Friedrich II., auch Friedrich der Große oder der Alte Fritz genannt, ist als Mensch an sich schon selbst zur Anekdote geworden. Seine Grundsätze und die historischen Geschehnisse damals sind in der Verkleidung der Anekdoten leichter zu verstehen als Kenntnisse über diese Epoche aus dicken Büchern. Die Anekdote ist als wahre oder vermeintlich wahre Geschichte Gemeingut. Manche Anekdoten über Friedrich sind schon sprichwörtlich geworden. Die vorgestellten sind dem Insel-Buch „Anekdoten von Friedrich dem Großen“ entnommen, Leipzig 1940.
Ursula Brekle
Vom König kein Wort!
Friedrich II. (Preußen) hasste jede Schmeichelei, besonders die ins Gesicht. Bei einer festlichen Gelegenheit wurde eine Oper aufgeführt und dazu ein besonderer Prolog gemacht. Der Poet hatte hatte darin bei einer guten Gelegenheit den König mit Lob bedacht. Der König ließ sich aber den Prolog zur Durchsicht geben, ehe dazu die Noten komponiert worden sind. Und er strich die Stelle aus und schrieb an den Rand:
Il faut qu‘il ne soit pas question du Roi. (Übersetzt: Der König darf nicht erwähnt werden.)
Des Königs Hunde
Die Lieblingshunde des Königs waren immer bei ihm und durften sich alles erlauben. Fuhr der König nach Berlin, so wählte er unter den Windspielen diejenigen aus, die ihn begleiten durften. Sie wurden in einer sechsspännigen Kutsche nach Berlin gefahren, wobei der kleine Lakai, der mit ihrer Wartung und Fütterung betraut war, achtungsvoll auf dem Rücksitz saß, während die Windspiele den Vordersitz einnahmen. Der Lakai sagte mit allem Respekt von Zeit zu Zeit: „Biche, seien sie doch artig! Alcméne, bellen sie doch nicht so!“ In Sanssouci wurden die Lieblingshunde in Särgen unter Leichensteinen mit ihren Namen begraben. Des Königs testamentarische Verfügung, in einer Gruft auf der Terrasse des Schlosses Sanssoucis neben seinen Hunden beerdigt zu werden, ging erst 1991 in Erfüllung.
Der Adler
Der König pflegte den Abbé Bastiani, wenn er bei Tafel war, gern zu necken. Einmal sagte er, es könne doch wohl sein, dass es der Abbé noch zum Papst brächte, so gut wie Sixtus V., der als Sohn einfacher Bauern das Vieh gefüttert habe. Wenn dann der König einmal nach Rom käme, würde er gewiss so tun, als kenne er ihn nicht, und höchstens sagen, er glaube, diesen Mann einmal in Breslau gesehen zu haben. Bastiani, der den Hieb verstand, erwiderte: „Gewiss nicht! Ehrerbietig würde ich aufstehen, Eurer Königlichen Majestät entgegengehen und die demütige Bitte äußern: Allmächtiger Adler, nimm mich unter deine Fittiche, aber verschone mich mit deinem Schnabel!“
Bildnachweis
Kopfbild: Friedrich II. mit Windspielen, Entwurf 1821–1822, Guss von 1906, Bronze; Alte Nationalgalerie, Berlin.
Bild im Text: Harro Magnussen: Friedrich der Große in seinen letzten Tagen, 1896/1898