„Auf den Wellen des Stromes, die ungeduldig Hamburg, einem der größten Häfen der Welt, zutreiben, fährt ein Dampfer sicher und stolz zu Berg und zieht unaufhaltsam vorwärts eine lange Reihe schwerbelasteter Kähne. Aber es ist nicht allein die ungestüme Kraft des von Wasser und Feuer erzeugten Dampfes, welche hier über die zu Thal drängenden Wogen des Flusses den Sieg davonträgt. Unten im Bette des Stromes ruht eine schwere eiserne Kette, an welcher der Dampfer sozusagen Anhalt gewinnt und mit deren Hülfe er den Anprall der Gegenströmung zu überwinden vermag. Nach dieser Kette tragen nun die Fahrzeuge den Namen Kettendampfer, und nach ihr wird die gesammte, also betriebene Schiffahrt Kettenschiffahrt genannt.“ Seit jeher war es schwierig, Schiffe stromauf fahren zu lassen. Kraftaufwand und Technik waren unabdingbar.
Das Treideln (sächs. Bomätschen) übernahmen Tiere oder Menschen, doch auch sie stießen an Grenzen. „Die Kettenschifffahrt revolutionierte ab 1866 die Binnenschifffahrt in Deutschland, zunächst an der Elbe.“ Auf 668 Kilometern zogen 35 Kettenschlepper den Fluss von Hamburg bis Aussig stromaufwärts. Ein Sieg der Technik. Ein industrieller Aufschwung. Das Vorankergehen Schauspiel: „Auf Signal des Schleppers mussten alle Kähne Anker werfen, und bis alle Kähne stetig waren, blieben alle Besatzungen an den Winden bzw. Bundstaken. Frühmorgens um 6 ging es in umgekehrter Reihenfolge nach Tuten des Schleppers mit dem Ankerlichten los.“ Die Eisenbahn machte ab 1890 Konkurrenz: Der Transport ward kalkulierbar und schneller. Bomätscher sind ausgestorben.
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Textquelle:
Kotte, Henner: Sächsische Schweiz: Die 99 besonderen Seiten der Region Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2016.
Bildquelle:
Vorschaubild: Die Bomätscher auf dem Treidelsteg, 1882, entnommen aus "Die Gartenlaube" via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Bomätscher auf einem Relief unterhalb der Albertbrücke in Dresden, geschaffen von Edmund Moeller, 1938, Urheber: Z thomas via Wikimedia Commons CC BY 3.0.