Die historische Gebrauchsgrafik, von der Art der Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten, erlebt immer einmal eine gewisse Wiederentdeckung durch Forscher und Sammler. Nur in geringem Maße dürfte dafür das nostalgische Flair verantwortlich sein, das von diesen alten Drucksachen ausgeht. Auch der künstlerische Wert der grafischen Kleinkunstwerke steht dabei für die meisten Interessenten nicht im Vordergrund. Sondern der Hauptgrund, sich mit Geschäftsdrucksachen zu beschäftigen, liegt in der Regel darin, dass diese sich als eine wichtige Quelle interdisziplinärer Forschung erwiesen haben. Verbreitete Sammelobjekte, ähnlich alte Ansichtskarten, können Geschäftsdrucksachen trotz all ihrer optischen Attraktivität sowie ihres Aussagewertes jedoch mit Sicherheit niemals werden. Das lassen ihre ursprüngliche Bestimmung und daraus resultierend ihr heutiger nur noch sehr geringer Bestand sowie dessen Verbreitung einfach nicht zu.
Denn die Geschäftsdrucksachen wurden auch früher in der Regel lediglich eine bestimmte Anzahl von Jahren aufbewahrt. Nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl dieser Drucksachen (zumeist aus der späteren Phase!) hat - in kleinen Geschäften oder Unternehmen auf Dachböden vergessen - diese kritische Zeit überdauert und kam später in Liebhaberhände sowie in Museen. Ebenfalls nur wenige andere Geschäftsdrucksachen gelangten durch die Führung von Schriftverkehr mit staatlichen Organen und dergleichen in Archive und blieben dort vor Aussortierungen bewahrt, so vor den Papierakquisitionen in den 1940er Jahren, vor direkter Kriegsvernichtung oder vor den Papiersammelaktionen in der frühen DDR-Zeit.
So haben bis in die Gegenwart also nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl Geschäftsdrucksachen mit Ansichten in Museen die Zeit überdauert, darunter Ansichten sächsischer Firmen. Auch in Archiven, inmitten von älteren Geschäfts-Konvoluten, lassen sich derartige Drucksachen nur vereinzelt nachweisen. Dem entsprechend dürften sich in Sammlerhänden ebenfalls kaum größere Kollektionen dieser raren Kleinkunstwerke finden.
Sehr viele Unternehmen ließen sich Drucksachen für den Geschäftsverkehr anfertigen, deren Herstellung sehr aufwendig war, so natürlich auch in dem ehemals wirtschaftlich auf allen Gebieten blühenden Sachsen.
Die Geschichte der Geschäftsdrucksachen, zu denen Briefbögen, Rechnungen, Lieferscheine, Briefumschläge und so weiter gehören, begann schon kurz nach der Erfindung des Buchdruckes. Nach mancherlei Wandlungen auf dem Gebiet dieser Drucksachen kam im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine spezielle Art auf: die Geschäftsdrucksache mit Firmenansicht. Zuerst erschienen derartige Darstellungen nur als Vignette, aber bald auch als selbständiges Motiv auf den Drucksachen. Ursächlich hing ihre gestiegene Bedeutung von der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung jener Zeit ab. Diese Entwicklung wurde entscheidend beeinflusst von den neuen Methoden der Werbung, die auf breiter Basis umfassend genutzt worden sind. Die beginnende industrielle Großproduktion, insbesondere ab den Gründerjahren der Zeit nach 1871, erzwang in der Folge die Erschließung neuer Warenmärkte beziehungsweise Käuferkreise. Wie schon zuvor bedeutende Handelsunternehmen gezwungen waren, zum schriftlichen Geschäftsverkehr überzugehen, waren dies auch die Waren produzierende Industrie, ja selbst Kleinhandel und Handwerk, aber auch Dienstleistungsunternehmen, wie das Hotel- sowie Gaststättengewerbe. Die Geschäftskontakte waren nicht mehr regional überschaubar und nicht mehr persönlich durchzuführen. Bei den nunmehr oft weit entfernt wohnenden und persönlich unbekannten Geschäftspartnern kam es darauf an, durch repräsentatives schriftliches „Auftreten", positive Wirkung zu erzielen. Je nach sich entwickelnder Betriebsgröße und Branche wuchs der Umfang der erforderlichen Korrespondenz sprunghaft. Vorgedruckte Lieferscheine, Rundschreiben und dergleichen erbrachten in dieser Situation eine Einsparung von Angestellten im Büro. Die Drucksachen ließen die meisten Firmen individuell für sich herstellen. Es gab allerdings ebenfalls bis ins 20. Jahrhundert selbst mittelständische Unternehmen, die ohne individuelle Drucksachen auskamen. Sie setzten die im Handel erhältlichen, für den jeweiligen Zweck gedruckten, anonymen Papierbogen ein.
Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten machten nie mehr als 5 bis 10% dieses Genres aus. Bei bestimmten Typen, zum Beispiel Rechnungen, waren sie allerdings überproportional vertreten. Die Gestaltungsart der Gebrauchsgrafik war sehr von stilistischen Modeerscheinungen beeinflusst. Das führte neben anderen Einflüssen dazu, dass Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten stetig Wandlungen unterworfen waren. Dies spiegelte sich hauptsächlich in der Grafik wider sowie im Rahmenwerk mit dessen Symbolen, Girlanden, Medaillen (auf diese wurde lange Zeit besonderer Wert gelegt!), Rocailles usw. und in der Typografie. Auch die eigentliche Fabrikdarstellung unterlag Veränderungen: in der Art der Darstellung sowie ebenfalls der Größe. So hat man teil- und zeitweise die Fabrikansichten, die ursprünglich in der Regel in einer kleinen Vignette gezeigt wurden, so groß ausgeführt, dass sie bis zu der halben Blattseite einnahmen. Damit erzielten die Geschäftsdrucksachen die Wirkung eines Kunstblattes, wodurch der ursächliche Sinn der Drucksache, die Durchführung von geschäftlicher Kommunikation, zugunsten der Selbstdarstellung des Unternehmens in den Hintergrund trat. Nicht nur die Kunststile spiegelten sich auf den Geschäftsdrucksachen wider, sondern auch die Entwicklungen auf dem Drucksektor für Gebrauchsgrafik, die Veränderungen der Wirtschaftsgepflogenheiten sowie andere Einflüsse. Abgesehen davon reifte die Gebrauchsgrafik selbst zum Kunstwerk heran.
Die Ursachen für das Ende der Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten waren vielschichtig: dazu zählten Änderungen in den Ansichten über die Gestaltung von derartigen Drucksachen, die neuen Werbe- sowie Repräsentationsmethoden und die Einführung von Fensterbriefumschlägen. Auch die Spionage- und Sabotagefurcht der 1930er Jahre, bedingt durch die Kriegsvorbereitungen, spielten eine Rolle.
Funktional-technisch betrachtet ist die Geschichte der mit Abbildungen versehenen Firmenbriefköpfe und dergleichen Drucksachen zuallererst einmal eine Entwicklungsgeschichte der Drucktechnik. Die Druckereien, in denen sie hergestellt wurden, blieben leider meistens unbekannt, wie natürlich erst recht die Gebrauchsgrafiker, welche die Drucksachen entwarfen. Von den hier präsentierten sächsischen Beispielen aus dem 20. Jahrhundert lassen sich mehrere Herstellungsbetriebe nachweisen, es sind Ausnahmefälle.
In den Anfangsjahren war man gezwungen, die Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten im Buchdruck (Hochdruck) herzustellen. Mit diesem Verfahren ließen sich mit Hilfe beweglicher, in der Form jedoch genormter Lettern sowohl Schrift und Text wie auch Abbildungen - diese mittels Hochdruckstöcke zumeist in Form von Holzschnitten - drucken. Die Anwendung dieses Verfahrens war jedoch relativ aufwendig und erlaubte auf Grund des verwandten Materials keine höheren Auflagen auf Druckmaschinen; dadurch war es natürlich teuer. Auch durch kleinere Verbesserungen bei der Drucktechnik und in der Papierqualität konnten hier vorerst keine akzeptablen Problemlösungen erbracht werden. Im Laufe der Zeit wurden Erfindungen und Neuerungen kreiert, so der Stahlstich (Tiefdruck), die Galvanoplastik, die Stereotypie, die Schnellpresse und vieles andere. Sie brachten weitere Verbesserungen, jedoch letztlich keine optimale Lösung der anstehenden Schwierigkeiten.
Für die Ausführung von unregelmäßig anfallenden kleinen Druckarbeiten, zu denen auch die Geschäftsdrucksachen gehörten, hatte sich im Laufe der Zeit eine besondere Produktionssparte - das Akzidenzdruckwesen - herausgebildet. Eine Revolution auf diesem Sektor brachte erst die Erfindung der Lithografie beziehungsweise des Steindrucks (Flachdruck), die den Markt eroberte. Sie brachte die völlige Wandlung der Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die lithografische Zeichnung konnten nun auf den Drucksachenköpfen die bildliche Gestaltung mit Fabrikansichten, Handelsprodukten, Werksignets, Warenzeichen, Vignetten, Linien und Verzierungen aller Art vereint werden, ebenso wie mit einer unbegrenzten Vielfalt von Hand gezeichneter Schriften und Schriftgrößen. In der Blütezeit der bildlichen Darstellungen auf Geschäftsdrucksachen, das war um 1900, kam die Kombination des Steindrucks mit dem Buchdruck-Eindruck auf. Dadurch wurden leichte Änderungen im Textteil möglich. Weitere Verbesserungen auf dem Drucksektor waren mit anderen Verfahren verbunden, so mit dem Akzidenz-Hochdruck, Autotypien, Klischees und von Galvanos gedruckten Holzstichen. Der Niedergang auf dem Gebiet der Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten konnte dadurch jedoch letztlich nicht aufgehalten werden.
Bei allen Wandlungen auf dem Gebiet dieser speziellen Drucksachen blieb aber immer ihr Sinn und Zweck gewahrt. Sie dienten der geschäftlichen Kommunikation, einer positiven Selbstdarstellung und der Werbung für das Unternehmen. Deshalb fanden sich auf den Druckbögen in den Bilddarstellungen neben Angaben zur Identität des Betriebes und seinen Kontaktdaten auch solche zur Geschichte, zu Auszeichnungen, zum Produktionsprogramm, zur Größe und Ausrüstung sowie insbesondere zur Größe der Firma und deren Bausubstanz. Gelegentlich fasste man dabei in der bildlichen Darstellung mehrere Zweigbetriebe zusammen. Das erfolgte zumeist getrennt, wie hier bei mehreren Rechnungskopfbeispielen erkennbar ist, oder auch vereinzelt, indem man die Bauwerke direkt nebeneinander anordnete, was manchmal schriftlich vermerkt wurde. Dadurch entstanden in der bildlichen Darstellung gelegentlich jegliche Realität spottend gewaltige Werkskomplexe. Allgemein wurden diese fast generell der besseren Übersicht wegen in der Vogelperspektive dargestellt. Gewöhnlich sind auf den Bildern die Bauten deutlich überproportional dargestellt. Falsche Größenverhältnisse zu der darauf befindlichen Staffage, wie Menschen, Pferdefuhrwerke, Eisenbahnen und dergleichen erzielen diese Vorstellung. Auch ein Verschieben und Überziehen von Perspektiven, die Erhöhung von Gebäuden um ein Geschoss sowie die Vergrößerung der Achsenzahl war üblich. Gängige Praxis stellte ebenfalls das Einzeichnen von nicht zum Unternehmen gehörenden Nachbargebäuden und Schornsteinen dar. Mehr symbolischen Charakter für eine aktive Geschäftstätigkeit hatte die gelegentliche Darstellung von breiten Verkehrsstraßen um den Betrieb herum und von vorbeifahrenden Eisenbahnen. Beides sollte eine gute Verkehrsanbindung anzeigen.
Vergleiche von Firmendarstellungen auf Geschäftsdrucksachen mit noch vorhandenen Gebäuden oder mit anderen zeitgenössischen Darstellungen ergeben im allgemeinen, dass - abgesehen von den Proportionen und den anderen genannten Praxen - in der Regel eine verblüffende Richtigkeit der Wiedergabe der Firmenarchitektur selbst in den kleinsten Details.
Auf Grund dieser Tatsache können Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten insbesondere Historikern sowie Denkmalpflegern sehr hilfreich sein. In der jüngeren Vergangenheit fällt ihnen immer wieder die Aufgabe zu, das überlieferte Erbe an Industriedenkmälern zu erfassen, zu denen nicht nur Fabriken, technische Anlagen und Maschinen, sondern auch Arbeiterwohnungen sowie Fabrikantenvillen gehören, sowie diese zu erforschen und die Objekte - was leider nur im äußerst seltenen Idealfall gelingt - zu bewahren. Kriegszerstörungen, die normale industrielle Innovation, in Sachsen die nach 1945 und 1990 statt gefundenen gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen sowie in jüngerer Zeit die Globalisierung, zeigen überall ihre erschreckenden Auswirkungen. So kann die Forschung oft nur noch Bildquellen des ehemals vorhandenen, des bis zur Unkenntlichkeit der historischen Architektur veränderten und des für den Abbruch vorgesehenen zusammentragen. Da in früheren Jahren die Fotografie kaum zur Abbildung von Industrieanlagen herangezogen wurde und auch anderes Bildmaterial meist fehlt, stehen die Fachleute vor großen Problemen. Selbst bei dem äußerst seltenen Vorhandensein von Fotos, Gemälden sowie Grafiken sind diese in der Regel nicht so aussagefähig wie die Firmenansichten auf Geschäftsformularen. Denn nur diese zeigen, in ihrer sehr anschaulichen Art aus der Vogelperspektive die Wirtschaftsanlage in umfassender Weise.
Historische Drucksachen mit Firmenansichten (wozu letztlich auch derartig gestaltete Werbeanzeigen gehören!) können somit bei Beachtung aller ihrer „negativen" Aspekte im Bedarfsfall als ein Hilfsmittel interdisziplinärer Forschung genutzt werden. Im Besonderen handelt es sich einmal um die Gebiete: Herausbildung und Datierung firmengeschichtlicher sowie technologischer Entwicklungen. Hier sind natürlich komplette Sammlungen aus allen Zeiten von Drucksachen bestimmter Firmen besonders aussagefähig. Zum anderen handelt es sich um allgemeine Architektur- sowie sozialgeschichtliche Entwicklungen. Die Geschäftsdrucksachen sind Lieferanten von Informationen bei der Erkennung gesellschaftlicher Strukturen. Sie zeigen Zusammenhänge im Industriebereich, im Handel sowie in den Dienstleistungen. Denn bei Geschäftsdrucksachen sind nicht nur die Gebäudedarstellungen im Kopf, sondern dieser selbst und die eigentliche Rechnung, wie auch gelegentlich Lieferverträge auf der Blattrückseite,
Auf Grund dieser Tatsache können Geschäftsdrucksachen mit Firmenansichten insbesondere Historikern sowie Denkmalpflegern sehr hilfreich sein. In der jüngeren Vergangenheit fällt ihnen immer wieder die Aufgabe zu, das überlieferte Erbe an Industriedenkmälern zu erfassen, zu denen nicht nur Fabriken, technische Anlagen und Maschinen, sondern auch Arbeiterwohnungen sowie Fabrikantenvillen gehören, sowie diese zu erforschen und die Objekte - was leider nur im äußerst seltenen Idealfall gelingt - zu bewahren. Kriegszerstörungen, die normale industrielle Innovation, in Sachsen die nach 1945 und 1990 statt gefundenen gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen sowie in jüngerer Zeit die Globalisierung, zeigen überall ihre erschreckenden Auswirkungen. So kann die Forschung oft nur noch Bildquellen des ehemals vorhandenen, des bis zur Unkenntlichkeit der historischen Architektur veränderten und des für den Abbruch vorgesehenen zusammentragen. Da in früheren Jahren die Fotografie kaum zur Abbildung von Industrieanlagen herangezogen wurde und auch anderes Bildmaterial meist fehlt, stehen die Fachleute vor großen Problemen. Selbst bei dem äußerst seltenen Vorhandensein von Fotos, Gemälden sowie Grafiken sind diese in der Regel nicht so aussagefähig wie die Firmenansichten auf Geschäftsformularen. Denn nur diese zeigen, in ihrer sehr anschaulichen Art aus der Vogelperspektive die Wirtschaftsanlage in umfassender Weise.
Historische Drucksachen mit Firmenansichten (wozu letztlich auch derartig gestaltete Werbeanzeigen gehören!) können somit bei Beachtung aller ihrer „negativen" Aspekte im Bedarfsfall als ein Hilfsmittel interdisziplinärer Forschung genutzt werden. Im Besonderen handelt es sich einmal um die Gebiete: Herausbildung und Datierung firmengeschichtlicher sowie technologischer Entwicklungen. Hier sind natürlich komplette Sammlungen aus allen Zeiten von Drucksachen bestimmter Firmen besonders aussagefähig. Zum anderen handelt es sich um allgemeine Architektur- sowie sozialgeschichtliche Entwicklungen. Die Geschäftsdrucksachen sind Lieferanten von Informationen bei der Erkennung gesellschaftlicher Strukturen. Sie zeigen Zusammenhänge im Industriebereich, im Handel sowie in den Dienstleistungen. Denn bei Geschäftsdrucksachen sind nicht nur die Gebäudedarstellungen im Kopf, sondern dieser selbst und die eigentliche Rechnung, wie auch gelegentlich Lieferverträge auf der Blattrückseite, Informationsträger. Damit sind Geschäftsdrucksachen der Aussagefähigkeit von historischen Ansichtskarten und sonstigem Bildmaterial bei weitem überlegen.
Bei all der formalen Betrachtung der Geschäftsdrucksachen als Forschungsobjekt sollte man sich aber nicht der nostalgischen Ausstrahlung dieser kleinen grafischen Kunstwerke aus einer vergangenen Epoche entziehen. In der heutigen, in jeder Hinsicht real nüchternen Zeit ist diesen Materialien nichts Vergleichbares entgegen zu setzen.