Sachsen-Lese

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Zur Geschichte des Kartoffelanbaus in Sachsen

Zur Geschichte des Kartoffelanbaus in Sachsen

Doz. Dr. agr. habil. Eberhard Schulze

Die Kartoffel stammt aus Südamerika. Die Inka bauten sie in den Anden bis in Höhen von 4.000 m an. Die Spanier brachten sie Mitte des 16. Jahrhundert nach Spanien. Auch die Engländer sollen sie mitgebracht haben, möglicherweise Walter Raleigh.

Wie aus verschiedenen Schriften hervorgeht, kam die Kartoffel nach Sachsen auf mehreren Wegen. Zunächst hat 1591 der hessische Landgraf Wilhelm IV. aus seinem Lustgarten Kartoffeln an Kurfürst Christian I. gesandt. Bedeutung für die Ernährung erlangte damals die Kartoffel aber noch nicht, wurde sie doch in den adligen Kreisen auf Grund ihrer schönen Blüten als Zierpflanze betrachtet.

1997 gab die Bundesrepublik Deutschland die Briefmarke „350 Jahre Kartoffelanbau in Deutschland" heraus.

Damit würdigt Deutschland den ersten bekannten größeren beetmäßigen Anbau 1647 zu Nahrungszwecken in Pilgramsreuth in Franken, heute ein Ortsteil von Rehau, wenige Kilometer von Hof entfernt liegend. Im nahe gelegenen böhmischen Roßbach, heute Hranice, hatte der aus Pilgramsreuth stammende Hans Rogler sie von einem niederländischen Soldaten aus Brabant erhalten. Von dort aus breitete sich die Kartoffel auch in das sächsische Vogtland und ins Erzgebirge aus. Da in den Niederlanden die Kartoffeln Erdäpfel hießen, setzte sich diese Bezeichnung auch in den neuen Anbaugebieten durch, wo sie z. T. auch heute noch so genannt werden (z. B. Ardeppeln). Wegen des hohen Solaningehaltes kratzten die Kartoffeln jedoch im Hals und es wurde deshalb vor allem Kartoffelmehl gewonnen, was entsprechend aufwendig war. In den weiter nördlich gelegenen fruchtbaren Gebieten in Sachsen mit höheren Erträgen beim Getreide, blieb der Kartoffelanbau deshalb nur eine Randerscheinung. Nachdem 1717 der sächsische Generalleutnant Milkau die Kartoffel aus Brabant mitgebracht hatte, breitete sie sich nach und nach auch in diesen Gebieten aus. (Zur Geschichte des Kartoffelanbaus in Preußen: http://www.sachsen-lese.de/index.php?article_id=23 )

Im Erzgebirge baute man um 1740 mindestens drei Kartoffelsorten an, die bereits Ende Juli reifenden Jobsäpfel, die wegen größerer Knollen und dem guten Geschmack als die beste Sorte galt, eine kleinere gelbe und eine rötlichschalige, die streng schmeckte und nur als Viehfutter geeignet war. Allerdings erkrankten die Jobsäpfel 1746 an der „Kartoffelkrankheit" (die anderen beiden Sorten nicht), bei der es sich nach der Beschreibung um das erstmalige Auftreten der gefürchteten Kraut- und Knollenfäule handelt. Allerdings verschwand sie in den folgenden Jahren wieder, was die Sorgen hinsichtlich der Ernährung minderte. Sie sollte aber später noch mehrmals gewaltig zuschlagen, so 1846 (deshalb 1847 hohe Preise, auch in Sachsen, und „Kartoffelrevolution" in Berlin) und 1916, was zum berüchtigten „Kohlrübenwinter" 1916/17 während des Ersten Weltkrieges führte.

Bauern und Kinder auf dem Feld bei der Kartoffelernte: Deutsche Fotothek?.
Bauern und Kinder auf dem Feld bei der Kartoffelernte: Deutsche Fotothek?.

Nach Norditalien soll die Kartoffel um 1625 aus Spanien gekommen sein. Da sie wie die Trüffeln unter der Erde wuchs, erhielt sie die Bezeichnung Tarathopholi oder Taratouphli, woraus sich die deutschen Begriffe Tartuffeln, Tartoffeln oder Artuffeln bzw. Artoffeln entwickelten, aus denen schließlich die Bezeichnung „Kartoffeln" entstand.

1772 betrug der Anteil der Kartoffeln an der gesamten Pflanzenproduktion Sachsens etwa 4,1 %. 1770/71 wurde Sachsen auf Grund hoher häufiger Niederschläge von einer schweren Hungersnot betroffen, bei der viele Leute starben. Deshalb nahm der Kartoffelanbau dann schneller zu, erreichte 1800 bereits 10,8 % der Pflanzenproduktion und 1828/30 mit 19 % fast ein Fünftel, womit die Kartoffel immer mehr zum Volksnahrungsmittel wurde. Mit dem wachsenden Bedarf nach Schweinefleisch wurden auch immer mehr Schweine mit Kartoffeln gefüttert, da im vergleich die Erträge bei Kartoffeln höher als bei Getreide waren.

Die Kartoffelerträge werden in Deutschland um 1800 auf 80 dt/ha geschätzt. Sie stiegen im 19. und 20. Jahrhundert Schritt für Schritt an und erreichten 1883/87 102,3 dt/ha und 1935/38 173,1 dt/ha. Die drei sächsischen Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) und Leipzig erreichten 1956 bei einer Kartoffelanbaufläche von 132.595 ha einen Ertrag von 198,4 dt, 1989 bei einer Fläche von 73.757 ha 255,5 dt/ha. Allerdings gab es zwischenzeitlich auch witterungsbedingt und unter dem Einfluss der Umorganisation der Landwirtschaft (Kollektivierung und Vergrößerung der Betriebe) niedrigere Erträge. Auf Grund der Mechanisierung der Getreideproduktion und der höheren Getreideerträge ist es heute unrentabel, Kartoffeln an die Schweine zu füttern. Vor allem ist der Transport und die Verarbeitung der wasserreichen Kartoffeln technologisch schwieriger als bei Getreide und entsprechend teuer Die Kartoffelanbaufläche ging deshalb stark zurück. 2012 betrug die Anbaufläche in Sachsen nur noch 6787 ha. Gleichzeitig stiegen durch verbesserte Sorten und Produktionsverfahren die Erträge weiter an und liegen heute in Sachsen bei etwa 450 dt/ha (2012: 435,5 dt/ha; 2014: 452,6 dt/ha). Die höchsten Erträge erreichte 2014 in Deutschland Sachsen-Anhalt mit 544 dt/ha, wobei die Bodenqualität einen wesentlichen Einfluss hat.

Kartoffelvollerntemaschine Tolmac MT 12.
Kartoffelvollerntemaschine Tolmac MT 12.

Die Älteren können sich noch erinnern, dass es in Deutschland einmal im Herbst „Kartoffelferien" gab, in denen sie beim Bauern beim Kartoffelaufsammeln geholfen haben. Im allgemeinen kam aber da schon ein pferdegezogener Kartoffelroder zum Einsatz, so dass die Kartoffeln nicht mehr wie zuvor herausgehackt werden mussten. Am schönsten war dabei, ein Feuer aus Kartoffelkraut zu machen und die Kartoffeln darin garen zu lassen. Sie schmeckten phantastisch.

Inzwischen sind Kartoffellegen, Pflege und Ernte vollkommen mechanisiert, wobei letztere mit Kartoffelvollerntemaschinen erfolgt.

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