Schon zuvor war der sächsische General von Thielemann mit dem Ingenieurobersten von Aster in der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1813 aus der Festung Torgau zu den russischen Truppen übergelaufen. Am 18. Oktober 1813 vollzog sodann das Gros der sächsischen Truppen auf dem Schlachtfeld bei Leipzig den Übergang zu den Armeen der Verbündeten. Die Reste des sächsischen Heeres, darunter auch Teile des in Düben, Dommitzsch, Kemberg und Schmiedeberg in Garnison liegenden von Zastrowschen Kürassierregiments, entließ Napoleon während seines Rückzuges nach der Völkerschlacht. Die sächsischen Truppen in der Festung Torgau durften diese am 4. November ebenfalls verlassen.
Der König von Sachsen, Friedrich August I., hatte den Vertrag über die Teilung Sachsens noch nicht unterschrieben, als am 30. April 1815 vom preußischen König der Befehl erging, die sächsischen Bataillone zu teilen und in die preußische Armee einzugliedern. Ursache für diesen voreiligen Befehl war die Rückkehr Napoleons von Elba, seinem Verbannungsort, nach Frankreich und die Gefahr neuer militärischer Auseinandersetzungen mit dem gestürzten König von Frankreich. Den unruhigen Sachsen traute man wohl nicht über den Weg und befürchtete, dass sie wegen ihrer Enttäuschung über die Teilung ihres Landes zu den Franzosen überlaufen könnten.
Unter Führung des Generals von Müffling stürzten diese mit gezogenem Säbel zwischen die aufgebrachten Sachsen. Die fielen jedoch wütend über die Preußen her, denen es nur mit knapper Not gelang zu entkommen. Auch Blücher musste das Haus fluchtartig durch einen Hinterausgang verlassen.
Am 16. Mai befahl er, Massenerschießungen durchführen zu lassen, falls die Rädelsführer der Unruhen nicht angezeigt würden. Sieben Mann opferten sich daraufhin für ihre Kameraden, sie wurden umgehend erschossen, die sächsischen Fahnen gingen in Flammen auf. Die sächsischen Bataillone wurden geteilt und in die preußische Armee eingegliedert.
In Sachsen rief die Vorgehensweise der Preußen große Empörung hervor. Während man in den nun von den Preußen beherrschten ehemaligen sächsischen Landesteilen die Information über die Revolte vertuschte, wurden im sächsischen Kernland die Erschossenen noch lange als Märtyrer verehrt. Schriften erschienen über ihre Tat, während für die Hinterbliebenen Sammlungen durchgeführt wurden. Langsam gerieten die Erschossenen aber in Vergessenheit.
Es war der Tambour Johann Gottfried Kanitz. Er hatte sich sehr jung freiwillig zur Armee gemeldet und war wohl wegen schwächlicher körperlicher Konstitution als Tambour eingesetzt worden. Als man ihn erschoss, war er gerade 18 Jahre alt. Das Süptitzer Kirchenbuch sagt nichts über den Tag seines Todes aus, auch findet man keine Eintragungen darüber, wo er beerdigt wurde. Erwähnung fand lediglich der Name, das Alter und der Name des Vaters sowie dass er "Tambour bei den sächsischen Grenadiers" war und "wegen Meuterei im französischen Erschossen worden" war.
Gottfried Kanitz war nicht in Süptitz geboren worden, offensichtlich zogen seine Eltern erst später zu. Den Vater hat man 1815 als Hausmann bezeichnet, er gehörte also zur ärmeren Schicht des Dorfes.
Für die 200 Taler, welche seine Eltern vom sächsischen König als Trostgeld fur den Tod ihres Sohnes erhielten, kauften sie sich ein kleines Häuschen. Das Angebot, nach Sachsen umzuziehen lehnten sie ab. Die preußische Regierung zahlte den Eltern bis zu ihrem Tod ein jährliches "Gnadengeld" von 8 Talern.
1834 starb der Vater im Alter von knapp 63 Jahren. Elf Jahre später folgte Gottfrieds Mutter, Johanna Marie, geborene Lützenberger. Sie war 77 Jahre alt geworden.
Für die Eltern war das Opfer, das ihr Sohn zur Rettung anderer Kameraden erbracht hatte, besonders schwer. Er war ihr einziger Sohn, der auch ihr Ernährer im Alter hätte sein sollen.
Gottfried Kanitz verdient es, dass sein Schicksal der Vergessenheit entrissen wird und man in Süptitz eine Form des Gedenkens an ihn findet.
Mit freundlicher Genehmigung von Herrn A. Schütz, Verlagshaus "Heide-Druck" Bad Düben.
Alle Bilder sind aus dem "Leipziger Schlachtfeldführer 1813/1913" entnommen, Leipzig 1913.