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Frank Meyer

Es war mir ehrlich gesagt völlig egal

 „Ich ging zur Beerdigung. Denn immerhin war ich es ja, der ihn erschlagen hatte.“

Sie schlagen sich so durch — die Jungs in Frank Meyers Geschichten. Dabei lassen sie sich von weiblichen Hosenanzügen beirren, stellen ihre grenzenlose Coolness beim Moped-Trinken unter Beweis und sorgen dafür, dass der Großvater fast die Sportschau verpasst.

Der Fürst und die Maske

Der Fürst und die Maske

Fr. Rabener

Friedrich II. mit dem Dreispitz grüßend.
Friedrich II. mit dem Dreispitz grüßend.

Eines Tages fragte Friedrich der Große bei der Mittagstafel den bekannten Freiherrn von Pölnitz, ob er des Abends auf die Redoute, eine gesellschaftliche Veranstaltung mit Masken, gehen würde, und als es dieser bejahte, sagte der König:

»Das ist mir lieb; so bin ich doch gewiss, Ihn zu erkennen.«

Pölnitz: Das kommt noch darauf an, Ew. Majestät.

König: O gewiss! – Ihn will ich unter Tausenden und unter jeder Gestalt wieder erkennen.

Pölnitz: Ich unterstehe mich nicht, zu widersprechen; aber die Zeit wird es lehren.

König: Gut. Ich bin meiner Sache so gewiss, dass ich – wahrhaftig, 1000 Louisd'or* schenke ich Ihm, wenn ich Ihn nicht erkennen werde!

Pölnitz: Ich danke Ew. Majestät im Voraus untertänigst. – Wahrlich, ich hatte nicht geglaubt, dass heute mein Glücksstern regiert.

König: Triumphiere Er nicht zu früh, mein lieber Baron. Kurz, es bleibt dabei, ich halte Wort.

Nach aufgehobener Tafel und nachdem er seinen Plan völlig durchdacht, ging Pölnitz schnell nach Hause. Er ließ einen der vornehmsten und reichsten Juden Berlins zu sich rufen. Er erzählte diesem den Vorfall mit dem Könige und versprach 1000 Taler Belohnung, wenn er ihm zur Erreichung seines Zweckes die nötige Hilfe leisten würde. Diese aber bestand darin, dass er sogleich eine möglichst große Menge Juwelen herbeischaffen sollte. Mit ihnen wollte der Baron sich Abends schmücken und sich so dem Könige unkenntlich machen; wohl berechnend, Friedrich werde bei dem Anblick so vieler Juwelen eher an Diesen oder Jenen, als an seinen tief verschuldeten Kammerherrn denken.

Der Abend kam, die Redoute begann, und schon lange hatte der Fürst seinen Kammerherrn vergebens gesucht, als nun der König plötzlich einen äußerst prachtvoll gekleideten Armenier erblickte. Turban, Gürtel und Kleid strotzten von echten Juwelen – die Maske erregte allgemeines Aufsehen. Alles umringte sie, Jeder suchte zu erforschen, wer dahinter verborgen sein möchte. Man betrachtete sie von allen Seiten, man redete sie an; die Maske war nicht stumm, aber Niemand konnte sie erkennen. Besonders war der König neugierig, zu erfahren, wer wohl in seinem Lande Besitzer eines so beträchtlichen Schatzes an Edelsteinen und Perlen sei? Er schickte deshalb mehrere Vertraute; Alle aber kamen mit der Nachricht zurück: es sei ein Holländer, der große Besitzungen in den Kolonien habe und nach Berlin gekommen sei, um dem Könige mehrere wichtige Projekte vorzulegen; falls diese angenommen würden, sei er gesonnen, seine Besitzungen zu verkaufen und sich im Preußischen niederzulassen.

Lieblich tönte diese Nachricht in Friedrichs Ohren, und jetzt nun noch mehr neugierig geworden, zu erfahren, worin die Projekte eigentlich bestanden, schickte er wieder einige Vertraute ab, danach zu forschen. Vergeblich waren alle ihre Bemühungen; der Armenier erwiderte ihnen stolz: den Gegenstand seiner Projekte könne und werde er nur dem Könige selbst offenbaren.

Durch dieses geheimnisvolle Wesen immer neugieriger gemacht, redete der König die Maske selbst an und bot seine ganze Überredungskunst auf, ihr den Mund zu öffnen; aber vergebens. Sobald das Gespräch auf die angeblichen Projekte kam, blieb der Holländer stets einsilbig und versicherte beharrlich: deshalb könne und werde er nur dem Könige sich selbst entdecken.

Seiner Ungeduld nicht länger mehr Meister, nahm endlich Friedrich die Maske ab und sagte:

»Nun zum Henker, ich bin ja der König!«

»Und ich bin Pölnitz,« erwiderte schnell der Holländer, indem er ebenfalls die Maske abzog und sich ehrfurchtsvoll verneigte. – Der König stutzte einen Augenblick, verzog dann den Mund zum Lächeln und wandte sich kurz um.

Am anderen Morgens schickte er seinem Kammerherrn die versprochenen 1000 Louisd'or, und würde ihm gern mehr gegeben haben, hätte er den Verdruss nicht gehabt, überlistet zu sein.

 Louis d'or 1786. Urheber D.j.mueller.
Louis d'or 1786. Urheber D.j.mueller.

 

*Auch beim Louis d’or, wie bei allen historischen Währungen, ist es schwierig, einen Gegenwert in moderner Währung anzugeben.

Beruhend auf die Angaben (22 Karat Goldgehalt bei einem Gewicht zwischen 6,7 und 8,1 Gramm) ergibt sich ein reiner Materialwert von ca. 420–500 Euro (Stand Juni 2024) pro Münze. Der Sammlerwert liegt allerdings deutlich über dem Goldwert.

Quelle

Fr. Rabener: Knallerbsen oder Du sollst und mußt lachen.

Quedlinburg und Leipzig 1846

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