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Rüdiger Fikentscher

Deutschland und anderswo
Reiseerlebnisse im 19. Jahrhundert

»Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen«, dichtete einst Matthias Claudius. Wie recht er damit hatte, zeigt sich in den im Buch versammelten Originalberichten aus Tagebüchern und Briefen von Mitgliedern einer besonders reisefreudigen Familie über fünf Generationen. Sie reisten geschäftlich, wegen der Wissenschaft, um Bildung zu erwerben und persönliche Verbindungen zu stärken. Auf jeden Fall individuell, doch kaum, um sich zu erholen. Weder arm noch reich wanderten oder fuhren sie durch Deutschland, Österreich, Frankreich und England, kamen sogar nach Übersee.

Wasserschloss Klaffenbach

Wasserschloss Klaffenbach

Henner Kotte

Die Schreie der Jungfern

„‚Nimmer. Nimmer werde ich diesen schrecklichen Mann heiraten!‘ Daraufhin packte den Vater ein grausamer Zorn. Er befahl seiner Tochter, ihre schönen Kleider abzulegen und ließ sie im Turm des Wasserschlosses einmauern. Ob dieses Frevels ging es dem Klaffenbacher Schlossherrn zusehends schlechter, bis er nach einer langen Leidenszeit einen grausamen Tod erlitt.“ Die Schreie der Jungfer aber hallen noch heute über den Schlosshof. ‚Rettet mich! Ich will nicht sterben!‘“ Erworben hatte das Grundstück 1543 der Annaberger Münzmeister Wolff Hünerkopf. Er war in Elterlein geboren und durch den Silberbergbau reich geworden. Der Günstling Johann Friedrich I. kaufte vom Kurfürst neben Burkhardtsdorf und Neukirchen auch das aufgelassene Benediktinerkloster in der Würschnitzaue.

Als Zeugnis seines Standes und der Macht ließ er das Renaissanceschloss bauen. „Das viergeschossige Gebäude ist von einem Wassergraben umsäumt. Besonders auffällig ist der geschwungene Giebel und das kielbogenförmige Dach.“ Von 1947 bis 1989 nutzte es die DDR als Jugendwerkhof. Eingewiesen wurden Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren, die als schwererziehbar galten. Sie wurden in der Einrichtung „mit dem Ziel der Heranbildung vollwertiger Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft und bewusster Bürger der Deutschen Demokratischen Republik“ oft mit entwürdigenden Methoden u. a. Isolationshaft, Nahrungsentzug und körperlichen Misshandlungen umerzogen. Zelleninschrift: „Schrei nach Freiheit!“ Das romantische Wasserschloss darob verfiel. 1995 eröffnete es mit Museum, Restaurant, Hotel und Handwerksräumen.

Adresse und Kontakt

Wasserschloßweg 6

09123 Chemnitz

Tel.: 0371 / 45080

https://www.c3-chemnitz.de/wasserschloss-klaffenbach


*****

Textquelle

Kotte, Henner: Chemnitz: Die 99 besonderen Seiten der Stadt, Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2017.


Bildquelle

Vorschaubild: Wasserschloss Klaffenbach, West- und Südseite, 2007, Urheber: Kolossos via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Klaffenbach gruener Salon, 2016, Urheber: Opmet40 via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

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