Sachsen-Lese

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Christoph Werner

Schloss am Strom
Roman


Schinkel kämpft in seinen Fieberträumen um die Vollendung seines Bildes "Schloss am Strom". Er durchlebt auf seinem Krankenbett noch einmal sein erfülltes und von krankmachendem Pflichtgefühl gezeichnetes Leben und die Tragik des Architekten und Künstlers, der sich zum Diener des Königs machen ließ

Der Goldwäscherbach

Der Goldwäscherbach

Willy Winkler

Kurfürst Johann der Beständige. Gemälde von Lucas Cranach d. Älteren.
Kurfürst Johann der Beständige. Gemälde von Lucas Cranach d. Älteren.

lm Jahre 1531 erschien Simon Müller aus Kossa vor dem Kurfürsten zu Sachsen und trug einen so sonderlichen Wunsch vor, dass die herrschaftlichen Torhüter eilten, den Mann zu melden. Also stand Simon Müller bald vor seinem Landesherrn und sprach:

"Gnädiger Herr! Ich kenne gar wohl die Wälder, so man die Diebische Heide nennt, und die sich zwischen Leipzig, Wittenberg und Torgau und den anhaltinischen Landen hinziehen. Insonderlich bin ich bei Torgau zwischen den Städtlein Düben und Schmiedeberg daheim, dieweilen ich zu Kossa, einem Dorfe am Gleinerbach, gebürtig bin. So habe ich oft an dem Bächlein gesessen, das im Oberlauf der Deubitz- Bach, im Unterlauf aber nach dem alten Hammer- und Mühlwerk und dem wüsten Dorf Gleine der Gleinerbach heißt. Mein Vater, der dem Eisenhammer zu Gleine aus den morastigen Wiesen des Deubitzgrundes den Eisenstein sammelte, hatte mich oft auf glitzernde Steinchen und funkelnden Sand aufmerksam gemacht, und ich habe meinen gnädigen Herrn eine Probe mitgebracht, davon mir ein Geologe sagt, es sei nichts anderes als pures Gold."

"Gold?" sagte der Kurfürst, "das wäre ja für ein armes Land wie Sachsen der größte Gottessegen!"

"So ist es, gnädiger Herr, und ich habe die Bitte, dass Ihr mich mit dem Rechte belehnt, Gold zu schlemmen in der Dübener Heide, und dass dies mein ausschließliches Recht vor allen anderen Menschen sei, sintemalen ich der erste gewesen, so das Gold gefunden, und ich bereit bin, einen Erbzins zu geben, so hoch ihn mein gnädiger Herr bestimmt."

"Es sei, wie du wünschest", und zu den Räten gewandt, sagte der Kurfürst: "Ihr wollet dem Simon Müller zu Kossa die erste Belehnung der Rechte auf den Goldbergbau in der Dibischen Heide geben dergestalt, dass er seifen und schlemmen kann in den Gewässern und Bächlein so viel er will, das gewonnene Gold jedoch soll er nicht außer Landes bringen, sondern es der Kurfürstlichen Kasse zum Kauf anbieten. Auch soll er für das Recht zu schlemmen ein Erbzins geben, dess‘ Höhe aber erst zu bestimmen sei wenn feststeht, dass Simon Müller Gewinn hat bei seinem Unternehmen. Seine Sache aber soll man fördern und vorwärts helfen, damit es Segen bringe dem Lande Sachsen. Dies ist mein Wille!"

Damit war Simon Müller entlassen, und der Rat in der Kanzlei gab ihm dann schriftlich das Privileg des Kurfürsten.

Alsbald begann daheim in der Heide die Suche nach goldhaltigen Schwefelkiesen. Ob Simon Müller aus Kossa dabei ein reicher Mann geworden, ist nicht überliefert.

Aber noch 1545, das sind zwölf Jahre später, schlemmte man den Sand des Gleinerbaches und suchte das Gold. Aber nicht nur am Gleinerbache, auch in der Elbe bei Pretzsch und in der Mulde wurden die Kiese und Sande nach Gold durchsucht.

Zwei Jahrhunderte wurde dann die Goldwäsche vergessen. Längst hatte man aufgehört, mühsam die Sande zu durchprüfen. Auch am Goldwäscherbach hatte man gefunden, dass Arbeit besseres Gold sei und hatte die Felder beackert, die Weinberge bestellt und die Wälder gepflegt. Aber die Alten überlieferten auf die Kinder und Kindeskinder die Mär von dem flimmernden Gold, das in der Heide ruht und von den quellenden Wassern zum Licht gebracht wird.

So suchte 1783 noch einmal Peter Harz beim sächsischen Bergamt um die Erlaubnis nach, Gold gewinnen zu dürfen im Dorfe Ogkeln bei Schmiedeberg in der Dübener Heide. Aber auch ihm haben die Erdkobolde, die Hüter des unermesslichen Goldschatzes, der im Herzen der Heide ruht, arg getäuscht. Als er sein funkelndes "Gold" vor die Augen der Erzfachleute brachte, fand man, dass es nur "Katzengold" war, das man schlechthin als Glimmer bezeichnet und das die Eise der Vorzeiten herüber gebracht haben aus dem fernen Norwegen.

Zuweilen aber lassen die Kinder den Sand des Gleinerbaches in ihren Händen funkeln und träumen von einem märchenhaften Schatz im Dunkel der Erde, der immer schon begehrt, aber den Menschen nicht gegeben ward.

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