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N wie Ninive
Erzählungen

In metaphorisch einprägsamen Stil  werden verschiedene Schicksale erzählt, die ihren Haupthelden alles abverlangen, sie an ihre Grenzen bringen. Bei der Frage nach der Schuld, nach Gerechtigkeit und Gott verstricken sich Zukunft und Vergangenheit. 

"Er hat einen eigenen Ton, ein bisschen mecklenburgisch erdenschwer, aber dann auch wieder sehr poetisch"

Frankfurter Allgemeine 07.10.2014 Nr. 232 S. 10 

Vom Krückstock Friedrich des Großen

Vom Krückstock Friedrich des Großen

Im Leben Friedrichs des Großen spielte bekanntlich der Krückstock eine große Rolle. Unter den unzähligen Geschichten vom »Alten Fritz« ist jedoch eine weniger bekannte enthalten, in welcher der König mit dem Krückstock nicht seinen Zweck erreichte.

Der große König hielt seine gewöhnlichen jährlichen Manöver ab. Es ging nicht am Besten und Friedrich war sehr übler Laune. Schließlich machte eine Abteilung Husaren noch eine völlig falschen Ausfall, worüber der König seinen Zorn nicht beherrschen konnte.

Seinen Krückstock, den er bekanntlich auf dem Pferde nicht aus der Hand ließ, drohend emporgehoben, jagte er auf den Rittmeister der Husaren zu. Dieser sah den König mit dem aufgeregten Gesicht und dem Unheil verkündenden Krückstock auf sich los sprengen. Er wollte den Stock, auch selbst den Krückstock seines Königs nicht auf seinem Rücken fühlen und jagte davon. Der zornige König sprengte hinter ihm her, aber der Rittmeister war jünger und gewandter, als der Alte Fritz, und sein Pferd war schnelle als das des Königs.

Dieser holte den Verfolgten nicht ein und musste unverrichteter Sache zurückreiten. Am andern Morgen sollten die Übungen mit einer großen Parade abgeschlossen werden. Vor derselben kam der Befehlshaber zum König, um die Befehle des Königs zu empfangen. Nachdem er die allgemeinen Sachen gemeldet hatte, sagte er: »Und nun habe ich Eure Majestät noch eine sehr unangenehme Angelegenheit vorzutragen.« – »Lass Er hören!« – »Der Rittmeister von P.« – »Ach, derselbe, der gestern mit seiner Abteilung den dummen Streich machte!«

»Es war gestern ein Unglückstag, Majestät!« – »Ja, ja! Nun, was will Sein Rittmeister?« – »Er bittet Eure Majestät um seinen Abschied.« – »So, so!« – »Er ist einer der bravsten und tüchtigsten Offiziere der Armee. Sein Ausscheiden ist ein großer Verlust.«

»Und warum will der Mann seinen Abschied?« – »Er wollte mir den Grund nicht sagen. Aber er meint, er könne seit gestern nicht mehr mit Ehren dienen.« – »Ach, so! Also der Mann ist ein braver Offizier?« – »Einer der bravsten!« – »Befehle er dem Rittmeister, auf der Parade zu sein!«

Der General ging. Die Parade wurde abgehalten. Als der König bei dem Rittmeister ankam, hielt er sein Pferd an. Laut, dass der ganze Generalstab, der hinter ihm hielt, und die ganze Umgebung es hören konnte, sagte der König zum Rittmeister: »Rittmeister von P., ich hab' Ihn zum Major ernannt. Ich wollt' es Ihm schon gestern sagen, aber Er war mir zu geschwind!«

Der neue Major reichte natürlich seinen Abschied nicht ein.

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