Die Stadt Meerane hat ehemals in ziemlich schlechtem Rufe gestanden, sei es vielleicht weil in der Nähe der Stadt der slawische Götze Crodo (Wodan) in dem Talgrund, in dem die Dörfer Götzenthal, Crotenleide und Hainichen und Köthel lagen, hoch verehrt ward. Später lag aber der Grund darin, dass dreierlei Gerichte zuständig waren, was zur Folge hatte, dass Strolche sich leicht aus einer Gerichtsbarkeit in die andere lavieren konnten. So entstand nach und nach die Sitte, einen liederlichen Menschen einen Meeraner zu nennen. Einst reiste der dortige Pastor Mag. Sigismund Stolze zur Leipziger Messe; als er nun mit seinem Wagen in Leipzig an das Tor kam, wurde er gefragt, woher er käme und wer er wäre? Als er es beantwortete: „der Pastor aus Meerane“, musste er wieder umkehren, weil man von einer so übel beleumundeten Stadt Niemanden einlassen wolle. Der gute Mann musste also mit seiner Kutsche wieder umkehren und half sich nur dadurch, dass er unter einem andern Namen zu einem andern Tore wieder hereinfuhr. Bei seiner Rückkehr erzählte er diese ihm widerfahrene Begebenheit unter Tränen auf der Kanzel und ließ nicht eher mit Bitten und Vorstellungen nach, bis es ihm gelungen war, die Glieder seiner Gemeinde auf einen bessern Lebensweg zu bringen.