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Auf der Suche nach Fips

Eine liebevoll illustrierte Vorlesegeschichte in mehreren Kapiteln für Kinder ab 5

Fips ist verschwunden. Wo kann ein kleiner Mäusejunge wohl verlorengegangen sein. Seine Freunde machen sich auf die Such nach ihm und erleben dabei eine Menge Abenteuer.

 „Klamotten“, „Knast“ und „Hau den Lukas“

„Klamotten“, „Knast“ und „Hau den Lukas“

Friedrich Ekkehard Vollbach

Hebräische Wörter in unserer Sprache

Jüdische Münze aus Wikipedia, gemeinfrei
Jüdische Münze aus Wikipedia, gemeinfrei

Hals und Beinbruch" wünscht man noch heute einem Menschen, der sich auf ein Abenteuer einlässt.

(Der Aberglaube verbot es, gute Wünsche zu äußern, da durch sie die Aufmerksamkeit böser Geister geweckt würde. So wünschen sich Seeleute „Mast und Schotbruch" oder man macht sich Mut mit der Floskel „es wird schon schiefgehen".)

Doch der Wunsch „Hals und Beinbruch" hat im Grunde weder mit den Armen noch mit den Beinen zu tun. Die Juden wünschten sich zu besonderen Gelegenheiten „hazlacha we beracha", was korrekt übersetzt „Glück und Segen" heißt. Da die meisten Deutschen mit diesen hebräischen Wörtern nichts anfangen konnten, nahmen sie ähnlich klingende Wörter der eigenen Sprache und verballhornten so den hebräischen Segenswunsch zu „Hals und Beinbruch".

So gelangten auch Redewendungen in unsere Sprache wie

„Sauregurkenzeit" (zara = Sorge, jakerut = Teuerung), „unter aller Sau" (seah = das Maß), „eine Macke haben" (maka = Schlag, im Sinne von bekloppt), „Schmiere stehen" (sch`mira = Wache) oder „ohne Moos nichts los" (maot = kleine Münze).

Das über tausendjährige, oft sehr spannungsreiche Miteinander von Juden und Christen in unserem Lande hinterließ viele Spuren im Deutschen.

Über 1000 Wörter unserer Sprache haben ihren Ursprung im Hebräischen oder Jiddischen. Viele dieser Wörter gehören in die Bereiche des Handels und des Finanzwesens. Und das kam nicht von ungefähr.

Den Juden war es nämlich in Deutschland bis zum 18. Jahrhundert untersagt, Ackerland zu besitzen oder ein Zunfthandwerk (Zünfte waren christliche Vereinigungen) auszuüben. Um ihr Leben fristen zu können, blieben ihnen nur Handel und Geldgeschäfte. Viele Juden bestritten ihren Lebensunterhalt als Lumpensammler, Trödler oder Hausierer, nur wenige als Krämer oder gar Bankiers.

Jüdische Kleinhändler zogen über Land und versorgten die Dorfbewohner mit den notwendigsten Waren. Diese Händler waren in den Dörfern durchaus willkommen, konnten sie doch Neuigkeiten „aus aller Welt"quot; erzählen, eine angenehme Abwechslung für die Dörfler, da ja die meisten von ihnen ihr Leben lang nicht weiter als 20 km über ihr Dorf hinaus kamen.

Wörter wie „schachern" (sachar = handeln). „mogeln (maál = betrügen), „Tinnef" (tinuf = Dreck), „Pleite"(peletah = Bankrott), „Mammon"(mamon = Besitz) oder „Reibach" (räwach = Gewinn) werden in unserer Sprache noch heute gebraucht.

Judengasse in Köln  Bild: I, HOWI aus Wikipedia
Judengasse in Köln Bild: I, HOWI aus Wikipedia

Seit Beginn des 13. Jahrhunderts lebten die Juden in Deutschlands Städten weithin isoliert. Sie wohnten in eigenen Stadtvierteln oder Gassen (noch heute gibt es in manchen Städten die Bezeichnung „jüdisches Viertel", „Judenstraße" oder „Judengasse") und hatten mit der christlichen Bevölkerung wenig Kontakt, denn sie durften aus religiösen Gründen mit Christen nicht essen, trinken, feiern oder tanzen. Es war ihnen auch nicht erlaubt, Bäder und Wirtshäuser zu besuchen. Außerdem hatten sie sich in ihrer Kleidung von Nichtjuden zu unterscheiden. Es war ihnen untersagt, ohne festes Ziel durch die Straßen zu schlendern oder zu zweit spazieren zu gehen.

An christlichen Feiertagen oder beim Besuch eines Fürsten in der Stadt durften sie ihre Häuser nicht verlassen. Selbst die Höchstzahl ihrer Gäste bei Festen war ihnen vorgeschrieben ebenso, die Art der Speisen und Getränke.

Durch diese Isolation hatten die Juden keinen Anteil an der Weiterentwicklung der deutschen Sprache. Sie benutzten weiterhin das bis dahin übliche Mittelhochdeutsche, vermischten es mit hebräischen, polnischen und russischen Wörtern (70% der Wörter stammten aus dem Deutschen, 15% aus dem Hebräischen) und schufen so einen eigenen Sozialdialekt, das sog. Jiddische, das mit hebräischen Buchstaben von rechts nach links geschrieben wird.

„ Jiddisch" ist das jiddische Wort für jüdisch. In Deutschland nannte man das Jiddische noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts offiziell „Juden - Deutsch". Erst über das Amerikanische gelangte der Begriff Jiddisch in unsere Sprache.

Weltweit wird Jiddisch heute noch von etwa 3 Millionen Menschen gesprochen (vor dem 2. Weltkrieg von 12 Millionen!). Übrigens nahm Goethe als junger Mann Unterricht in dieser „teutsch - hebräischen Sprache".

Als Juden aus Osteuropa nach Berlin und Wien einwanderten, brachten sie ihre ostjiddische Muttersprache mit. Vor allem im Berliner Scheunenviertel lebten viele dieser sog. Ostjuden, aus deren Sprache zahlreiche Wörter in das Berlinerische einflossen, wie z. B.

auf den „Keks" gehen (gag = Dach, Kopf), jemanden „einseifen " (sewel = Kot = bescheißen), „malochen" (melakah = Arbeit), „ meschugge" (meschuga = verrückt), „Hau den Lukas" (luchot = Tafel), „dufte" (tow = gut) , „die Kluft" (k`lifa = Kleidung, Schale) oder „Stuss" (stuth = Dummheit).

Die unterste Schicht des Judentums waren die sog. Betteljuden. Sie wurden von Stadt zu Stadt und von Land zu Land verjagt und führten das gleiche unsichere und unstete Leben wie entlassene Soldaten, von ihrem Land vertriebene Bauern und flüchtige Diebe.

Und alle, die kein Heimat - und Bleiberecht hatten, galten als Diebe und Räuber. Für die meisten der Entwurzelten gab es keine Rückkehr in die etablierte Gesellschaft.

(Noch im Deutschland des 18. Jahrhunderts waren 10% der Bevölkerung arm und lebte weit unter dem notwenigen Lebensstandard. In Kriegszeiten waren 80% der Leute von Armut und Hunger bedroht.)

Der Hausierer, Gemälde von Hieronymus Bosch aus Wikipedia, gemeinfrei
Der Hausierer, Gemälde von Hieronymus Bosch aus Wikipedia, gemeinfrei

Im 12. Und 13. Jahrhundert entwickelten Söldner eine eigene Sprache, die dann von fahrenden Handwerksburschen, Landstreichern, Bettlern, Dieben und anderen sozial Ausgestoßenen übernommen und als „Rotwelsch"(welsch = fremd, die Herkunft von „rot" ist umstritten) fortentwickelt wurde.

Im Rotwelsch funktionierte man oft Wörter der deutschen Sprache um, so wird „schallen" zu sprechen, „fechten" zu betteln, „spachteln" zu esse oder „handeln" zu stehlen/ klauen.

Man übernahm Wörter aus Fremdsprachen (Hebräisch, Jiddisch, Italienisch, Romanes), z. B. aus dem Hebräischen: „Kaff" (kafar = Dorf), „Kaffer (Sesshafter) oder „schmusen" (schamo´a = Geschwätz).

So formte sich auf diese Weise eine Geheimsprache der sozialen Randgruppen, und weil es sich um eine „Gaunersprache" handelte, kamen viele Wörter dieser Sprache in unserem Alltag aus dem Bereich der Bettler, Gauner und Räuber.

Für die allgemeine Bürgerschaft und die Sesshaften waren Vaganten ein erheblicher Störfaktor. Mithin verfolgte man sie mit erheblichen Repressalien. Die Heimatlosen schützten sich dagegen auch durch ihre Geheimsprache, die nur ihnen verständlich war und ihren Zusammenhalt förderte.

Aus dieser Sprache stammen Wörter jiddischen Ursprungs wie:

„ vermasseln", „ schofel" handeln, „verschütt gehen", sich das „Geseire" anhören, aber auch:

der „Gauner", der „Ramsch", der „Brandbrief" oder der „Zoff".

(Im Internet findet man interessante Zusammenstellungen solcher Wörter und Redewendungen in unserer Sprache, die im Hebräischen ihre Wurzel haben.)

Auch durch Luthers Bibelübersetzung fanden viele hebräische Wörter Eingang in unsere Sprache. Man denke an Namen wie Maria, Achim, Johanna oder Michael, an Begriffe wie Schalom, Mammon, Sabbat, Hallelujah, Hosianna oder Jubel, an Ortsnamen wie Samaria (Samariter), Golgatha, Sodom und Gomorrha, Eden, Babel und schließlich an Redewendungen wie in Abrahams Schoß, auf Adlers Flügeln oder die Hiobsbotschaft.

 

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