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Zu Gast in Weimar

George Eliot; deutsche Übersetzung: Nadine Erler

Zu den vielen Künstlern, die es nach Weimar zog, gehörte auch die englische Schriftstellerin George Eliot. Im Sommer 1854 verbrachte sie drei Monate im kleinen, doch weltberühmten Städtchen an der Ilm. George Eliots schriftlich festgehaltenen Eindrücke sind äußerst amüsant. Dieser Blick einer Fremden lässt Weimar in anderem Licht erschienen.

Broschüre, 40 Seiten, 2019


Das mitteldeutsche Wandermarionettentheater

Das mitteldeutsche Wandermarionettentheater

Volker Pohlenz

Einst zogen sie mit ihren 'Wohnwagen , vollgepackt mit den nötigsten Utensilien und Kisten voller Puppen, Requisiten und Bühnenteilen von Ort zu Ort, auf Märkte und in Gasthöfe, um das jeweilige Publikum zu unterhalten. Neben der Unterhaltung verdienten die Künstler, Puppenspieler usw. mit ihren Darbietungen auch ihren Lebensunterhalt. Die Rede ist vom Mitteldeutschen Wandermarionettentheater, welches durch ihre spezielle Spielart und besonders mit der Figur des Kaspar, am 18. November 2021 in die lange Liste des immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO- Kommission aufgenommen wurde.

 

In diesem Beitrag soll auf die Arbeit des Malers Volker Pohlenz aus Wöllnau aufmerksam gemacht werden, der fast 25 Jahre zum Thema "Marionettentheater" Werke unterschiedlichster Art schuf.

"Die Welt ein Schattenspiel", so hieß das Thema seiner Leichenpredigt. Als Schattenspieler und Komödiant hat man Johann Gottlob Wolf 1775 im Alter von 58 Jahren auf dem Friedhof in Dreska bei Elsterwerda bestattet. Als er Anfang der 1760er Jahre in Kraupa auftauchte, der Siebenjährige Krieg (1756 - 63) war noch nicht beendet, war er bereits Mitte 40, dann wurden sein Sohn und später die beiden Töchter geboren. Er gilt als Stammvater der über 250-jährigen Puppenspieltradition im Elbe- Elster-Land.

 

Mit 25 Jahren wurde er als Grenadier für ein sächsisches Infanterieregiment geworben und nahm am Ersten Schlesischen Krieg (1740-42) teil. Ob er an Kampfhandlungen teilnahm, ist ungewiss, da er bald an Tuberkulose erkrankte und als Invalide entlassen wurde. Zuletzt war er in Kraupa bei Elsterwerda, nahe der von Dresden nach Berlin führenden Poststraße zu Hause als Hausgenosse, also zur Miete wohnend. Die meiste Zeit war er auf der Landstraße mit seiner Laterna magica, einem Schattenspiel, unterwegs und spielte in den Gaststuben der Dorfgasthöfe. Er suchte geschickt die Nähe der Vertreter der öffentlichen Gewalt, also zu den Gastwirten, Erbrichtern, Gutsherren und -verwaltern und baute ein gutes Verhältnis zu ihnen auf. 1785 heiratete die jüngste Tochter einen gewissen Richter, dessen Vater Bürger und Nadler in Froburg war. Mit ihm begründete sie ein eigenes Marionettentheater. Weitere Familien kamen hinzu. Bald nach 1800 war die große Familie der Puppenrichters, der Wolf, Bille und Hänel beisammen. Andere, wie die Gierholds, Winkler, Gassmanns, Maatz, Sperlich und andere kamen im Laufedes 19. Jahrhunderts durch Einheirat noch hinzu.

Noch in sächsischer Zeit (bis 1815) verlagerte sich der Schwerpunkt von Kraupa in die Rittergutskolonie Neu- Saathain bei Elsterwerda. Noch heute gilt Saathain für viele Reisende als die Heimat der Vorfahren.

Die Puppenspieler zählten damals neben anderen Gewerben, wie Seiltänzer, Taschenspieler, Kunstreiter, Kraftathleten, Bärenführer, Tänzer und Schauspieler zum fahrenden Volk und waren bei Jahrmärkten überaus präsent. So gab es auch schwarze Schafe in dieser Branche, die die ehrlich arbeitenden Kollegen in Verruf brachten. Auch politische Freiheiten, begünstigt durch die Befreiungskriege 1813/15, wurden bald auf ein rechtes Maß von der Obrigkeit zurechtgestutzt. So wurde der Einfluss der Behörden auf die Theaterorganisation über Zensur und Erteilung der Gewerbeerlaubnis immer größer.

 

Dass das Problem, die Marionettenspieler betreffend, den neuen Preußischen Machthabern in ehemalig sächsischen Landen wichtig war, zeigt das Dekret Nr. 110, veröffentlicht im Ersten Jahresamtsblatt des Regierungsbezirkes Merseburg vom 15. Juni 1816. Das Elbe-Elstergebiet gehörte neben Nordsachsen ab 1816 dazu.

Zitat:

"Das Kontrollieren der Marionettenspieler von den Polizeibehörden. Der erneuerten Verordnung des Königl. Polizeiministeriums vom 26. v. Monatsgemäß, werden sämtliche Polizeibehörden- und Ortsobrigkeiten unseres Regierungsbezirkes hierdurch angewiesen, die konzessionierten Marionettenspieler unter strenger polizeilicher Kontrolle zu halten, und denjenigen, welcher durch unmoralische Zweideutigkeit und schmutzige Darstellungen schädlich werden, ohne weiteres den Gewerbeschein oder die Konzession abnehmen zu lassen, zugleich aber werden auch die Prediger oder Pfarrer im Regierungsbezirke aufgefordert, die vorgemeldeten Behörden durch spezielle Anzeigen, die zu ihrer Kenntnis gekommenen Mißbräuche dieser Art in den Fall zu setzen, gegen die Kontravenierten ihr Amt zu verwalten.

Merseburg, den 15. Juni 1816. Königl. Preuß. Regierung. Erste Abteilung.“

Das Kepertoir dar Puppenspieler war dem des Schauspieltheaters sehr ähnlich. Man spielte vor allem volkstümliche Stücke mit regionalem Bezug. Von Goetheist bekannt, dass er als Kind mit seiner Schwester gern Puppentheater spielte, so auch den Urfaust. Stücke, wie "Faust", "Kohlhaas", Geneveva", "Gräfin Cosel", "Der Freischütz"und andere, gehörten zum Programm der Puppenbühnen. Eigentlich ist die Puppenbühne die verkleinerte Form des Schauspieltheaters, aus Platz und Finanzgründen eine alternative Lösung. Am weitesten verbreitet waren zunächst Handpuppen. Aber auch andere Kunstformen, wie die Moritat oder Bänkelgesänge inspirierten die Marionettentheater. Beispielsweise gibt es das Stück "Die Verlobung am Hochgericht zu Großenhayn" nach Dr. E. Dietrich, auch als Marionettenstück.

Hier ist eine konkrete Lokalität, der Gasthof "Zum Stern" bei Großenhain, der Ausgangspunkt der Handlung. Ein reicher Adeliger wirbt vergebens um eine junge Frau, der Gastwirtstochter, die sich in den armen Waisen Jakob verliebt hat. Mit den Mächten der Finsternis schmiedet der Adelige ein Komplott. Es werden zwei Diebe angeheuert, die in der Kirche zu Großenhain wertvolle Gegenstände entwenden sollen. Diese werden während der Abwesenheit des Jakob in dessen Zimmer versteckt. Bei einer Durchsuchung werden diese Gegenstände in Jakobs Zimmer gefunden. Jakob wird verhaftet und schließlich zum Tode verurteilt. Auf dem Richtplatz zeigt plötzlich der adelige Bösewicht Reue, entwendet dem Scharfrichter das Richtschwert und tötet sich damit selbst. So kommen die Gastwirtstochter und Jakob doch noch zusammen und verloben sich auf der Stelle.

Ein anderes Beispiel, woraus Geschichten für ein mögliches Puppenspiel mit lokalem Bezug entstehen kann, zeigt etwa die Legende um ein Sühnekreuz.

Eine Großmutter erzählt diese Geschichte ihrem Enkel, beide als Schatten dargestellt, vor einem solchen Sühnekreuz, das wiederum vor einem Leinfeld aufgestellt wurde. Es handelt sich hier um die Legende der Fastnacht zu Gorden, die in einem aufklappbaren Triptychon von Volker Pohlenz gemalt wurde. Der Mittelteil der geöffneten Ansicht zeigt das Ereignis zur Fastenzeit in besagtem Dorf im Mittelalter. Zur Fastenzeit mussten die Frauen gesponnenen Flachs abliefern. Aus Empörung über die zu hohen Abgaben gerieten diese Frauen in Wut und der Gutsherr stürzt tödlich vom Pferd. Daraufhin mussten die Frauen ein Sühnekreuz errichten, wie es auch heute noch in manchen Dörfern zu sehen gibt, aufgestellt wegen ähnlicher Delikte. Solche Geschichten wurden dann in der Winterzeit beim Spinnen weitergegeben und irgendwann wurde daraus ein Stoff für ein neues Drama oder Bühnenstück. Wie die Entwicklung des Schauspieltheaters zur Zeit der Aufklärung an Bedeutung gewann, so wirkte sich das auch auf die Puppenspielerszene im 19. Jahrhundert aus. Es gibt leider keine konkreten bildhaften Belege über Marionettenbühnen des frühen 19. Jahrhunderts, aber eines ist sicher. Man wollte in der Ausstattung der Bühne den Schauspieltheatern nicht nachstehen und bemühte sich, diese barocke Pracht auch auf die Marionettenbühne zu übertragen. Man stand damals unter Konkurrenzdruck und wenn es der Geldbeutel zuließ, wurden professionelle Künstler verpflichtet, die entsprechenden Szenen und Prospekte zu malen. Vor dem taten dies die Puppenspieler meist selbst.

 

Eine gewisse Blütezeit erlebte das Marionettentheater während und nach dem Ersten Weltkrieg, was die Bühnenmalerei betraf. Die großen Opern- und Schauspielhäuser konnten zu dieser Zeit nicht bespielt werden, da ein großer Teil der männlichen Darsteller im Felde war. So wurden auch keine Bühnenbilder benötigt. Da nutzten die Prinzipale der Marionettentheater das freigewordene Talent der professionellen Bühnenmaler und ließen sich ihre Bühnen neu ausstaffieren. Namen wie Kurt Auerswald, Richard Hartmann und Anton Johler sollen hier stellvertretend für jene Bühnenmaler aus dieser Zeit genannt werden. Ein Teil ihrer gemalten Prospekte sind, obwohl schon 100 Jahre alt, zum Teil heute noch im Einsatz. Damals wurde noch mit Leimfarbe auf Leinwand gemalt. Die Farben als Trockenpigment wurden in heißem in Wasser aufgelösten Knochenleim gebunden und in diesem Zustand vermalt.

 

Die Bühnenbilder bestanden aus einem Hauptprospekt und für jede Seite je einem linken und einem rechten Versatzstück. Die Hauptprospekte waren etwa 1,80 m bis 2,00m hoch und 3,40 bis 4m breit. Das Proszenium, also die Bühnenverkleidung variierte von 4,00m Höhe bis 7 oder 8m Breite. Im geschlossenen Zustand bot ein illusionistisch gemalter Vorhang, der nach oben gerollt wurde, das Zentrum der Bühne.
Der Bühnenraum selbst blieb für den Zuschauer etwas Geheimnisvolles. Er durfte nur die Szenerie selbst sehen. Diese umfasste durchschnittlich eine Fläche von 4 Meter Breite und 1,5m Tiefe. Diese Maße wurden von den meisten Theatern angewandt. Sie ergaben sich aus den gewöhnlichen Größen der Sääle, der notwendigen Lauffläche für zwei bis vier Spieler und nicht zuletzt aus den optimalen Transportbedingungen.
Der Bühnenraum gab die andere Wirklichkeit vor, indem er mit zentralperspektivisch gemalten Prospekten und den angepassten Gegenständen, wie Mobiliar und anderen Gegenständen sowie Versatzstücken ausgestattet wurde. Die Versatzstücke und Suffitten rahmten das Bühnenbild gewissermaßen ein.
Die Reduzierung auf drei Gassen beim Marionettentheater gegenüber 12 beim Schauspieltheater erklärt sich daraus, dass der Aktionsraum der Figuren durch die Armlänge der Spieler bestimmt ist. So konnte nur die hinterste Gasse, also der Abstand vom Versatzstück zum Hauptprospekt, für die Auftritte der Marionetten genutzt werden. Die weiteren Gassen zum Zuschauer hin, durch Suffitten bestimmt, blieben unbespielt, waren aber notwendig, um das Sichtfeld des Bühnenraumes vollständig abzugrenzen. Alle gemalten Kulissen, sowie Proszeniumsteile waren rollbar, um transportabel und platzsparend zu sein.

Um noch mehr Platz zu sparen‚ wurden die Prospekte und Versatzstücke beidseitig bemalt. Auf der Rückseite befand sich kopfüber ein weiterer gemalter Prospekt. Man spricht von "auf Sturz gemalt". Die entsprechenden Versatzstücke befanden sich ebenfalls auf der Rückseite, diesmal aber richtig herum. Diese Art der Bemalung war notwendig, da beim Umbau während einer Vorstellung, also beim Szenenwechsel, ein 4 Meter langer Prospekt sich nicht drehen ließ, da der Bühnenraum diesen Platz nicht hergab. So wurde einfach von unten nach oben umgehangen und (fast) fertig war die neue Szenerie.

Man benötigte ein bestimmtes Quantum an Bühnenkulissen, um möglichst alles spielen zu können. So kamen folgende Grundtypen immer wieder zum Einsatz:

- höfische Dekorationen (Schloss, Saal, Zimmer im Barockstil, Garten)

- bürgerliche Dekorationen (Stadt, Jagdzimmer, bürgerlicher Salon, Kerker, Studierzimmer)

- bäuerliche Dekorationen (Landschaft mit Bauernhof, Bauernstube bzw. Gasthaus)

- sakrale Dekorationen (Kirchenschiff, Altar, Friedhof, Landschaft mit Christus am Kreuz)

- ländliche Dekorationen (Laubwald, Nadelwald, Offene Landschaft, Gebirge, Winterlandschaft,
Meer, Grotte)

- Dekorationen ferner Länder (Feenreich, Orient, Urwald)

- allegorische Dekorationen (Unterwelt, Himmel)

 

Die Dekorationen wurden zwar für ein bestimmtes Stück geschaffen, konnten aber auch für ein anderes Stück genutzt werden. Das gleiche gilt auch für die Versatzstücke. So konnte eben eine Häuserecke gegen eine Waldecke ausgetauscht werden.

Ein gemaltes Bühnenbild musste, obwohl sehr detailreich und illusionistisch gemalt, sehr allgemein gehalten werden. So hatten Menschen und lagernde Tiere sowie fließende Gewässer, also alles bewegende, was nach vorn strebt, auf den Prospekten nichts zu suchen. In diese Szenerie illusionistischer Malerei traten die Akteure auf, die spielenden Marionetten. Sie waren die für die Zuschauer sichtbaren Handlungsträger. Der Puppenspieler selbst blieb im verborgenen. Doch seine Fähigkeiten waren entscheidend. Spieler und Figur mussten eine Einheit bilden, das heißt, es galt die ästhetische Gestaltung, die Bewegungstechnik und das künstlerische Geschick des Spielers optimal miteinander zu verbinden.

 

Im damaligen Kreismuseum Bad Liebenwerda, das sich heute Museum des Mitteldeutschen Marionettentheaters nennt, wurde 1998 die ständige Ausstellung "Von der Schusterahle zum Marionettenzwirn" installiert. Kernstück dieser Ausstellung war der Nachlass aus dem Fundus des damals kürzlich verstorbenen Marionettenspielers Karl Gierhold aus Dobra. Aber auch Bilder des Malers Volker Pohlenz, die das Leben der Puppenspieler darstellen, wurden in Auftrag gegeben und ergänztem diese Dauerausstellung. Der damalige Theaterwissenschaftler Jr. Glaf Bernstengel, selbst aktiver Puppenspieler, und der Museumsleiter Ralf Uschner aus Kraupa kuratierten diese Ausstellung im erweiterten Museumsbau.

Um aber diese Tradition des Wandermarionettentheaters am Leben zu halten, wurden im Gasthof "Zur Eiche" in Kraupa, an historischer Stelle jeweils sonnabends Palmarum (eine Woche vor Ostern) Puppenspieltage durchgeführt. Der Erste dieser Art fand am 31. März 1996 in Kraupa statt. Es wurde das Stück "Genoveva" auf der großen Bühne gespielt, ohne Proszenium. Der Aufbau einer solchen Bühne ist sehr aufwendig und für nur eine Vorstellung lohnt dies kaum. So kam der Entschluss von Seiten des Museums, eine eigene Bühne zu bauen mit Hilfe einiger Puppenspieler und ABM-Kräften. Der Museumsleiter erteilte dem Maler Volker Pohlenz den Auftrag für die Gestaltung des Proszeniums. Er schuf sechs Bühnenbilder: eine offene Landschaft / bürgerliches Zimmer/ein geschlossener Wald / Säulenhalle, ein Durchbruch Balkenstube und ein Durchbruch Kellergewölbe, komplett mit Versatzstücken und Rückwänden.

Im September 2002 konnte das Proszenium und die ersten beiden Prospekte nebst Versatzstücken geliefert werden. Diese kamen bei der Premiere des Stückes "Die Mühle von Koselitz" anlässlich des 4. Internationalen Puppentheaterfestivals zum Einsatz. Ergänzt wurden die Dekorationen aus dem Fundus des Marionettentheaters von Uwe Dombrowski. Die Bühne von Uwe Dombrowski, eine historischeBühne der Kressigs, diente in ihren Abmessungen als Vorlage für den Nachbau der museumseigenen Bühne.

Anfang 2003 konnten die restlichen vier Bühnendekorationen nachgeliefert werden, so dass zum Puppenspieltag desselben Jahres in Kraupa das Stück "Der Kindesraub" vollständig auf der neuen museumseigenen Bühne aufgeführt werden konnte.

Im Jahre 2003 gaben der Sammler Winfried Frase aus Schwabach bei Nürnberg unter Anleitung vom altgedienten Puppenspieler Harry Hänel, damals in Rosenfeld, beim Maler Volker Pohlenz ein weiteres Proszenium in Auftrag, diesmal komplett mit Rollvorhang. Diese Bühne wurde zwar in einer Scheune aufgebaut, aber nie bespielt. Beim Puppenspieltag 2005 waren beide Proszenien von Volker Pohlenz im Saal des Dorfgasthofes Kraupa zu sehen, die Museumsbühne voll bespielbar und von der anderen Bühne nur das Proszenium.

Nach dem Tod von Harry Hänel ist über den Verbleib dieses Proszeniums leider nichts weiter bekannt.

Doch wieder war es eine Initiative von Harry Hänel, der in seinem künftigen Schwiegersohn Markus Link einen finanzkräftigen Mann sah, für seine Hartenfelser Puppenbühne neue Prospekte malen zu lassen. Hier handelte es sich um bereits vorhandene Prospekte für die große Bühne. Diese sollten auf das kleinere Format der heute gebräuchlichen Bühnen neu geschaffen werden. Die Zeit des Wandermarionettentheaters, das ganze Dorfsäle vor zahlreichem Publikum bespielte, war mittlerweile abgelaufen. Da waren je nach Stück für eine Aufführung 4 bis 6 Personen nötig. Früher im Familienverband war das kein Problem. Doch die ältere Generation starb langsam aus und hinterließ eine Lücke. Spätestens mit dem Einzug von Kino, Fernsehen und Internet hat es das Medium des Marionettentheaters schwer, sich zu behaupten.

Die noch verbliebenen Marionettentheater rüsteten auf kleinere Bühnen um, wo es bei etwa zwei Personen möglich ist, in Schulklassenzimmern, KITAs oder Pflegeeinrichtungen zu spielen. Die ganze Bühne ist in etwa zwei Stunden aufgebaut und lässt sich mit einem Kleinbus transportieren. Der Aktionsradius der Spielstätten hat sich zwangsläufig erweitert, so dass man mit einer kleineren Bühne flexibler ist.

In den Jahren 2004 bis 2006 entstanden für die Bühne Hänel/Link 18 komplette Bühnenbilder, also mit Hauptprospekt und je zwei Versatzstücken und zusätzlich noch ein Wanddurchbruch, der heute im Stadtgeschichtlichen Museum Torgau ausgestellt ist.

Nachdem es mit der Einheirat von Markus Link in die Familie Hänel nicht geklappt hat, verblieben auch die Prospekte nicht bei Hänels. Sie gingen dann an das Marionettentheater Pandel in Frankenberg, einem Neffen von Harry Hänel. Dort sind sie auch heute noch im Einsatz.

Im Jahre 2017 wurden für die kleine Marionettenbühne Pandel noch zwei komplette Bühnenbilder geschaffen, so wie noch mehrere Versatzstücke. Die Abmessungen für die kleine Bühne betrugen für die Hauptprospekte 1,15m x 2,20m, für die Versatzstücke je 1,10m x 0,75m.

 

Im gleichen Jahr meldete das Marionettentheater Uwe Dombrowski aus Engertsdorf bei Altenburg ebenfalls beim Maler Volker Pohlenz Bedarf an. Durch eine Fördermaßnahme war es möglich geworden, den "Freischütz" auf der großen Bühne neu ins Leben zu rufen. Da waren aber noch einige dazu passende Bühnendekorationen zu malen. Hier wurden vier komplette Bühnenbilder geschaffen, ein Wald, eine Gebirgslandschaft, ein Zimmerdurchbruch mit Rückwand und ein weiterer Zimmerdurchbruch (Studierzimmer), ebenfalls mit Rückwand.

Der Freischütz hatte beim Puppenspieltag 2018 vor über 100 Zuschauern im Gasthof zu Kröbeln Premiere. Ein Jahr zuvor, ebenfalls in Kröbeln, führte das Marionettentheater Pandel auf der kleinen Bühne das Stück "nur ein Musikant" auf. Beide Aufführungen sind komplett aufgezeichnet und bei Anfrage auf DVD erhältlich.

Im Jahre 2021 wurden für die Holzoper des Puppenspieler Hans-Joachim Pandel wiederum zwei komplette Bühnenbilder geschaffen. Es handelt sich hierbei um einen herbstlichen Laubwald und einen Winterwald. Diese Prospekte waren etwas größer als die vorher groß gemalten Bilder, nämlich 2,00m hoch und 3,70m breit. Die entsprechenden Versatzstücke betrugen 1,95m x 0,95m. Diese Bühne, wie auch die große Bühne von Uwe Dombrowski, sind heute stationäre Spielstätten. Als vorläufiger Abschluss zur Thematik Puppenspiel malte Volker Pohlenz im Jahre 2020 ein aufklappbares dreiteiliges Bild zum Thema. Die geschlossene Ansicht zeigt einen Saal mit einer aufgebauten geschlossenen Marionettenbühne vor der Vorstellung. Hier wurde als Vorbild die große Marionettenbühne von Uwe Dombrowski verwendet. Ursprünglich wurde im Entwurf ein anderes Konzept verfolgt, anlehnend an die Anfänge mit dem Schattenspieler Johann Gottlob Wolf, der aus der Elbe-Elsterregion kommt. Man entschied sich dann doch für die Gegenwart mit der Dombrowski- Bühne.

Klappt man das Bild auf, so sieht man im Mittelteil im Vordergrund ein Rokoko-Tanzpaar auf der Bühne. Durch die erleuchtete Bühne blickt man in einen dämmrigen Saal, gefüllt mit gespannt blickendem Publikum, allen voran die Kinder. Auf dem linken Flügel sieht man das Ehepaar Evelin und Uwe Dombrowskiauf dem Laufbrett, also etwas, was dem Zuschauer verborgen bleiben muss. Auf dem Entwurf war ursprünglich nur ein Spieler vorgesehen.

Auf dem rechten Flügel hat man einen Einblick in den Fundus hinter der Bühne, wo die Darsteller für die nächste Veranstaltung schon warten. Auch das bleibt dem Zuschauer normalerweise verborgen. Dieses letzte Bild fasst noch einmal alles zusammen, wie Marionettentheater funktioniert.

Damit das alles im Gedächtnis bleibt, davon zeugte eben auch die Auszeichnungsveranstaltung der Deutschen UNESCO- Kommission zur Aufnahme des Kaspertheaters als Spielprinzip in die Liste des immateriellen Kulturerbes im Düsseldorfer Schauspielhaus am 18. November 2021.

Bildnachweis

Die Rechte liegen für alle Abb. bei dem Maler Volker Pohlenz.

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