Des Königs ausgesprochene sächsische Mundart, seine Unbeholfenheit im Wesen und die Art Fragen zu stellen und Bemerkungen zu machen, stießen nicht nur beim preußischen Reichskanzler Bernhard von Bülow auf unwillige Verwunderung. Völlig anders reagierten die Sachsen: Sie empfanden mit dem Schriftsteller Hans Reimann „dn Geenisch“ als „Inkarnation des Sachsentums“. Die Bevölkerung brachte ein großes Maß an Zuneigung und Sympathie ihrem König, Friedrich August III., entgegen. „Dr Geenisch“ war die Inkarnation charakteristischer „sächsischer Empfindsamkeit“. Diese Zuneigung hat sich bei vielen sächsischen Bürgern bis heute erhalten. Übrigens: Auch die Abneigung der Wettiner gegen die preußischen Hohenzollern hallt in Sachsen nach.
Friedrich August heiratete 1891 die habsburgische Großherzogin Luise von Österreich-Toskana. Damals war absehbar, dass Friedrich August den Königsthron erben würde. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor; der erste Sohn Georg wurde 1893 geboren. Dessen tragisches Schicksal wird in einem eigenen Beitrag beschrieben. Die unkonventionelle,lebenslustige und egozentrische Luise geriet schnell mit ihrem Schwiegervater Georg, dem „Griesgrämigen“, und seinem bigotten Hofstaat in Kollision. Intrigen machten ihr das Leben am Hofe schwer. Der Ehemann hielt sich heraus, stützte sie nicht. Sie sah später keinen anderen Ausweg als sich mit dem Sprachlehrer ihrer Kinder, mit dem sie nachweislich in Dresden eine Affäre hatte, zunächst in die Schweiz abzusetzen. Sie war mit dem 7. Kind schwanger. Ihr Schicksal wird in einem eigenen Beitrag skizziert werden. Vergleiche dazu http://www.sachsen-lese.de/index.php?article_id=54.
Die Ehe mit dem Kronprinzen wurde geschieden. Fortan widmete sich Friedrich August als alleinerziehender Vater fürsorglich der Erziehung seiner Kinder.
In
seiner Regierungszeit (1904-1918) bekannte Friedrich August „...die
Armee... war meine große Liebe“. Er liebte Uniformen und
Militärmusik. Viel Zeit widmete er den Protokollpflichten und
Ordensverleihungen und der Nobilitation. Unermüdlich reiste er
ständig in Sachsen umher, um sich „vor Ort“ ein Bild zu machen.
Um seine Begegnungen mit den „Landeskindern“ ranken sich viele
Anekdoten. Regierungserfolge konnte er nicht erzielen, ein großer
Staatsmann war er nicht, er hielt sich auch nicht dafür. Nach 14
Jahren Regentschaft musste Friedrich August 1918 wie alle anderen
Regenten in Deutschland im Sog der Kriegsniederlage und
Revolution abdanken. Die Herrschaft der Wettiner ging nach 829 Jahren zu
Ende, ausgerechnet der populärste Sachsenkönig musste die Ära
beenden.
War das nur ein Zufall?
Der
erste Sohn des letzten Königs, Georg Prinz von Sachsen,
intellektuell hochbegabt und von starker persönlicher
Ausstrahlungskraft, hatte vor seinem mysteriösen Tod im Groß
Glienicker See auffallend viele Kontakte zu Widerständlern des 20.
Juli 1944 – vergleiche dazu
Der erste Sohn des letzten Königs, Georg Prinz von Sachsen, intellektuell hochbegabt und von starker persönlicher Ausstrahlungskraft, hatte vor seinem mysteriösen Tod im Groß Glienicker See auffallend viele Kontakte zu Widerständlern des 20. Juli 1944 - vergleiche dazu http://www.sachsen-lese.de/index.php?article_id=54.
Der dritte Sohn des letzten Königs, Ernst Heinrich Prinz von Sachsen, war als Mitglied des „Stahlhelms“ am Tage des sogenannten Röhm-Putsches von der SS verhaftet worden und im Konzentrationslager Hohenstein interniert. Die SS stellte ihn vor ein feuerbereites Exekutionskommando an die Wand, initiierte eine Scheinhinrichtung. Aber noch scheuten die Machthaber davor zurück, Mitglieder eines ehemaligen Königshauses anzutasten. Nach fünf qualvollen Tagen wurde der Prinz entlassen. Als er nach dem Tod seines ältesten Bruders 1943, P. Georg von Sachsen S. J., öffentlich einen Unfall-Tod bezweifelte und eher an einen verdeckten Mord glaubte, wurde er erneut inhaftiert und von der Gestapo vernommen. Wieder ließ man ihn frei.
Der zweite Sohn des letzten
Königs, Friedrich
Christian Prinz von Sachsen Markgraf
von Meißen, war seit dem Tod seines Vaters 1932 bis 1963 Chef
der
albertinischen Linie des
Hauses Wettin.
Sein Sohn, Maria
Emanuel Prinz von Sachsen, (später
Chef des Hauses Wettin
von 1963 bis 2012) lebte
1943 in einem Internat.
Die Gestapo fing einen Brief ab, in dem er gegen das NS-Regime mit
deutlichen Worten Stellung bezog.
Er wurde inhaftiert und
wegen Wehrkraftzersetzung und Rundfunkverbrechen angeklagt. Kurz vor
Eröffnung des Prozesses kam der zuständige und
berüchtigte Richter
Roland Freisler im Bombenhagel um. Der in Berlin gut vernetzte Vater
Friedrich Christian
schaffte es, dass die Anklage auf ein Jugendvergehen abgemildert
werden konnte, andernfalls hätte Maria Emanuel die Todesstrafe
gedroht. Erst die einrückende sowjetische Armee befreite
in Potsdam den politischen Häftling Maria Emanuel Prinz von Sachsen.
Fazit: Die Wettiner lehnten die Nationalsozialisten und deren Ideologie ab. Jedoch ist das Verhältnis der Wettiner zum Nationalsozialismus noch nicht in vollem Umfang wissenschaftlich erschlossen.
Im
Jahre 2002 startete der Mitteldeutsche Rundfunk eine Umfrage.
Ergebnis: 60% der
befragten Bürger in Sachsen konnten sich durchaus wieder ein
Königreich vorstellen – mit einem Wettiner an der Spitze. Das war
kein Kompliment für den Freistaat Sachsen, aber ein großes
Kompliment an die Wettiner. Als Kronanwärter stünde zur Zeit der
Chef des Hauses Wettin, Rüdiger Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen
Markgraf von Meißen, im Fokus. Er ist ein Ur-Enkel des letzten
sächsischen Königs, in der Linie
Großvater:
Ernst Heinrich Prinz von Sachsen,
Vater: Dedo Prinz von Sachsen.
Die Ehen der beiden Söhne von Friedrich Christian blieben kinderlos.
Bildnachweis
Kopfbild und Abb. 3: Wikimedia Commons, gemeinfrei.
Abb. 1, 2 und 4: Sammlung U. Brekle
Literatur
Fellmann, Walter: Sachsens letzter König Friedrich August III. Berlin, Leipzig 1992.
Dresdner Geschichtsverein e.V. (Hrg.): Das „Rote Königreich“ und sein Monarch. Dresdner Hefte, 22. Jahrgang, Heft 80.
Albert Herzog zu Sachsen: Die Wettiner in Lebensbildern. Styria-Verlag. Graz/Wien/Köln 1995.
Hans Reimann: Der Geenich. Anekdoten über den letzten König der Sachsen. Lehmstedt, Leipzig 2007.
Friedrich Kracke: Friedrich August III. Sachsens volkstümlichster König. Ein Bild seines Lebens und seiner Zeit., München 1964.
Luise von Toskana: Mein Leben. Dresden 1991.