sind von Wikimedia Commons übernommen, sie sind gemeinfrei.