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Sommerschnee

Berndt Seite

Hardcover, 124 S., 2020 erscheint demnächst; Bereits vorbestellbar

ISBN: 978-3-86397-134-2
Preis: 15,00 €

Sommerschnee – das sind die luftig-bauschigen Samenfasern der Pappelfrüchte, die sich im Sommer öffnen und die Welt mit ihrem weißen Flaum überziehen: Schnee in der wärmsten Jahreszeit. Mal melancholisch, mal mandelbitter, aber stets in größter Genauigkeit geht Berndt Seite auch in seinem neuen Lyrikband den Erscheinungsformen der Natur nach und lotet in ihnen die Bedingungen des Lebens aus.

Des Sängersch Fluch

Des Sängersch Fluch

Lene Voigt

Des Sängers Fluch. Gemälde von E. Ille (1823-1900).
Des Sängers Fluch. Gemälde von E. Ille (1823-1900).

S‘is mal ä Schloss gewäsen mit hibbschen Dirmchen dran,

Drin hauste schtolz ä Geenich, ä färchterlicher Mann.

Geen greeßern Feez där gannte, als wie sei Volk zu quäln,

Däm seine beesen Daden war‘n gar nich mähr zu zähln.


Trotzdäm besaß das Egel ä wunderscheenes Weib,

Zum Gissen un zum Gosen ä sießer Zeitvertreib.

Doch wänn ämal ä andrer hinschielte bei die Frau,

Da machde glei dr Geenich ä gräßlichen Radau.


Mal an ä Junimorchen, da gam ä Sängerbaar,

ä Onkel un sei Näffe, wie‘s damals ieblich war.

Die ridden uff zwee Färden gägg in dn Schloßhof nein,

Härnachen laatschten beede zum Schbeisesaale rein.


Dr Alde, där griff Deene aus seiner Harfe raus,

Druff grehlde laut dr Jingling, es bäbte ‘s ganse Haus.

Dr Geenichin, där zarten, schbrang von där Brillerei

schon bei dr zweeten Schtrofe äs Drommelfäll entzwei.


Jäh fuhr dr Färscht vom Drohne un schrie: „jetzt haltet‘s Maul!

Macht, dass‘r nausgommt beede, schwingt eich uff eiern Gaul!“

Un wie die zwee schon rannten, da schmiss‘r hinterhär

Mit gollernd wilden Oochen ä frisch geschliffnen Schbäär.


Da sank dr arme Jingling als Leiche uff‘s Barkett,

sei Härze war getroffen durch Wäste un Jackett.

Noch eemal rief‘r: „Onkel!“ Das war sei letztes Wort.

Dr Alde zog dn Näffen am linken Beene fort.


Dann schtällt‘r sich im Hofe uffs Waschhausdach un schbrach:

„Was heite ward verbrochen, zieh‘ beese Folchen nach!

Gee Bliemchen soll mähr wachsen, gee Abbel hier gedeih‘n!“

Un seine Harfe faggtr ins Rächenfass tief nein.


„De schtolzen Mauern gnigge gabutt dr nächste Schtorm!

De ganse Bude schtärze zusamm‘ mit Dach un Dorm!

De Gutschen soll‘n zerschblittern, versinken jeder Gahn.

Un in ä Drimmerhaufen zerfall‘ de Geechelbahn!“


Dr Onkel hat‘s geschbrochen un also is geschähn:

Gee Grautschtrunk war in Zugunft im Barke mähr zu sähn.

Bloß Disteln grochen schbärlich uff sandchen Boden hin.

Ä Fischbassäng noch hielt sich – doch war gee Wasser drin.


Dr Däbbichglobber ragte nur einsam noch ins Land,

Un sonst war alles Wieste, wo schtolz ä Schloss mal schtand.

De Gällerasseln flizten uff Drimmern hin un her…

Das gommt drvon, wenn Färschten so schmeißen mit‘n Schbäär.


Lene Voigt schrieb ihre Parodie zur Ballade Des Sängers Fluch von Ludwig Uhland, geschrieben im Jahr 1814.

Folgende Gemälde Des Sängers Fluch sind für die Ballade des Dichters Ludwig Uhland von den Künstlern gemalt worden.

Kopfbild: Carl Canow: Des Sängers Fluch, 1862.

Abb. Im Text: Des Sängers Fluch

Quelle: Galerie Bassenge. Gemälde von Eduard Ille (1823-1900)

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