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Frank Meyer

Es war mir ehrlich gesagt völlig egal

 „Ich ging zur Beerdigung. Denn immerhin war ich es ja, der ihn erschlagen hatte.“

Sie schlagen sich so durch — die Jungs in Frank Meyers Geschichten. Dabei lassen sie sich von weiblichen Hosenanzügen beirren, stellen ihre grenzenlose Coolness beim Moped-Trinken unter Beweis und sorgen dafür, dass der Großvater fast die Sportschau verpasst.

Mobutu - oder: Der Diktator und der Kaisersohn

Mobutu - oder: Der Diktator und der Kaisersohn

Dr. Peter Gutjahr-Löser

Franz Josef Strauß (*6. September 1915 in München, t 3. Oktober 1988 in Regensburg)

Der Politiker war von 1961 bis zu seinem Tode Vorsitzender der CSU, der „bayrischen Schwesterpartei" der CDU. Er war viele Jahre Bundesminister (z. B. Verteidigungsminister und Finanzminister), als die Bundesregierung ihren Sitz noch in Bonn hatte. Bei seinem Versuch, Bundeskanzler zu werden, unterlag er in der Bundestagswahl dem Hamburger Helmut Schmidt. Strauß zog sich daraufhin nach Bayern zurück, wo er das Amt des Ministerpräsidenten bekleidete. Seine Rednergabe faszinierte viele Zeitgenossen, sorgte aber auch dafür, dass seine politischen Gegner ihn leidenschaftlich ablehnten. Sein großes Steckenpferd war die Außenpolitik. Da ihm aber seine Ämter keine Gelegenheit gaben, sich auf diesem Gebiet zu betätigen, knüpfte er auf eigene Faust internationale Beziehungen an.

Mobutu Sese Seko (* 14. Oktober 1930, t 7. September 1997)

Der Diktator war ein häufiger ausländischer Gesprächspartner von Strauß. Er hatte sich im Jahre 1965 durch einen Staatsstreich zum Präsidenten des aus der belgischen Kolonie „Kongo" hervorgegangenen afrikanischen Staates „Zaire" (heute: „Demokratische Republik Kongo") gemacht. 1997 wurde seine korrupte Diktatur durch eine Revolution beendet. Mobutu floh nach Marokko, wo er kurze Zeit später starb.

Franz Josef Strauß 1983
Franz Josef Strauß 1983

„Kommen Sie doch heute nach Wildbad Kreuth. Strauß gibt dort einen großen Empfang für Mobuto. Das ganze bayerische Kabinett wird teilnehmen: Außerdem werden Wirtschaftsgrößen aus dem ganzen Land kommen."- So sprach mich eines Tages der Leiter des Institutes für Internationale Beziehungen der Hanns- Seidel-Stiftung, Rainer Gepperth, jovial im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes der Stiftung in München an. Ich meinte, dass ich die Gelegenheit nutzen sollte, Beziehungen anzuknüpfen oder zu festigen, und fuhr am Nachmittag bei klirrender Kälte in die Berge.

In der offenen Halle vor dem alten Speisesaal eine Blaskapelle, die beim Eintreffen von Mobutu und Strauß die Nationalhymnen spielen soll. Im prächtigen Saal des ehemaligen Sanatoriums eine größere Zahl Gäste. Zu meiner Überraschung aber vor allem Handwerker, Hoteliers und Geschäftsleute aus dem Tegernseer Tal. Prominent allenfalls der Bürgermeister von Kreuth, Maier, und der Leiter des Institutes für Auswärtige Politik. Das war noch vor seiner „Einbürgerung" in Bayern, die ihm einen Sitz im Europäischen Parlament ermöglichte, Otto von Habsburg. Er war dazu bestimmt, Mobutu offiziell zu begrüßen.

Die Zeit verstrich und die zairische Delegation erschien nicht. Der Geschäftsführer der Stiftung, Siegfried Lengl, ließ den Musikern immer wieder eine Runde Schnaps bringen, damit sie ausharrten.Otto von Habsburg sah man an, wie er sich ärgerte: Er wurde immer krummer und stapfte mit auf dem Rücken gefalteten Händen den großen Saal hinauf und hinunter. Als wir bereits fast zwei Stunden gewartet hatten, sprach ich ihn an: „Herr Dr. von Habsburg, Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige, nicht der Diktatoren!" - Mit einem Ruck stand der Kaisersohn wieder kerzengerade und schmunzelte mir zu.

Endlich wurde es draußen laut. Wir konnten zwar durch die Milchglasscheiben das Geschehen nicht beobachten. Aber die Musiker machten offenbar Anstalten, zu den Instrumenten zu greifen. Und tatsächlich erklang eine uns fremde Melodie. Aber auch das Deutschlandlied und die einheimische Hymne „Gott mit Dir, Du Land der Bayern" waren nur noch mit gutem Willen zu erkennen. Kälte und Schnaps hatten ihre Wirkung getan!

Mobutu Sese Seko mit Leopardenfellmütze
Mobutu Sese Seko mit Leopardenfellmütze

Die mittlere Tür des Saales öffnete sich und zwei wild um sich blickende Schwarze musterten uns sorgfältig. Als sie sich von unserer Harmlosigkeit überzeugt hatten, warfen sie sich in die zwei einzigen Sessel im Saal und schliefen auf der Stelle fest ein.

Herein kam nun der „Bürgerpräsident Mobutu Sese Seko"( der Name bedeutet angeblich „Der Hahn, der jede Henne tritt") mit einem Leopardenumhang, der dazu passenden Mütze und einem Fliegenwedel, den er zur Begrüßung schwenkte. Dann quoll die sechzigköpfige Delegation in den Saal: Seine vier Frauen, darunter zwei Weiße mit Säuglingen auf dem Arm, seine gesamte Regierung, aber auch die Häupter einer möglichen Opposition, damit sie die Reise des Diktators nicht zu einem Putsch nutzen konnten.

Strauß hatte inzwischen das Haus durch einen anderen Eingang betreten und kam seinem Freund entgegen. Mobutu und seine Frauen postierten sich und es begann ein Vorstellungsdefilee, das so spontan und schlecht vorbereitet war, wie alles, was das Institut für Internationale Beziehungen anrührte. Ich hatte mich an ein Fenster gelehnt und beobachtete das Spektakel amüsiert, indem ich mir vorstellte, mit welchen erfundenen Ämtern Gepperth wohl seine Handwerksburschen präsentierte.

Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit Otto, Kaiserlicher Prinz, Erzherzog von Österreich, Königlicher Prinz von Ungarn, kurz:Otto von Habsburg
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit Otto, Kaiserlicher Prinz, Erzherzog von Österreich, Königlicher Prinz von Ungarn, kurz:Otto von Habsburg

Plötzlich stand Otto von Habnsburg vor mir und redete mich - wie immer - mit dem mir nicht zustehenden Titel an: „Herr Professor! Hat man Sie dem Mohren schon vorgestellt?" - Er führte mich zu der Hauptfrau, die mir blasiert von oben herab die Hand reichte, und dann zu dem Diktator selbst. Dabei erklärte er, ich sei der „Chef de la Recherche", was bei Mobutu den Eindruck ausgelöst haben dürfte, ich sei der bayrische Geheimdienstchef - eine köstliche Vorstellung!

Beim anschließenden Essen waren wir platziert worden: D. h. an jedem Sechsertisch saßen drei Mitglieder der zairischen Delegation und drei Einheimische. Nach der Suppe erhob sich Strauß und begrüßte die Gäste: „In Zaire ist es üblich, den ersten Schluck der Getränke bei einem Festessen den Ahnen zu opfern und ihn dazu auf den Boden zu gießen. Hier haben wir einen Teppichboden. Ich gieße also meinen ersten Schluck Bier auf den Teller...". - Da die Afrikaner keine europäische Sprache beherrschten und es sich umgekehrt genau so verhielt, war die Unterhaltung bei Tisch gespalten: Jede Gruppe redete nur mit sich.

Plötzlich beugte sich Bürgermeister Maier zu mir herüber und fragte: „Du, wo ist denn jetzt der Strauß?" - Ich blickte zum Präsidententisch: Tatsächlich, auf dem Platz von Strauß saß Umweltminister Max Streibl. „Keine Ahnung!", erwiderte ich, „der wird jetzt vom Streibl ersetzt!" „Vom Sreibl? - Der Strauß? - Der Streibl ersetzt an Strauß net! Der net!" war die bündige Antwort des Kreuther Gemeindeoberhauptes. (Ob er geahnt hat, dass die Gefahr, der eingebildete und wenig intelligente Streibl könnte Strauß im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten eines Tages beerben, tatsächlich bestand? - Maier hat dies nicht mehr erlebt. Wie man der Boulevard-Presse ein Jahr später entnehmen konnte, ist er bei einem Bordell-Besuch in München einem Herzschlag erlegen.)

Mit einem Mal stand die dicke Hauptfrau auf. Daraufhin erhob sich auch der Diktator und sofort verließ mit ihm sein gesamtes Gefolge den Speisesaal. Sie hatten ihre Zimmer im Obergeschoss des Hauses. Und so waren wir Schwarzen unter uns und es wurde noch ein lautes, lustiges Fest, zumal der Geschäftsführer, um Wartezeit und geringe Gesprächsmöglichkeiten vergessen zu machen, die besseren Alkoholika aus dem Keller bringen ließ.

Alle Bilder sind gemeinfrei, aus Wikipedia entnommen.
Das Cover des Buches
Das Cover des Buches

Peter Gutjahr-Löser, „Können Sie folgen?" , Leipzig 2005, 114 Seiten, 14 €, ISBN 3-86583-040-4

Aus dem Vorwort:

Als Schüler träumte ich davon, ein politisches Kabarett zu gründen...Ich sah mich (in Bonn) nach Räumen um. Als Namen hatte ich vorgesehen: „Die Bonnierten - das profisorische Bundeskabarett"... Für den erforderlichen Umbau konnte ich allerdings keine Finanzierung auftreiben, so dass ich den Plan fallen lassen musste ....

Das hielt mich aber nicht ab, meiner satirischen Ader ziemlich freien Lauf zu lassen. Oft war mir eine boshafte Bemerkung wichtiger als diplomatische Rücksicht auf meine eigenen Interessen...

Vielleicht schlug auch die sächsische Abstammung bei mir durch, deren spezifischer Humor in dem „Um-die-Ecke-Denken" eines Karl Valentin - sein Vater war ja, was viele nicht wissen, aus Dresden und später nach München übergesiedelt - seine besondere Ausprägung gefunden hat.

Der folgende Witz scheint typisch für diese Art des sächsischen Denkens zu sein: "Können Sie mir bitte sagen, wo die Bornaische Straße ist?" -  "Bornaische Straße...Bornaische Straße...Wartn se mal - nee, des weeß'ch leider nich. Dut mir leid." - "Na, Danke schön jedenfalls." - "Sie, Sie meenen doch nich etwa die Pirnaische Straße?" - "Nein, nein die Bornaische Straße." - "Nu, Gott sei Dank! Die Pirnaische Straße weeß'ch nämlich ooch nich."

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