Luise,
geb. 2.
September 1870, stammte
aus der toskanischen
Linie der Habsburger. Sie war eine attraktive junge Frau, intelligent
und in ihrer Zeit gebildet. Sie liebte die schönen Künste. Deshalb
war sie eine begehrte Partie auf dem Heiratsmarkt des europäischen
Hochadels. Sie schlug mehrere Anträge aus und entschied sich für
Friedrich August Prinz von Sachsen, den sie 1891 heiratete. Es war
absehbar, dass er den Königsthron in Sachsen erben würde. Sie
erfüllte ihre Pflicht, gesunde Kinder zu gebären; der erste Sohn
Georg wird 1893 geboren. Aus der Ehe gingen drei Söhne und vier
Töchter hervor, davon eine Totgeburt. Vergleiche http://www.sachsen-lese.de/redaxo/index.php?page=c.
Die unkonventionelle, lebenslustige und eigensinnige, auch egozentrische Luise geriet schnell mit ihrem Schwiegervater Georg, dem „Griesgrämigen“, und seinem klerikalen und bigotten Hofstaat in Kollision. Intrigen machten ihr das Leben am Hof schwer. Ihr Ehemann hielt sich heraus, er schützte sie nicht. Wenn die Spannungen zu groß wurden, verschwand er vom Hof, ging zur Jagd oder anderen Passionen nach. Ein Ehedrama nahm seinen Lauf. Auf königlichen Befehl wurde Luise geheimpolizeilich überwacht. Aus einem abgefangenen Brief ging hervor, dass sie eine Affäre mit dem Sprachlehrer ihrer Kinder André Giron hatte, sie hatte sich in ihn verliebt. Sie war mit dem 7. Kind schwanger, als sie mit Giron die Flucht antrat. Beide flohen im Dezember 1902 in die Schweiz. So wurde das sächsische Ehedrama zum ersten Skandal des deutschen Hochadels im 20. Jahrhundert.
Das Königshaus reagierte
konsequent und leitete umgehend durch ein Sondergericht die
Ehescheidung ein. Friedrich August verfiel in Lethargie, was ihm
nicht unbedingt als Mangel an Emotion und Empathie ausgelegt werden
sollte. Denn am Totenbett seines Vaters musste er versprechen, Luise
nie wieder am Hof in Dresden aufzunehmen. Traute König Georg seinem
Sohn zu, dies zu tun?
Nachdem der Papst der
Scheidung zugestimmt hatte, alle Mitglieder des Königshauses waren
Katholiken, und Luise auf ihre Rechtsstellung als Mitglied des
sächsischen Königshauses verzichtet hatte, wurde am 11. Februar
1903 die Ehe geschieden. Luise erhielt den Titel einer „Gräfin von
Montignoso“, musste sich aber verpflichten, das Land Sachsen nie
wieder zu betreten und dem Vater der Kinder das alleinige Recht der
Erziehung der Kinder zu überlassen.
Kaiser Franz Joseph in Wien diktierte in einem Schreiben vom 20. Januar 1903 über die Suspendierung von Luise: „Streichung der Gemahlin Seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen von Sachsen aus dem genealogischen Verzeichnisse der Mitglieder Meines Hauses“. Die habsburgische Familie hatte Luise verstoßen.
Jedoch stand nicht fest, wer der Vater des ungeborenen Kindes war. Luise brachte die Tochter Anna Monika Pia am 4. Mai 1903 in Lindau zur Welt. Da offenbar Friedrich August in der Zeit der Zeugung des Kindes seine ehelichen Pflichten ausgeübt hatte, schickte der sächsische Hof den Direktor der Dresdner Geburtsklinik, Dr. Leopold, nach Lindau. Dieser vermaß das kleine Mädchen und verglich markante Äußerlichkeiten mit dem Kronprinzen Friedrich August, zum Beispiel stimmten überein die helle Farbe der Augen und der Haare sowie das ganze Aussehen. Daraus schloss Dr. Leopold, das Aussehen des Kindes deutet ausgesprochen auf Kronprinz Friedrich August als Vater hin. Der Arzt lehnte aber die Erstellung eines Sachgutachtens, das er beeiden sollte, ab. Der sächsische Kronprinz erkannte das Mädchen als seine Tochter Prinzessin Anna Monika Pia an.
Die Liaison mit dem Sprachlehrer Giron war schon in der Schweiz zu Ende gegangen, die Gründe dafür sind unbekannt. Luise lebte zunächst auf Schloss Ramo bei Lyon, wechselte dann aber die Schlösser und ihre Wohnorte. Kurz vor Weihnachten 1904 versuchte sie, in das Dresdner Taschenbergpalais zu gelangen, sie wollte ihre Kinder wiedersehen. Sie war dabei in Begleitung ihres neuen Liebhabers, Conte Carlo Guiccardi, der lebte zwar von seiner Frau getrennt, war aber noch verheiratet. Beide wurden von der Polizei abgefangen und sofort rabiat außer Landes gebracht.
Nun wollte man die zweijährige Prinzessin Anna Monika Pia an den Hof nach Dresden bringen. Die Mutter sträubte sich. Für eine Erhöhung der Leibrente, die Friedrich August aus eigener Tasche zahlte, von 30 000 Mark auf 40 000 Mark, willigte Luise schließlich ein, zögerte aber die Übergabe der Tochter bis 1907 hinaus. Das ist auch der Grund, weshalb auf vielen Abbildungen der königlichen Familie die kleinste Prinzessin fehlt und nur fünf Geschwister zu sehen sind.
1907 heiratete Luise den zwölf Jahre jüngeren Komponisten Enrico Toselli. Wieder ein Skandal: Die Wiederverheiratung einer geschiedenen Katholikin! 1908 gebar sie den Sohn, Carlo Emmanuele Filiberto Toselli. Nun holte ihr erster Ehemann Prizessin Anna Monika Pia endgültig zu sich. Bereits 1908 war die Ehe mit Toselli gescheitert, 1912 wurde die Ehe geschieden. Den gemeinsamen Sohn ließ Luise wiederum beim Vater.
Luise hing zeitlebens ihren Illusionen nach und stürzte sich von einer Liebesaffäre in die andere. In ihren 1911 in London veröffentlichten Memoiren schrieb sie: „ Wie es scheint, sind wir in bestimmten Lebenskrisen von ungewöhnlichen, in uns schlummernden Mächten eingenommen, die vorübergehend neurotische Störungen hervorrufen, unter deren Einfluss wir spontane Handlungen setzen, die häufig lebenslange Auswirkungen mit sich bringen.“
Im gleichen Buch schildert sie den inzwischen entthronten König als gutmütigen, einfältigen und langweiligen Ehemann. Sie klagte über die Härte ihres Schicksals und hielt sich für unschuldig. Keinen Gedanken verwandte sie daran, dass sie die Weichen für ihr Leben gestellt hatte.
Fortan nannte Luise sich
Antoinette Maria Comtesse d’Ysette. Sie zog erst zu ihrem Onkel
Ludwig Salvator nach Mallorca, der auch ein „Aussteiger“ war,
ging dann aber endgültig nach Brüssel, wo sie dank der großzügigen
Leibrente ihres ersten Ehemannes vorerst sorgenfrei in einem Vorort
Ixelles lebte. Als die Deutschen im 2. Weltkrieg Belgien besetzten,
stoppten sie den Fluss der Gelder aus Dresden. Luise verarmte
schnell, sie versuchte als Blumenverkäuferin einigermaßen zu
überleben.
Die ehemalige Kronprinzessin starb im Alter von 77 Jahren am 23. März 1947 verarmt, vereinsamt und völlig verwahrlost in einem einfachen Hotel in Brüssel.
Erst dann erbarmte sich ihre Tochter, die mit einem Hohenzollern verheiratet war, und holte die Urne der Mutter in das Kloster Hedingen in Sigmaringen, der Grablege der Fürsten von Hohenzollern. Hier ist Luise in einem Urnengrab beigesetzt. Ihr Nachlass befindet sich im Hauptstaatsarchiv Dresden.
Bildnachweis
Kopfbild und Abb.1: Wikimedia Commons, gemeinfrei
Abb. 2 und 3: Sammlung U. Brekle
Literatur
Luise von Toskana: Mein Leben. Dresden 1991.
Fellmann, Walter: Sachsens letzter König Friedrich August III. Berlin, Leipzig 1992.
Dresdner Geschichtsverein e.V. (Hrg.): Das „Rote Königreich“ und sein Monarch. Dresdner Hefte, 22. Jahrgang, Heft 80.