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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Das Aschenweibchen zu Zittau

Das Aschenweibchen zu Zittau

Johann Georg Theodor Gräße

In der Neujahrsnacht des Jahres 1756 und um die Mitternachtsstunde der folgenden Tage hatte eine Anzahl von Personen ein verkrüppeltes und verrunzeltes altes Frauenzimmer vor der Johanniskirche und auf vielen Straßen mit einem Besen eifrig den gerade gefallenen Schnee zusammenkehren sehen. Einige, die sich ein Herz fassten, fragten sie, was sie da mache und wer sie sei, und sie antwortete: „Ich bin das Aschenweibchen der Stadt und kehre die Asche zusammen, allerorten wo welche liegt; ich habe noch lange zu tun, denn sie liegt berge hoch und auf allen Gassen, doch hier (vor der Johanniskirche) gerade zumeist.“ Da sich nun diese Erscheinung täglich wiederholte und die ganze Stadt in Schrecken versetzte, beschloss ein hoch edler Rat, der Sache ein Ende zu machen und die Landstreicherin, denn dafür hielt man sie, einzufangen. Die Stadtsoldaten, mehrere Ratsherren an der Spitze, lauerten ihr auch eines Nachts auf. Sie erschien auch wie gewöhnlich, man rief sie an, allein sie ließ sich in ihrem Kehren nicht stören. Und als man nach ihr schlug und griff, verschwand ihre Gestalt in der Luft.

 

Sie kehrte aber darauf die nächsten Nächte zurück, und kehrte nach wie vor. Doch wagte sich niemand mehr an sie heran, und so konnte man sie jede Nacht eifrig kehren sehen, bis am 23. Juli des Jahres 1757 die mit den Sachsen verbundenen Kaiserlichen die von einigen 100 Preußen besetzte Stadt auf einmal bombardierten und zum größten Teil in Asche legten. Eine der ersten Bomben schlug in die St.-Johannis-Kirche ein und zündete, und überall, wo das graue Mütterchen sich früher hatte sehen lassen, waren glühende Kugeln gefallen und hatten die Gebäude in Brand gesteckt. Während des Brandes aber sah man eine graue Gestalt über die glühenden Trümmer schweben und mit einem Besen Wolken von Asche vor sich her fegen. Nun begriff man die warnende Erscheinung des grauen Mütterchens, aber leider zu spät. Seitdem schwebt es in der Silvesternacht und am Vorabend des sogenannten Brandfestes (22. Juli) wie ehedem fegend durch die Straßen der Stadt und ruft dadurch allen leichtfertigen Bürgern die Lehre zu: „Seid wachsam und hütet euch, dass das Unglück nicht noch einmal unerwartet über euch komme und euch ganz vernichte.“

Bildnachweis

Kopfbild

Urheber: Schmidti (CC BY-SA 3.0)

 

Abb. im Text: Wikipedia - gemeinfrei

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