Im Friedländer Sagenbuch fanden wir die folgende Luttchen-Sage:
Mit den Luttchen meinen die Bewohner der Lausitz ein kleines Zwergenvolk, das in vielen Hügelchen gehaust, Gold gegraben und Schätze gesammelt haben soll. Der Zusammenhang ihrer Beschäftigung in der Sage ist mit Tatsachen der Geschichte belegbar, da unsere Vorfahren aus dem Raseneisenstein in ganz primitiven Werkstätten Eisen gewonnen haben.
Vom
Eisen zum Gold ist es in der Sagenphantasie nur ein kleiner Schritt.
Von grauer Vorzeit an bis in die jüngste Vergangenheit sollen im
Fuchsberge die Luttchen gewohnt und an den vielen Wassergräben der
umliegenden Wiesen Gold gegraben und gewaschen haben. Die folgende
Sage wurde aufgezeichnet von Hermann Raue aus Günthersdorf und
besagt Folgendes:
Ein
Knecht, der in der ersten Maimondnacht hinter einem Busch sein
Schläfchen halten wollte, hat die Luttchen beobachtet, wie sie nach
der Geldwäsche die blanken Körnerchen durch die verhutzelten und
verkrümmten Finger gleiten ließen. Er schlich den Luttchen nach und
sah sie in dem Sandloch am »Pucksberg« verschwinden. In der
nächsten Nacht lag
der Knecht versteckt am Eingange der Luttchenhöhle. Um Mitternacht
kamen die Luttchen mit Karren und Spaten heraus gewandert. Als alle
verschwunden waren, kroch der Knecht auf allen Vieren in die Höhle,
raffte sich den mitgebrachten Sack voll und ging nach Hause; In
wenigen Minuten hatte er sich und seinen Raub in Sicherheit gebracht,
denn das große
Dorf, wo er bei einem verarmten Bauern in Stellung war, lag nicht
weit vom »Luttchenberge«.
So
machte er es noch eine zweite und dritte Nacht. Da merkten die
Luttchen, dass jemand über ihre Schätze geraten war. Ein Männlein
belauschte in der vierten Nacht den Räuber. Als dieser davon eilen
wollte, stellte es ihm ein Bein, so dass der Knecht stürzte. Der
meinte, über einen Baumstumpf zu stolpern, raffte sich auf und lief
mit schmerzendem Fuß nach Hause. Am
folgenden Tage schwoll der Fuß dick an. Der Knecht musste in seiner
Kammer liegen bleiben. In der Nacht kam ein Luttchen mit einem
Erlenzweig. Damit strich es über die linke Seite des unruhig
Schlafenden. Der wand sich in schrecklichem Schmerz und war tot. Mit
gellendem Lachen sprang der Kobold durchs Fenster. Die Hausbewohner
fuhren aus dem Schlafe,
konnten aber nichts erkennen und schliefen wieder ein. Am Morgen
fanden sie den toten Knecht und an seiner linken Körperhälfte einen
blutroten Streifen.
„Das
sind die Luttchen gewesen!«, sagte der fast hundertjährige Schäfer,
der dabeistand. »Ich kenne den Streifen.Ja,ja‚ der Goldhunger!«
Und mit dem Kopf nickend, verließ er den Hof. Niemand wagte ihn zu
fragen.
Als der Bauer seines Knechtes Kammer ausräumte, fand er den ganzen Bettkasten voller Gold. In den folgenden Jahren wunderten sich die Dorfbewohner‚ woher der Bauer so viel Geld hatte, um zu bauen und Länder zu kaufen. Heute gehört sein Geschlecht zu den reichsten des Dorfes, aber die Luttchen sind seitdem für immer verschwunden.
(Nach „Der Teufel im Möllenwinkel“2010: 28—30)
Quelle
Wendenkönig Irrlicht Lutk
Wendisch - deutsche Sagen, vorgestellt von Friedländer und Straupitzer Schülern. Das Projekt leitete Prof. Dr. Katharina Meng.
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