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Carolin Eberhardt

Die Nixe von Weimar

Sind Nixen gut oder böse? So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. In einer Auswahl von Weimarer Sagen wird die Ilmnixe Erlinde vorgestellt. Unheimlich mutet sie oft an und zugleich wunderschön und bezaubernd. Die Illustrationen wurden von einer 5. Klasse des Goethegymnasiums in einnem literisch-künstlerischen Projekt gestaltet. 

Taucha – Kleinstadt und Kleinod in der Parthenaue (Teil 2)

Taucha – Kleinstadt und Kleinod in der Parthenaue (Teil 2)

Andreas Schneider

Taucha, die beschauliche Kleinstadt in der Parthenaue, bietet manch Reizvolles, was die Aufmerksamkeit interessierter Besucher zu erregen vermag. 

Was Nachtwächter Johann Christoph Meissner als Stadtchronist zu erzählen weiß

Über Aufmerksamkeit kann zumindest Nachtwächter Johann Christoph Meissner nicht klagen, in dessen langen Mantel und Rolle der umtriebige Vorsitzende des Fördervereins Schloss Taucha e. V., Jürgen Ullrich, so gern schlüpft und der bei seinen mehrfach im Jahr veranstalteten Rundgängen für historisch Interessierte stets ordentlich Zuspruch erhält. Ganz unterhaltsam weiß er dabei viel Bemerkenswertes an den wissbegierigen Besucher weiterzugeben – so auch, dass es ihn wirklich gab, den Nachtwächter Meissner; er lebte von 1716 bis 1815 in Taucha, und er versah seinen Dienst von 1764 bis 1813, also 49 lange Jahre, unterbrochen lediglich durch 15 Tage Krankheit – aber weniger als Verkünder der Zeit, die die Uhr geschlagen hat, denn vor allem als Brandwächter für die Bürger der Stadt, die ihm das dann auch ordentlich dankten – zusätzlich zu seinem kargen Gehalt.

Stadtkirche St. Moritz in Taucha bei Leipzig (1)
Stadtkirche St. Moritz in Taucha bei Leipzig (1)

Brände, immer wieder verheerende Stadtbrände

Brände aber, versichert Meissner und hebt seine Laterne in die Höhe, gab es immer wieder mal in Taucha, so 1697, 1750, 1765 – am verheerendsten aber wirkten die Brände von 1682 und 1768. Aufmerksamen Besuchern fällt garantiert die barocke Erinnerungstafel an einem Wohnhaus in der Leipziger Straße Nr. 18 auf, wenige Schritte vom Marktplatz entfernt, die auf den letzten der großen Stadtbrände aufmerksam macht, und wenn nicht - Meissner vergisst es garantiert nicht, auf sie ganz explizit hinzuweisen. Er erklärt dann stets beim Vorlesen des Textes, dass neben 153 Wohnhäusern, vielen Scheunen und Nebengebäuden auch das Rathaus, das Pfarrhaus und die Kirche Sankt Moritz abbrannten. Wegen des Brandes des Kirchengebäudes musste dann sogar der Gottesdienst zeitweise in einem großen Saal des Schlosses gefeiert werden. Bis es dann den markanten Neubau gab … Doch davon mehr an passender Stelle, meint Meissner lapidar.

Zunächst erwähnt Meissner im Weitergehen, fast nebenbei, dass es den Bränden zu „danken“ sei, wenn vom mittelaterlichen Taucha fast nichts bis in unsere heutige Zeit überkommen ist. Dabei gilt das Städtchen als eine der ältesten Siedlungen im heutigen Kreis Nordsachsen, zu dem Taucha seit der sächsischen Gebietsreform 2007 gehört, betont Meissner ausdrücklich; erstmalig wurde der Ort als „urbs cothug“ urkundlich erwähnt, als die Burg 979 in den Besitz des Erzbistums Magdeburg kam – niedergeschrieben übrigens in der gleichen 1012-1018 verfassten Chronik von Bischof Thietmar von Merseburg, die mit dem Eintrag für 1015 für die urbs lipzi auch die Ersterwähnung Leipzigs liefert. Laut Ortshistoriker Detlef Porzig, pensionierter Amtsleiter der Stadtverwaltung, kann der ursprünglich slawische Name Tauchas „zwar nicht eindeutig und unanfechtbar, aber doch einleuchtend auf eine ‚Siedlung mit Wohngrubenhütten‘ und/oder auf eine ‚Siedlung mit kleinen Stallungen‘zurückgeführt werden“. Nach der Jüterboger Stadtrechtsurkunde von 1174 erhielt der nun „Tuch“ genannte Burgward durch Wichmann von Seeburg, Erzbischof von Magdeburg, um 1170 das Marktrecht samt Zoll- und Stapelrecht, was auf bedeutenden Handel und Herbergswesen verweist und nicht zufällig fast in dieselbe Zeit fällt, als die Konkurrentin Leipzig ihr Stadtrecht von dem Wettiner Markgraf von Meissen, Otto dem Reichen, erhielt, dessen Reichtum auf die Silberfunde im Erzgebirge gründete. Die Magdeburger Erzbischöfe als Stadtherren waren im Bestreben nach der Vormachtstellung im Parthegebiet an einem echten Gegengewicht zum nahen meißnisch-wettinischen Leipzig interessiert und ließen 1220/21 ein festes Schloss, Stadtmauern und die Stadtkirche Sankt Mauritius in ihrem Marktort errichten. Aber 1354/55 war dann der Übergang Tauchas in wettinischen Besitz nicht mehr zu vermeiden – erst danach neigte sich die Entwicklung der beiden Handelsstädte eindeutig zugunsten der Konkurrentin Leipzig, die den Wettinern einfach besser bekannt war ... Mit der von den beiden Herrscher-Brüdern Ernst und Albrecht vollzogenen Teilung der wettinschen Länder 1485, beschlossen und besieglt im nun schon übermächtigen Leipzig, in eine ernestische und eine albertinische Linie, wurde Taucha Grenzstadt der Albertiner.

Marktplatz, Rathaus, Amtsgericht – und die Leipziger Herrschaft

Das Schloss auf dem Schlossberg, einem saaleeiszeitlichen Endmoränenhügel, 1220/21 errichtet an der Stelle der alten Burg, bildete schon immer ein Zentrum Tauchas – zunächst durch seine Höhe von 127 Metern, aber auch im geschichtlichen Sinn. Darüber aber und die Eskapaden derer von Haugwitz, deren Wappen am Eingang zum Schloss prangt, werde er an anderer Stelle eingehen, erklärt Meissner nochmals. Er verweilt inzwischen am von Linden umsäumten Marktplatz, gestützt auf seinen Stock, obwohl der Platz kaum als Markt erscheint und eigentlich auch wenig zum Verweilen einlädt, viel zu wenig Bänke oder Ähnliches, und sich vor allem als eine Ansammlung von PKWs entpuppt, weil er vorrangig als zentraler Parkplatz benutzt wird. Der Blick richtet sich auf das Haus gegenüber, eine chinesische Gaststätte mit einem eindrucksvollen Portal. Auf einem Schild ist zu lesen: „Ehemaliges Amtsgericht“. Das ist die Stelle, wo von etwa 1500 bis zum Brand 1768 Tauchas erstes Rathaus stand, erläutert Meissner. Aufgepasst, jetzt werde es etwas kompliziert mit der wechselvollen Beziehung von Rathaus und Gericht: Das jetzige Gebäude sei, wie auf dem Schild zu lesen, 1851 errichtet worden und habe ab 1856 als Königliches Landgericht gedient, später bis 1913 als Königliches Amtsgericht; bis 1879 wäre es aber auch durch die Ratsstuben mitgenutzt worden, bis dann von 1913 bis 1934 die Stadtverwaltung wieder vollständig hier untergebracht war. Denn in der Schlossstraße war inzwischen ein neues repräsentatives Gebäude für das Amtsgericht errichtet und 1913 auch eingeweiht worden, das dann natürlich auch dorthin verlegt wurde; so konnte das Rathaus wieder an den Markt umziehen. Nach der 1934 erfolgten Verlegung des Amtgerichtes nach Leipzig sei nun das Gebäude in der Schlossstraße wieder frei gewesen und es kam zum neuerlichen Umzug des Rathauses in die Schlossstraße – wo es sich noch heute befindet. Es ist sicher ein stattliches Gebäude, wäre aber ohne die Aufschrift „Rathaus“ nicht sofort als solches zu erkennen …

Rathaus in Taucha bei Leipzig (2)
Rathaus in Taucha bei Leipzig (2)

Apropo Rathaus und Bürgermeister, Meissner strafft sich. Viel zu wenig sei bekannt, seit wann die Tauchaer sich ihren eigenen Bürgermeister aus den Reihen der eigenen Bürgerschaft wählen können. Nämlich direkt erst 1848, im Zeichen von Schwarzrotgold! Bis dahin wurden in der frühen Neuzeit alle Tauchaer Bürgermeister vom Leipziger Rat eingesetzt und sie wohnten auch häufig in Leipzig, nicht in Taucha. Er wolle es gerne nochmals betonen, meint Meissner - auch wenn es mancher Freizeit-Historiker nicht für erwähnenswert halten würde: Taucha wählte erst 1848 in seiner Geschichte frei und unabhängig. Denn 1569 hatte sich der Leipziger Rat Stadt, Gerichtsbarkeit und Schloss Taucha kurzerhand gekauft, um den unliebsamen Konkurrenten in seinem Norden unter die eigene Fuchtel zu bekommen - Tauchas überregionale Bedeutung war nun bald endgültig dahin, das Städtchen wurde quasi eine Leipziger Provinz! Erst mit der neuen „Allgemeinen Städte-Ordnung“ von 1832, die in Sachsen den Kommunen Selbstverwaltung und Selbstständigkeit brachte, vor allem die neue Institution der Stadtverordneten, erlangte auch Taucha seine Selbstständigkeit wieder – allerdings nie mehr seine frühere Bedeutung. Denn die „Königlich Sächsische Provinzialstadt“, wie sie sich im 19. Jahrhundert offiziell nannte, hatte zu der Zeit nicht mehr als 250 bis 300 Häuser, in denen zumeist Ackerbürger und Handwerker wohnten. Klein, aber fein – und trotzdem noch vergleichsweise reich, schmunzelt Meissner. Nun, in der Abnabelung von Leipzig und gefördert durch die fortschreitende technische Entwicklung, begann eine neue Epoche Tauchas.

Vom Markt aus sind es nur wenige Schritte bis zum nächsten imposanten Bauwerk - der Kirche Sankt Moritz oder Mauritius, wie es eigentlich heißen müsste. Mächtig wächst ihr barocker Westturm in die Höhe und bestimmt das Stadtbild weithin mit. Der 1933 aufgestellte Lutherstein, ein Findling, und die 1883 zum 400. Geburtstag des Reformators gepflanzte Lutherbuche sind heute mit ausschlaggebend, dass hier der Lutherweg vorbeiführt.

Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen (3)
Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen (3)

Der Neubau der Stadtkirche Sankt Moritz oder Mauritius

Meissner bleibt vor dem Portal der Kirche stehen. Mit dem großen Stadtbrand von 1768 verlor Taucha fast alles – und wie erwähnt auch seine Kirche. Eine neue musste gebaut werden – ewig ging das nicht mit dem Gottesdienst ersatzweise im Schlosssaal. Das Stadtsäckel und die Verarmung der Bürgerschaft ließen solches aber eigentlich nicht zu, die Flammen hatten zu deutlich gewütet. Aber, Meissner wird ernst, jetzt zeigte sich, aus welchem Holz wir Tauchaer geschnitzt sind. Denn für Bürgermeister Johann Gottfried Kauruff ging es um ein Symbol für den Willen zum Neuanfang, zum Wiederaufbau – und er hatte eine rettende Idee: Eine Lotterie! Dumm nur, dass Kufürst Friedrich August III., gerade erst im Jahr des Brandes auf den Thron gelangt, nicht zustimmte (1806 sollte er erster sächsischer König werden, allerdings von Napoleons I. Gnaden). Aber seine Majestät der Kurfürst half trotzdem; er hatte schon zum Neujahrstag 1769 eine Kollekte in den wichtigsten Kirchenbezirk Sachsen veranstalten lassen, die mehr als 2000 Taler ergab, und er wies außerdem die Landesversicherungskasse an, den Tauchaern für die verlorene Kirche und ihr Inventar insgesamt um die 5000 Taler auszugeben. Da der beauftragte Leipziger Baumeister seinen Kostenvoranschlag dann auch noch um fast die Hälfte zusammenstrich, reichte das Geld und 1772 konnte mit dem Neubau begonnen werden; 1774 wurde die wiederaufgebaute Kirche geweiht. Sie gilt als der größte Sakralbau Westsachsens im 18. Jahrhundert und erhielt 1780 eine neue Glocke sowie 1795 eine Uhr und Orgel - Bürgermeister Johann Gottfried Kauruff hatte sich nicht getäuscht: Die Tauchaer Bürger brachten ihr Städtchen wieder zum Blühen. Bis 1813 neue Herausforderungen auf sie wareteten …

Meissner erklärt, das wäre aber deutlich Stoff für ein anderes Thema und solle deshalb ein anderes Mal erzählt werden. Jetzt gehe es erst einmal die Schlossstraße weiter – auf direktem Weg zum Schloss.


Literatur:

- Johann Gottlieb Guth, Geschichte der Stadt Taucha, Taucha 1866

- Stadtverwaltung Taucha, Stadtbilder aus Taucha, Leipzig 1992

- Andreas Tappert, Taucha. Geschichte einer Stadt, hrg. von der Stadtverwaltung Taucha, Leipzig 1995

- Sigrid Lenk, Taucha. Ein geschichtlicher Überblick, Taucha 1998

- Helmut Köhler, Detlef Porzig, Spaziergang durch Taucha, Taucha 1999

- Thomas Nabert, Im Partheland. Zwischen Leipzig, Taucha und Borsdorf, Leipzig 2002

- Peter Sundermann, Taucha, Erfurt 2007 (viele historische Fotos)

- Detlef Porzig, Chronik von Taucha – nebst Cradefeld, Dewitz, Graßdorf, Merkwitz, Plösitz, Pönitz, Seegeritz und Sehlis, Taucha 2012

- Jürgen Rüstau, Jürgen Ullrich, Mörderisches Taucha. Ein spezieller Stadtrundgang durch die Abgründe der Stadt Taucha, Leipzig 2015

- TAUCHAER STADTANZEIGER, diverse Jahrgänge mit ortsgeschichtlichen Texten von Detlef Porzig und Jürgen Ullrich

Bildnachweis

Abb. 1 und 2: Urheber Radler59

Abb. 3 aus Wikimedia, gemeinfrei

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