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Florian Russi

St. Valentin und die Liebenden

Viele vermuten hinter dem Valentinstag eine Erfindung der Neuzeit, um das Geschäft der Floristen anzukurbeln. Nur die wenigsten wissen, wer sich hinter dem Namensgeber St. Valentin verbirgt.
Florian Russi geht in dieser Broschüre der Sage um den Tag der Liebenden auf den Grund. Er stößt auf die tragische Liebesgeschichte und einen Mönch mit grünem Daumen.

Alte Freunde

Alte Freunde

Ingrid Annel

Ein Soldat war alt geworden und taugte nicht mehr für den Kriegsdienst. Lange genug hatte er seine Knochen hingehalten in Kämpfen, die nicht seine Kämpfe waren. Nichts hatten die Siege ihm eingebracht als ein paar lausige Groschen, die bald verbraucht waren, und etliche Wunden, die ihm für den Rest des Lebens blieben.

Da er weder eigenes Land besaß noch eine Anstellung als Knecht fand, wollte er sich mit Fischfang das nötige Geld zum Leben verdienen. Vom frühen Morgen an bis in die späten Abendstunden saß er am Wasser und angelte. Außerdem hatte er Fallen aufgestellt, um Fischotter zu fangen. Deren Pelze konnte er gut in der Stadt verkaufen. Sie wurden zu Mützen, Kragen und Mänteln verarbeitet und halfen den Menschen, über den kalten Winter zu kommen. Auch die vielen Fische, die er Tag für Tag angelte, brachte er ebenfalls auf den Markt.

 

Einmal, als er seine Fallen kontrollierte, staunte er nicht schlecht. Denn in einer Falle saß kein Fischotter, sondern der Wassermann.

Der Alte p?ff durch seine Zahnlücken und sagte: „Wenn das die Bauern wüssten, wer sich da in meine Falle verirrt hat! Wie oft haben sie dich verflucht und verwünscht, weil du ihnen die Felder überschwemmt hast und damit die Ernte vernichtet. Wenn ich dich ihnen ausliefere, wäre das ein Festtag für sie. Denn das weiß ja jeder, dass du das Wasser brauchst, um mächtig zu sein. Auf dem Trockenen wirst du zum wehrlosen Gegner. Dann könnten sie dir heimzahlen, was du ihnen angetan hast. Und für mich würde gewiss ein ordentlicher Batzen Lohn dafür herausspringen."

Während der alte Soldat so auf den ängstlich zappelnden Wassermann einredete, befreite er ihn aus der Falle. Er hatte ihm kein Leid zufügen wollen, davon hatte er schon viel zu viel gesehen und am eigenen Leib erfahren. Deshalb bat er den Wassermann um Entschuldigung für das Missgeschick. Der Wassermann, glücklich wieder in Freiheit, bedankte sich und versprach, sich erkenntlich zu zeigen.

Am Wasser. Foto: Ursula Drechsel
Am Wasser. Foto: Ursula Drechsel
Seit dieser Zeit saßen der Soldat und der Wassermann oft gemeinsam am Ufer des Wassers und schauten zu, wie die Sonnenstrahlen oben auf den Wellen schaukelten. Und weil die beiden es verstanden, gemeinsam zu schweigen, wurden sie bald gute Freunde. Zuweilen tauchte der Wassermann, mitten in der Stille und ohne ein Wort der Ankündigung, ins Wasser hinab und trieb dem Soldaten prächtige Fischotter in die Fallen. Auch sorgte er dafür, dass die fettesten Karpfen und Aale, die im Teich zu ?nden waren, bald an der Angel des Alten zappelten. Und weil der damit viel mehr Geld verdiente, als er allein zum Leben nötig hatte, brachte er jedes Mal aus der Stadt etwas für den Wassermann mit: Kuchen und andere Köstlichkeiten,
seidene Kleider und Schmuck für dessen Frau und die Töchter.

Denn bis in die Stadt wagte sich der Wassermann nicht. Dort war es ihm einfach viel zu trocken.

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