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Luther im Himmel

Das jünste Gericht

Christoph Werner

Der große Reformator steht vor dem jüngsten Gericht; er ist angeklagt, auf Erden wahrhaft unchristlich gehandelt zu haben, da er Hexen, Juden und andere Gegner zu ersäufen oder zu pfählen empfahl. Nun muss er sich vor Gott rechtfertigen, warum er gegen das biblische Gebot der Nächstenliebe verstoßen habe.

Napoleon in Battaune?

Napoleon in Battaune?

Dipl.-Päd. Ursula Brekle

Napoleon Bonaparte zu Pferde
Napoleon Bonaparte zu Pferde

Das kleine Dorf Battaune liegt etwas abseits zwischen Mockrehna und Sprotta und war umgeben von Sümpfen. Das Gasthaus ist alt, lange wurde hier der Napoleontisch gezeigt, aber Anfang des 20.Jh. brannte es aus und dann gab es den Napoleontisch nicht mehr. Die Begebenheit, die hier von A. Reulecke erzählt wird, erschien 1932 im Heimatkalender der Kreise Delitzsch und Bitterfeld.

Die Nachfahren der im Bericht genannten Bauern leben heute noch im Dorf. Im Quittungsbuch des Dorfschulzen ist nachweisbar, dass Battaune 1813 an die Franzosen Mehl nach Bad Düben, Heu und Stroh nach Leipzig und Kühe abliefern musste.

Aber war Napoleon Bonaparte wirklich in Battaune?

Historisch belegbar sind folgende Aufenthaltsorte Napoleons: Bad Düben, die Witrow-Höhe bei Paschwitz und Kültzschau, heute Eilenburg-Ost. Belegt ist auch, französische Truppen marschierten von Torgau und Wurzen durch die Dörfer, durch Mockrehna, Doberschütz, Pristäblich und Mensdorf, heute Mörtitz. Und - ein kurzer alter Weg führte durch die Wälder von Mockrehna über Battaune nach Kültzschau. Also ist nicht auszuschließen, Napoleon könnte diesen Weg genommen haben, denn er verfügte über beste Landkarten und hatte Männer um sich mit hervorragend guten topographischen Kenntnissen. Aber vielleicht gehört der Bericht zu den Legenden, wie sie in vielen Dörfern erzählt werden. Dann kämen die Schlussfolgerungen des Verfassers der Wahrheit nahe. 

Der Bauernhof der Familie Jentsch in Battaune etwa 1930
Der Bauernhof der Familie Jentsch in Battaune etwa 1930

Gegen Mittag des 9. Qktober 1813, eines zwar trüben und kühlen, jedoch trockenen Herbsttages, saßen im Gastzimmer der Dorfschenke zu Battaune bekanntlich einem abseits von der Heerstraße in der Dübener Heide gelegenen Walddorfe, mehrere Bewohner des Ortes um den runden Stammtisch herum bei einer Stange wohlschmeckenden Eilenburger Braunbiers, das man durch Hinzufügen eines kleinen Nordhäusers ein wenig verstärkt hatte.

Einer im grünen Jägerrock mit dem Hirschfänger an der Seite, machte sich leicht als der im Dorfe ansässige königlich sächsischer Förster kenntlich. Die anderen waren größere Bauern, so Bauer Jentsch als Dorfschulze, Bauer Christoph Graß, Bauer Gottfried Peterfohn. Sie schmauchten alle derb aus ihren kurzen Tabakspfeifen und erfüllten mdas niedrige Zimmer von Minute zu Minute mehr mit einem nicht gerade angenehm duftenden Qualm.

Der Förster, ein Mann in mittleren Jahren, führte das Wort. Er war vor kurzem in Doberschütz gewesen, das eben von russischen Quartiergästen verlassen worden war, weil von Eilenburg her Franzosen im Anzuge sein sollten. Auch Battaune hatte ja bereits russischen Besuch gehabt, aber nur vorübergehend, durch einen Kosakenpulk, der am Tage zuvor eine etwas gewaltsame Requisition (Beschlagnahme) im Dorfe ausgeführt und bald darauf mit nicht gerade übermäßiger Beute wieder abgezogen war. ,,'s is schlimm," belehrte der Förster eben, "in und um Mockrehne steht der russische General Socken von der schlesischen Armee ganz isoliert. Hat noch nicht mal genügend Kavallerie bei sich, weil er die zum größten Teile auf Schilde geschickt hat. Und nu is der Boneparte mit einer großen Macht von Dresden her über Wurzen in Eilenburg angekommen un rückt gegen den Socken vor. Da wär's nich unmöglich, dass es hier bei uns, ganz in der Nähe, zu 'ner Schlacht käme. Vielleicht kriegen wir hier gar den Napoleon selber zu Gesichte."

Gasthof in Battaune. Foto: um 1930
Gasthof in Battaune. Foto: um 1930

Kaum hatte er's gesagt, so wurde draußen Pferdegetrappel vernehmbar. Gleich darauf hielt ein Trupp von etwa 12 bis 15 bewaffneten Reitern, jeder in dunkelgrünem Waffenrocke, vor dem Hause. Die Bauern und der Förster machten lange Hälse. Der letztere, schier erschrocken, brachte halblaut raunend hervor:

„Da hammersch! Franzmänner! Chasseurs! Vielleicht is ers schon selber, der Boneparte."

Im Unsehen waren die Reiter draußen von den Pferden. Die Haus- und Zimmertür wurden geräuschvoll geöffnet, und sporen- und säbelklirrend kamen die Reiter hereingepoltert. Von der Küche her stürzte alsbald die mit ansehnlicher Körperfülle begabte Wirtsfrau herbei, hinter ihr ward. dass schlanke, achtzehn jährige Wirtstöchterlein sichtbar, das freilich beim Anblicke der vielen martialischen Reitersleute verschüchtert im Türrahmen stehen blieb und schnell genug wieder verschwand.

,,Sin ihr ebbes de Wirtsfrau?", herrschte alsbald einer von den Vorderen der Eindringlinge die Gastwirtin in unverfälschter Elsässer Mundart an, während ein anderer, ein etwas älterer Mann von kleiner, gedrungener Figur und bartlos, mit stark hervortretender Nase in dem etwas gelblichen Gesichte, sich an einen der Seitentische begab, eine Karte hervorholte und diese auf dem Tische ausbreitete.

Auf die mühsam hervorgebrachte bejahende Antwort der augenscheinlich sehr angstbetörten Wirtin erfolgte die kurze Forderung: »Wer welle ebbes ze fresse, Brot, Würscht, Schinke, Käs un Eierspeis. Tragt auf! Awer g'schwind! Mer könne nit lang warte. Un wo is der Maire, der Schulz vom Ort?«

„Hier sitzt er," mischte sich, während die Frau enteilte, der Förster ein, dem das wilde Gebahren der fremden Reitersleute doch eine zeitlang die Rede verschlagen und förmlich den Atem versetzt hatte, so dass ihm schier die Pfeife ausgegangen, und zeigte auf den Großbauer Jentsch, der auch, gleichwie die beiden anderen Bauersleute, zu qualmen aufgehört und die bereites im Erkalten  begriffene Pfeife leicht an die Brust gedrückt hielt.

Und nun hub das übliche Feilschen an. Während alle anderen Reitersrnänner an den noch unbesetzten Tischen umher Platz nahmen, war der Elsässer zu den Stammtischgästen herangetreten und begann seine Forderungen zu stellen.

War er's oder war er's nicht?  Abb. aus dem Heimatkalender 1932.
War er's oder war er's nicht? Abb. aus dem Heimatkalender 1932.

Wie dies bei all solchen Requisitionen der Fall war, begegnete er zuerst starker Abneigung, auch nur das geringste herzugeben, geschweige denn mehrere Wagen voll Hafer , Heu und Stroh zu liefern. Bis auf einmal sich der schlaue Elsässer, der sich wohl vorher mit den anderen Reitern verabredet, zu den wackeren Dorfbewohnern nieder beugte, mit denen die Köpfe zusammensteckte und den aufhorchenden Männern zuflüsterte:

,,Wellet ihr alleweil eich lumpe lasse vor dem große Herre da driewe?"

Er blinkte mit zusammengedrückten Äuglein zu dem kleinen Manne im gelben Gesichte mit der vorspringenden Habichtsnase hinüber, der am Seitentische Platz genommen und noch immer über seine Karte gebeugt saß. Neben dem stand jetzt, gleichfalls über die Karte gelehnt, ein anderer der Franzmänner, der wahrscheinlich von dem Kleinen herbeigewinkt worden war und, nach seiner feineren Montur zu urteilen, ein Offizier sein mochte. Beide fuhren mit dem Finger über die Karte hin und tauschten leise Bemerkungen miteinander.

Die Bauersleute machten große Augen, und auch der Förster schielte hinüber. Der, ganz erfüllt von der Gewißheit, dass sie hier ein für das Dorf großes Ereignis vollziehe, stellte mit noch leiserer Stimme, als die Rede des Elsässers geklungen, die Gegenfrage:

„Wer ist's?"

„Solche Frag': Hat'r nit sei Konterfei tausendfach gesiche uff Münze und Bildere?"

Eine Weile ward's still am Stammtische . Man hörte nur das allerdings recht laute Geschnatter der Franzmänner umher. Endlich drang wie ein Hauch an das Ohr des Elsässers die Frage:

„Der Kaisers?"

Ganz unmerklich nickte der Gefragte Wieder eine Pause. Dann die erneute, kaum gehauchte Frage:

„Was sollte ihn daher führen zu uns?

„Ebbes e Schlachtplan in der Still."

Das stimmte ja ganz mit den erst vor kurzem noch zum Ausdruck gebrachten Ansichten des Försters. Die Folge zunächst ehrfürchtiges Staunen und dann - nach dem alsbaldigen Wiederbeginn der Verhandlungen über Natural lieferungen - ein zwar noch zögerndes Entgegenkommen seitens der Bauersleute, aber keine erhebliche Widerrede mehr.
Trefflich verpflegt und mit reicher, auf zwei starken Bauernwagen verstauter Beute verließen die gerissenen Franzmänner nach eineinhalbstündigem Aufenthalte Battaune in der Richtung auf Doberschütz zu, wo sie zusammen mit württembergischen Dragonern Biwak bezogen hatten.
Sie waren noch nicht zum Dorfe hinaus, da richtete der Förster an die körperlich so wohlausgestattete Wirtsfrau, die nebst ihrem Töchterlein beschäftigt war, die wenigen, von den Franzosen zurückgelassenen Speisereste abzuräumen, die ernste Mahnung:

„Den Tisch da, woran der Napoleon gesessen und seinen Schlachtplan entworfen hat, bewahrt wohl auf. Für unser Dorf is das 'ne Reliquie."

Die Frau hat nach diesen Worten getan. Noch heute zeigt man im Battauner Gasthofe den Napoleontisch. Der wirkliche Naipoleon aber hielt sich um die gleiche Zeit, als der falsche in Battaune seinen Schlachtplan entwarf, bei Kültzschau auf, wo er kurz vorher eine Heerschau über die sächsischen Hilfstruppen abgehalten hatte.

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