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Die Broschüre kann beim Autor Friedrich H. Hofmann bestellt und bezogen werden - siehe Text.
Die Postzensur der sowjetischen Besatzungsmacht

Die Postzensur der sowjetischen Besatzungsmacht

Friedrich H. Hofmann

Vorbemerkung:

Die umfangreichen Kontrollen der zivilen Postsendungen durch die sowjetischen Militärbehörden erfolgten unter strengster Geheimhaltung. Ich war daher sehr erstaunt, im Sächsischen Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30412 (Oberpostdirektion Leipzig, Bereich Chemnitz), unter Nr. 3 eine Akte darüber zu ?nden. Sie befand sich bis Ende l990 im Archiv der ehemaligen Bezirksdirektion Post- und Fernmeldewesen Karl-Marx-Stadt und ist - zumindest im Bereich
Chemnitz - die einzige zu diesem Thema.

 

Im übrigen führten auch die westlichen Alliierten 1945/46 stichprobenartige Kontrollen des zivilen Briefverkehrs durch. Sie kennzeichneten jedoch kontrollierte Briefe in der international  üblichen Weise.
Geöffneter und korrekt gekennzeichneter Brief durch westliche Alliierte. Bild: F. Hofmann.
Geöffneter und korrekt gekennzeichneter Brief durch westliche Alliierte. Bild: F. Hofmann.

Wie bei den Briefmarken hatte wohl auch auf diesem Gebiet die sowjetische Besatzungsmacht keine fertigen Konzepte vorbereitet. Darauf deuten u.a. die ständigen Änderungen der zugelassenen Sendungen. Zunächst waren Postkarten und private Briefe bis 20 Gramm, seit 2l. Juli außerdem Behördenbriefe bis 500 Gramm zugelassen, ausdrücklich auch per Einschreiben. Am 6. August wurden offene Privatbriefe bis 50 Gramm in der Oberpostdirektion (OPD) Leipzig erlaubt, am 20. August wieder verboten. Erst ab l8. September 1945 war der Versand von verschlossenen Privatbriefen bis 500 Gramm endgültig zugelassen. Ab Herbst 1945 erfolgten regelmäßig Kontrollen von Postsendungen durch die Besatzungsmacht. Eine Kennzeichnung der kontrollierten Sendungen erfolgte nicht. Postangestellten, die dienstlich davon Kenntnis hatten, war unter Androhung hoher Strafen verboten, darüber zu sprechen.

Am 30. Oktober 1947 erhielten die Postämter der OPD Leipzig eine neue Anweisung zur Postzensur. Darin wurde festgelegt, dass ankommende Post sowie abgehende Postsendungen, die innerhalb des Landkreises verbleiben, zensurfrei sind. Allerdings erfolgen gelegentliche stichprobenartige Kontrollen. Außerdem sind Postdienstsachen, Postanweisungen, Zahlkarten, Postscheckbriefe, Drucksachen, Warenproben und päckchenartige Sendungen innerhalb der sowjetischen Besatzungszone zensurfrei. Dagegen sind sämtliche Drucksachen und Zeitungen aus den westlichen Besatzungszonen sowie sämtliche Postsendungen aus Groß-Berlin der Zensurstelle vorzulegen. Jedes Postamt hat für die zensurpflichtige Post einen Beutel „K" für eingeschriebene Sendungen und einen Beutel „o.K" für gewöhnliche Sendungen zu fertigen. Diese sind dem zuständigen Zensurpostamt - für Schwarzenberg ist das Zwickau 2 - zuzuleiten. Dieses führt die Sendungen täglich mehrfach der betreffenden sowjetischen Zensurstelle zu. Abschließend heißt es: „Alle Anordnungen wegen Einrichtung der Postzensur sind geheim zu behandeln. Das Bestehen der Postzensur darf unter keinen Umständen erwähnt werden."

Die alliierten Sieger am Brandenburger Tor 1945, in der Mitte Marschall Schukow (mit roter Schärpe), rechts daneben Marschall Sir Bernard Montgomery, Marschall Rokossovsky und General Sokolovsky. Bild: Wikimedia, gemeinfrei.
Die alliierten Sieger am Brandenburger Tor 1945, in der Mitte Marschall Schukow (mit roter Schärpe), rechts daneben Marschall Sir Bernard Montgomery, Marschall Rokossovsky und General Sokolovsky. Bild: Wikimedia, gemeinfrei.

Außerdem waren die Briefkästen der Bahnpostwagen verschlossen zu halten. Bei einer Kontrolle des Bahnpostwagens Leipzig-Hof am 3l. März 1948 wurde beanstandet, dass aus dem im gleichen Zug laufenden Bahnpostwagen Leipzig-Plauen gewöhnliche Briefe aus Meerane, Beilrode, Torgau, Falkenberg und Halle übergeben worden sind, die in die Westzonen gerichtet waren, aber die Militärzensur nicht passiert hatten. Der Kontrollof?zier Kapitän Gagarin beanstandete außerdem, dass die beiden Postbeamten je 3 Brote und 2 Flaschen Essig in ihren persönlichen Sachen hatten, was kein persönlicher Bedarf sei. Ein auf obengenannter Briefübergabe bezügliches Schreiben des für das Gebiet der OPD Leipzig zuständigen Postof?ziers Oberst Kropotschew lässt vermuten, dass die Zensur durch die Militärverwaltungen der einzelnen Länder in der sowjetischen Besatzungszone unterschiedlich gehandhabt wurde.

Die Postzensur verlängerte natürlich die Postlaufzeiten und führte zu manchen Beschwerden der Postkunden. Außerdem „verschwanden" mitunter Sendungen spurlos, d.h., es gab niemals Beschlagnahmeprotokolle oder ähnliches. Ein zufälligerweise aktenkundig gewordener Fall aus dem Zensurpostamt Chemnitz 4 soll das illustrieren. Am 29. Mai 1948 wurden in einem besonderen Raum des Postamts - wie bereits mehrfach vorher - durch die sowjetische Zensurbehörde stichprobenartige Kontrollen päckchenartiger Sendungen vorgenommen. Deutsche Mitarbeiter hatten dort keinen Zutritt. Dabei sind von 89 eingeschriebenen Sendungen fünf nicht zurückgegeben worden. Eine Postangestellte hatte vor der Kontrolle noch rasch die Einschreibenummern aller Sendungen notiert. Das Postamt teilt der OPD mit, dass bei solchen Kontrollen weder Mitteilung gegeben wird, ob aus den Sendungen ein Teil des Inhalts entnommen wurde, noch über die Beschlagnahme ganzer Sendungen. Die OPD weist in diesem Fall an, die übliche Entschädigung für in Verlust geratene Sendungen an die Empfänger zu zahlen.

Die sowjetische Postzensur wurde auch nach der Gründung der DDR fortgesetzt. Am 22. März 1950 erhielten sämtliche Postämter der OPD Leipzig nochmals eine detaillierte Aufstellung der zensurpflichtigen Sendungen. In den folgenden Jahren trat anstelle der sowjetischen Zensurmaßnahmen die nach der DDR-Verfassung illegale Briefpostkontrolle durch Mitarbeiter der Staatssicherheit in den Hauptpostämtern.

Die Broschüre (134 Seiten mit über 120 Abblildungen) kann beim Autor zum Preis von 9,80 € + 1,70 € Versandkosten bezogen werden: Friedrich H. Hofmann, Bärenackerweg 25, 08340 Schwarzenberg.

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