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Großer Beliebtheit erfreut sich noch heute die Geschichte vom kleinen Prinzen, jenem philosophischen Märchen, das von Liebe, Freundschaft und Tod handelt. Darin geht Saint Exupery der Frage nach dem Sinn des Lebens nach und blickt zurück auf sein eigenes: das Abenteuer einer Bruchlandung, das Überleben in der Wüste, die Sehnsucht nach der verlorenen Liebe … all das war dem Autor nur allzu vertraut.

Das Grabmal für den Schiffsarzt der

Das Grabmal für den Schiffsarzt der "Emden" Dr. Ludwig Schwabe

Alfred E. Otto Paul

Grabstein Dr. Ludwig Schwabe. (1)
Grabstein Dr. Ludwig Schwabe. (1)

Ludwig Schwabe wird am 16. September 1885 als Sohn des angesehenen Leipziger Augenarztes Dr. med. Karl Gustav Schwabe geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte Ludwig Schwabe Medizin und promovierte zum Doktor der Medizin.

Dann ist er längere Zeit als Schiffsarzt für den Norddeutschen Lloyd auf der Hamburg-Amerika-Linie, wählt aber ab Mai 1914 als Assistenzarzt im 77. Artillerieregiment in Leipzig – offenbar ist diese militärische Einbindung für den jungen Arzt wenig erbaulich, denn bereits Ende Mai 1914 lässt er sich beurlauben und wird wiederum Schiffsarzt – diesmal auf der „Frisia“, einem 10 000 t - Dampfer des Norddeutschen Lloyd.

Während das Schiff Kurs nimmt nach Ostasien, bricht am 01. August 1914 der I. Weltkrieg aus. In Schanghai erreicht die „Frisia“ ein Funkspruch mit der Order, die deutsche Besitzung Tsingtau anzusteuern – am 03. August trifft der Dampfer in Tsingtau. Der zivile Schiffsarzt Dr. Ludwig Schwabe wird hier am 06. August 1914 dem Militär unterstellt und zur kaiserlichen Marine als zweiter Schiffsarzt des kleinen Kreuzers „Emden“ abkommandiert.

Der in der Danziger Werft gebaute kleine Kreuzer „Emden“ befindet sich seit seiner Indienststellung 1910 in ostasiatischen Gewässern zum Schutz der kolonialen deutschen Besitzungen. Unmittelbar nach Kriegsausbruch beginnt die erfolgreiche Jagd der „Emden“ auf englische Schiffe – Ludwig Schwabe schreibt in einem Brief an seine Eltern von „einem ausgiebigen Kaperkrieg - und erwähnt die Versenkung von 15 Dampfern in einem Wert von 35 – 40 Millionen Goldmark.

Schiffswrack der "Emden". (2)
Schiffswrack der "Emden". (2)


Am 09. November 1914 greift der englische Kreuzer „Sidney“ die „Emden“ unmittelbar vor der Kokosinsel Nord - Keeling an. Während dieses Seegefechtes läuft die „Emden“ auf eine Klippe und ist manövrierunfähig. Der Beschuss durch die „Sidney“ tötet oder verwundet zahlreiche Matrosen der „Emden“ - Ludwig Schwabe werden durch Granatsplitter vier Zehen des rechtes Fußes abgerissen und er hat „ein Loch im Rücken“.

Mit letzter Kraft schwimmt er etwa 70 m durch die tosende Brandung der See an das Ufer der Insel Nord – Keeling und ein Kamerad legt den völlig Erschöpften unter eine Kokospalme zum Schutz vor der sengenden Hitze und bedeckt ihn mit Kokosblättern, um der Austrocknung des Körpers entgegen zu wirken. Es fehlt jedes trinkbare Wasser und so stirbt Ludwig Schwabe am 10. November 1914 verdurstend an seinen schweren Verwundungen unter dieser Kokospalme.

Ein Leutnant Schall begräbt den toten Kameraden, bedeckt von Kokosblättern und einem Militärmantel, am nahegelegenen Ufer der Insel.

Grabanlage Schwabe auf dem Südfriedhof Leipzig. (3)
Grabanlage Schwabe auf dem Südfriedhof Leipzig. (3)


Der Vater des Toten erwirbt am 30. September 1915 für 2 700 Goldmark auf 100 Jahre die Wahlstelle No. 76 in der VI. Abteilung des Südfriedhofes in Leipzig. Er beauftragt Prof. Adolf Lehnert als einen der bedeutendsten Leipziger Bildhauer mit der Schaffung des Grabmals für seinen in fremder Erde ruhenden Sohn.

Adolf Lehnert entwirft die bildliche Umsetzung der tödlichen Tragödie in diesem Grabmal – drei mächtige Felsen symbolisieren die für die „Emden“ tödliche Klippen und eine bronzene Kokospalme erinnert die trauernden Eltern an den Ort des furchtbaren Todes ihres einzigen Sohnes. Ein kreisrundes bronzenes Porträtmedaillon zeigt den hoffnungsvollen Schiffsarzt Dr. Ludwig Schwabe geschmückt mit der Uniform der kaiserlichen Marine in der Blüte seiner Jahre.

Anker am Fuße des Grabmals. (4)
Anker am Fuße des Grabmals. (4)

Am Fuße des Grabmals symbolisiert ein Anker die Hoffnung – ist es die christliche Hoffnung auf die Aufnahme des toten Sohnes in die göttliche Geborgenheit, ist es die Hoffnung der Eltern auf Tröstung oder ist es gar die Hoffnung, dass der Tod des Sohnes nicht umsonst war und als großer Dienst am Vaterland verstanden wurde?
Wir wissen es nicht – aber wir denken, dass die Geschichte dieses Grabmals bewahrt werden sollte als ein eindrucksvolles Zeugnis einer unseligen Zeit, in der imperiale Machtgier einzelner Staaten die Welt im Blut ertränkte.

Das Einzelschicksal des Schiffsarztes Dr. Ludwig Schwabe steht für Millionen anderer Opfer der Kriege des 20. Jahrhunderts.

Die Paul – Benndorf – Gesellschaft zu Leipzig hat gemäß ihrer Satzung im Sinne der Pflege von Kulturwerten im Bereich des Friedhofswesens erst jüngst die Patenschaft über die Grabstätte Schwabe übernommen und wird sich künftig um die dringend notwendige Restaurierung sowie um den würdigen Erhalt dieser Grabstätte mit ihrer ganz besonderen Geschichte bemühen.

Quelle

Paul, Alfred E. Otto: Kunst im Stillen. Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen. Band 02/2010

Bildnachweis

Kopfbild, Bilder 1 und 4: Hanka Börner

Bild 2: Wikimedia, gemeinfrei

Bild 3: Archiv Südfriedhof, Leipzig

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