Sachsen-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Sachsen-Lese
Unser Leseangebot

Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Der Silbermönch

Der Silbermönch

Verfasser unbekannt

Silberpokal.
Silberpokal.

Zur Zeit, als man Silber aus den Erzadern holte, die sich von Freiberg quer über das Gebirge bis nach Joachimstal erstrecken, konnte man in den Ortschaften diesseits und jenseits der böhmischen Grenze einem Mönch begegnen, den niemand kannte, von dem niemand wußte, aus welchem Kloster er kam, und der seinen breitkrempigen Hut so tief ins Gesicht gezogen hatte, daß sein Gesicht im Schatten verborgen blieb. je mehr sich das Silbererz erschöpfte, desto seltener sah man den Mönch. Und gewiß ist, daß er für immer mit den letzten Deutschen verschwand.

Wo man einst nach Silber und Blei schürfte, da schafft man jetzt die Pechblende zu Tage.

Nun, damals als der Mönch sich noch häufig zeigte, gab es doch einige, die zu wissen glaubten, wer er sei. Der gute Geist der Silberbergwerke, ja das wäre er, behaupteten sie, in den Stollen wandle er in Knappentracht einher, und wenn auch dann sein Antlitz nicht deutlich auszumachen sei, so habe dies seinen besonderen Grund. In seiner Grubenlampe leuchtete nämlich ein Diamant, und der sende so starke Lichtstrahlen aus, daß die Hauer vor Ort oft vermeinten im Tageslicht zu arbeiten, aber, ihren Blick gegen die Lichtquelle richtend, von dieser geblendet wurden. Bisweilen gelang es aber doch dem einen oder anderen, dem Mönch ein wenig unter den Hut und dem guten Geist hinters Licht zu sehen. Sie beteuerten, daß die beiden ein und dieselbe Person seien, und so kam denn der Name »Silbermönch« auf. Man konnte sicher sein, auf eine reiche Erzader zu stoßen, wo er sich zeigte. Auch den Grund, weshalb er sein Gesicht den Blicken der Menschen nicht freigebe, wußten einige anzugeben. Der gute Geist der Bergwerke, den sich die Leute als eine Erscheinung von edlen Zügen vorstellten, war nach dem Bericht dieser wenigen Knappen mißgestaltet und häßlich. Sein Rücken war gekrümmt und sein Antlitz von tiefen Runzeln zerfurcht. Die Leute wollten das nicht so recht glauben, aber es ist schon so: nicht immer ist ein schöner Leib das Äußere von edlen Seelen, und oft verbirgt sich hinter der Mißgestalt ein mitfühlendes Herz. Ob der Silbermönch verschwand, weil das Silber zur Neige ging, oder ob die Menschen kein Silber mehr fanden, weil der Mönch verschwunden war, niemand weiß es.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Die feurige Kugel
von Willy Winkler
MEHR
Der Kosebruch
von Dr. Jürgen Friedel
MEHR
Der Gänserich zu Pegau
von Dr. Jürgen Friedel
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen