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Sesenheimer Liebeslyrik

Florian Russi

Während seines Studiums in Straßburg lernte Johann Wolfgang von Goethe die Sesenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und Goethe wurde durch Friederike zu wundervollen Gedichten angeregt.

Einige von ihnen (Heideröslein, Mailied, Willkommen und Abschied u. a.) zählen zu seinen besten und beliebtesten überhaupt. In diesem Heft sind sie vorgestellt und mit Bildern und Erläuterungen angereichert.

Fabeln von Christian Fürchtegott Gellert

Fabeln von Christian Fürchtegott Gellert

Christian Fürchtegott Gellert

Das neu gestaltete und am 4.Juli 2015 geweihte Grab auf dem Südfriedhof Leipzig.(1)
Das neu gestaltete und am 4.Juli 2015 geweihte Grab auf dem Südfriedhof Leipzig.(1)

Am 4. Juli 1715 wurde der Dichter Gellert in dem kleinen Städtchen Hainichen am Rande des sächsischen Erzgebirges geboren. Wir begingen seinen 300. Geburtstag am 4. Juli 2015.

In ärmlichen Verhältnissen groß geworden, musste er mit finanziellen Nöten kämpfen, legte aber 1743 seinen Magister an der Universität Leipzig ab, erhielt dort 1751 eine außerordentliche Professur, eine ordentliche Professur lehnte er 1761 ab.

Seine zahlreichen Fabeln, die sehr populär geworden sind, veröffentlichte er in zwei Bänden, erschienen 1746 und 1748. Weiter publizierte er Erzählungen, Reden und Vorlesungen. In seiner Zeit war er hoch geschätzt und gehörte zu den meist gelesenen Schriftstellern. Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven vertonten später "Die Geistlichen Lieder und Oden". Er starb am 13. Dezember 1769 in Leipzig. Nach mehreren Umbettungen befindet sich sein Grab auf dem Leipziger Südfriedhof. Anlässlich des 300. Geburtstages wurde das Grab neu gestaltet und geweiht.

Feiern wir das Jubiläum mit drei Fabeln.

                                                                                Ursula Brekle

Der Greis

Bildnis eines älteren Mannes. Gemälde von Rembrandt.
Bildnis eines älteren Mannes. Gemälde von Rembrandt.

Von einem Greise will ich singen,
Der neunzig Jahr die Welt gesehn.
Und wird mir itzt kein Lied gelingen:
So wird es ewig nicht geschehn.

Von einem Greise will ich dichten,
Und melden, was durch ihn geschah,
Und singen, was ich in Geschichten,
Von ihm, von diesem Greise, sah.

Singt, Dichter, mit entbranntem Triebe,
Singt euch berühmt an Lieb und Wein!
Ich laß euch allen Wein und Liebe,
Der Greis nur soll mein Loblied sein.

Singt von Beschützern ganzer Staaten,
Verewigt euch und ihre Müh!
Ich singe nicht von Heldentaten,
Der Greis sei meine Poesie.

O Ruhm, dring in der Nachwelt Ohren,
Du Ruhm, den sich mein Greis erwarb!
Hört, Zeiten, hörts! Er ward geboren,
Er lebte, nahm ein Weib, und starb.

Der Fuch und die Elster

Der Fuchs auf der Wiese. Urheber: Dellex, via Wikipedia.
Der Fuchs auf der Wiese. Urheber: Dellex, via Wikipedia.

 

Zur Elster sprach der Fuchs: »O, wenn ich fragen mag,
Was sprichst du doch den ganzen Tag?
Du sprichst wohl von besondern Dingen?«
»Die Wahrheit«, rief sie, »breit ich aus.
Was keines weiß herauszubringen,
Bring ich durch meinen Fleiß heraus,
Vorn Adler bis zur Fledermaus.«

»Dürft ich«, versetzt der Fuchs, »mit Bitten dich beschweren:
So wünscht ich mir, etwas von deiner Kunst zu hören.«

So wie ein weiser Arzt, der auf der Bühne steht,
Und seine Künste rühmt, bald vor, bald rückwärts geht,
Ein seidnes Schnupftuch nimmt, sich räuspert, und dann spricht:
So lief die Elster auch den Ast bald auf, bald nieder,
Und strich an einem Zweig den Schnabel hin und wider,
Und macht ein sehr gelehrt Gesicht.
Drauf fängt sie ernsthaft an, und spricht:
»Ich diene gern mit meinen Gaben,
Denn ich behalte nichts für mich.
Nicht wahr, Sie denken doch, daß Sie vier Füße haben?
Allein, Herr Fuchs, Sie irren sich.
Nur zugehört! Sie werdens finden,
Denn ich beweis es gleich mit Gründen.

Ihr Fuß bewegt sich, wenn er geht,
Und er bewegt sich nicht, solang er stillesteht;
Doch merken Sie, was ich itzt sagen werde,
Denn dieses ist es noch nicht ganz.
Sooft Ihr Fuß nur geht, so geht er auf der Erde.
Betrachten Sie nun Ihren Schwanz.
Sie sehen, wenn Ihr Fuß sich reget,
Daß auch Ihr Schwanz sich mit beweget;
Itzt ist Ihr Fuß bald hier, bald dort,
Und so geht auch Ihr Schwanz mit auf der Erde fort,
Sooft Sie nach den Hühnern reisen.
Daraus zieh ich nunmehr den Schluß:
Ihr Schwanz, das sei Ihr fünfter Fuß;
Und dies, Herr Fuchs, war zu beweisen.«


 

Ja, dieses hat uns noch gefehlt!
Wie freu ich mich, daß es bei Tieren
Auch große Geister gibt, die alles demonstrieren!
Mir hats der Fuchs für ganz gewiß erzählt.
»Je minder sie verstehn«, sprach dieses schlaue Vieh,
»Um desto mehr beweisen sie.«

Der Kuckuck

Cuculus canorus.
Cuculus canorus.

Der Kuckuck sprach mit einem Star,
Der aus der Stadt entflohen war.
»Was spricht man«, fing er an zu schreien,
»Was spricht man in der Stadt von unsern Melodeien?
Was spricht man von der Nachtigall?«
»Die ganze Stadt lobt ihre Lieder.«
»Und von der Lerche?« rief er wieder.
»Die halbe Stadt lobt ihrer Stimme Schall.«
»Und von der Amsel?« fuhr er fort.
»Auch diese lobt man hier und dort.«
»Ich muß dich doch noch etwas fragen:
Was«, rief er, »spricht man denn von mir?«
»Das«, sprach der Star, »das weiß ich nicht zu sagen;
Denn keine Seele redt von dir.«
»So will ich«, fuhr er fort, »mich an dem Undank rächen,
Und ewig von mir selber sprechen.«

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