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Frank Meyer

Raum 101
Erzählungen über Männer

Von dem Konflikt mit dem Vater beim Froschschenkeljagen, den abenteuerlichen Gefühlen einer Kinderliebe, den bleibenden Momenten mit dem besten Freund, die erschütternden Erlebnisse beim Bund...teils einfühlsam, teils derb erzählen die Geschichten dieser Sammlung, wie Jungen und Männer sich in verschiedenen Lebensabschnitten bewähren... oder wie sie versagen. 

Uranbergbau im Erzgebirge – Wismut damals und heute

Uranbergbau im Erzgebirge – Wismut damals und heute

Dipl.-Päd. Ursula Brekle

Uranerz aus Niederschlema-Alberoda Bild: Geomartin /Wikipedia
Uranerz aus Niederschlema-Alberoda Bild: Geomartin /Wikipedia

Bereits seit dem 16. Jahrhundert war ein schwarzes, schweres, damals nutzloses Mineral bekannt, das den Namen „Pechblende" erhielt, gefunden im sächsisch-böhmischen Erzgebirge. Später nutzten Marie und Pierre Curie große Mengen von Aufbereitungsrückständen aus Joachimsthal für ihre Entdeckung des Poloniums und des Radiums. Die Entdeckung der Kernspaltung im Dezember 1938 am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin war eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte der Naturwissenschaften. Uranisotop 235U ist durch thermische Neutronen spaltbar und damit zu einer Kernspaltungs-Kettenreaktion fähig. Deshalb wird es in Kernkraftwerken und Kernwaffen als Primärenergieträger genutzt. Es hatte damit eine herausragende wirtschaftliche und strategische Bedeutung erlangt. In der DDR wurde Uran in der Sächsischen Schweiz (Königstein), in Dresden (Coschütz/Gittersee, insbesondere in Gittersee) und im Erzgebirge (Schlema, Schneeberg, Johanngeorgenstadt, Pöhla) sowie in Ostthüringen (Ronneburg) meist untertage als Pechblende durch die SDAG Wismut abgebaut.


Kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges, im September 1945 wurde durch die 9. Verwaltung des Ministeriums des Innern der UdSSR die „Sächsische Erkundungsexpedition (Sächsische Erzsuchabteilung)" gegründet, die die Uranlagerstätten im Erzgebirge erkundete. Diese Expedition stand unter militärischer Leitung der Roten Armee. Schon 1946 wurden 15,7 t Uran gefördert, 1947 waren es bereits 145 t Uran. Die Sowjetunion stellte damit die Uranressourcen zunächst für ihr militärisches Atomwaffenprogramm, später für die 30 sowjetischen Atomkraftwerke sicher. Für die sowjetische Rüstungsindustrie war das geförderte Uranerz von besonderer strategischer Bedeutung. Aus diesem Grunde unterlagen alle Informationen über die Wismut strengster Geheimhaltung.

Förderturm  Bild: Wismut GmbH
Förderturm Bild: Wismut GmbH

Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) erteilte 1947 den Befehl Nr. 128. Damit wurden die meisten sächsischen Bergbauanlagen in sowjetisches Eigentum überführt, unter Anrechnung auf das Reparationskonto der UdSSR. Die neu gegründete „Sowjetische Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie Wismut" (SABM, abgekürzt SAG), Sitz in Moskau, erhielt mit dem Befehl der SMA Sachsen Nr. 131 vom 30. Mai 1947 Bergbauverwaltungen in verschiedenen Orten des Erzgebirges. Die deutsche Niederlassung hatte ihren Hauptsitz in Aue, wo sie am 2.Juli 1947 im Handelsregister wie folgt eingetragen wurde: „Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie „Wismut", Aue, Zweigniederlassung der unter der gleichen Firma in Moskau bestehenden Hauptniederlassung. Gegenstand des Unternehmens: Die Gewinnung, das Schürfen und der Absatz bunter Metalle, wie innerhalb des Gebietes der UdSSR, so auch im Ausland. Grundkapital: 50.000.000 Rubel. Aktiengesellschaft."(1) Ihr erster Generaldirektor der SAG war Generalmajor Michail Mitrofanowitsch Malzew, seit 1946 in der Sächsischen Bergbauverwaltung tätig. Dieser hatte vorher den NKWD-Konzern(2) Workuta-Ugol geleitet, unter dem Namen GULAG Workuta als berüchtigtes Straflager bekannt geworden. Er hatte also bis dahin mit Häftlingen und mit drakonischen Methoden gearbeitet. Die Leitung des Unternehmens erfolgte militärisch mit Befehlen und Anordnungen. In den Anfangsjahren, die als die „wilden Zeiten" galten, waren die Arbeitsbedingungen primitiv, so wurde noch trocken unter Tage gebohrt, um das Gestein zu brechen. Strahlenschutz gab es gar nicht, denn erst in der 2. Hälfte der 50er Jahre begann man die Radonkonzentration in der Luft zu messen, später wurde auch das bioanalytische Verfahren RfB eingesetzt.

Nach Stalins Tod 1953 wurde Generaldirektor Malzew von dem Bergbauingenieur Walentin Bogatow abgelöst. Der Nachfolger Semjon N. Woloschtschuk war dann von 1961 bis 1986 tätig. Der Sitz der Gesellschaft verlagerte sich 1952 nach Chemnitz-Siegmar, den auch die Nachfolgegesellschaften SDAG Wismut (ab 1954), die sich zum größten sowjetischen Auslandsbetrieb entwickelte, und Wismut GmbH (ab 1990) beibehalten haben. Die SAG Wismut unterstand zuerst direkt der sowjetischen Verteidigungsindustrie, später dem sowjetischen Ministerium für mittleren Maschinenbau. Die Bergbaugebiete wurden ausnahmslos zum militärischen Sperrgebiet erklärt und vom sowjetischen Militär abgeriegelt und bewacht. Der Sicherheitsaspekt in dem eng reglementierten Sicherheitsregime dominierte. Auch die strenge Reglementierung des Alltagslebens der sowjetischen Mitarbeiter resultiert aus dieser grotesken Sicherheitsphilosophie der SAG und der SDAG Wismut. Die sowjetischen Mitarbeiter waren isoliert und „kaserniert". Ihre beruflichen Kontakte zu Deutschen wurden überwacht, private Kontakte waren streng verboten. Bergleute wurden wegen kleinerer Vergehen mit drakonischen Strafen belegt, auch die Mitarbeiter aus der SU. Große Befürchtungen gab es in der Zeit des „Kalten Krieges" wegen der westlichen Geheimdienste. Die Aufmerksamkeit des KGB (3) galt vor allem den deutschen Mitarbeitern. Ab 1950 profilierten sich auch die Staatssicherheitsorgane der DDR, die nicht selten die Verhafteten an „die Freunde" übergaben. In den Jahren von 1950 bis 1953 wurden nachweislich 67 Deutsche in Moskau hingerichtet, „in Moskau erschossen". Nur in 21 Fällen war ein Kontakt zu westlichen Geheimdiensten nachweisbar. Viele von ihnen wurden nach 1990 von der Militärstaatsanwaltschaft in Moskau rehabilitiert.

„Am 31.12.1953 wurde die Tätigkeit der SAG Wismut beendet und zum 01.01.1954 ein neues, zwei staatliches Unternehmen, die Sowjetisch Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut gegründet. Sie übernahm das Personal und alle Betriebe und Einrichtungen der SAG Wismut. Die Beschäftigtenzahl betrug 1954 etwa 120.000, davon ca. 3.000 sowjetische Mitarbeiter."(4)

Ab 1953 gehörten die eingesetzten sowjetischen Spezialisten zu den Berufsgruppen der Bergbaufachkräfte, Geologen, Experten der Metallurgie usw. Die Atmosphäre unter den Mitarbeitern verbesserte sich, alles kam in ruhigere Bahnen, obwohl die Sicherheitsmaßnahmen fortbestanden. Entlohnungs- und Sozialleistungen entwickelten sich vergleichsweise günstig. Die Strukturen, die anfangs nach sowjetischem Vorbild gestaltet waren, gingen später mehr und mehr in die von volkseigenen Kombinaten der DDR über.

In den 80er Jahren kamen zwei große Umweltprobleme in das Blickfeld: 1. Die Arsen- und Salzbelastung der Flüsse. 2. Die Steinhalden waren nicht abgedeckt, so dass die Bewohner der Region das kontaminierte Haldenmaterial für Bauzwecke verwendeten. Auch wurde in der Bevölkerung ruchbar, dass die Bergleute vermehrt an Lungenkrebs und anderen tödlichen Lungenerkrankungen litten und starben. Die Wismut wurde unpopulär und hatte keine Akzeptanz mehr in der Bevölkerung. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat im April 2012 ermittelt, dass seit 1991 insgesamt 3 700 Lungenkrebsfälle, 120 Kehlkopfkrebsfälle und 2 750 Menschen mit Silikose festzustellen waren, die als Berufserkrankung anerkannt worden sind.

Von 1946 bis 1991 waren 30 000 Militärs und 150 000 Spezialisten aus der SU im Uranerzbergbau der DDR eingesetzt. Im gleichen Zeitraum waren 500 000 deutsche Mitarbeiter rekrutiert worden.

In der Zeit von 1946 bis 1990 wurden durch die Wismut und ihre Vorläufer 231.000 t Uran gewonnen.

Seit den 70er Jahren verschlechterten sich die geologischen und bergmännischen Bedingungen in allen Lagerstätten der Wismut. Uran konnte nicht mehr unter weltmarktfähigen Bedingungen abgebaut werden. Der Preis für die Abbauprodukte war nicht konkurrenzfähig. Hinzu kam der in den 80er Jahren zunehmende internationale Entspannungsprozess und der damit abnehmende Bedarf an waffenfähigem Uran.

Das Ende der Uranproduktion der Wismut war 1988 vorbestimmt, die Liquidierung einzelner Betrieb und die Reduzierung der Belegschaft begann.
Die SU zog sich aus dem Uranbergbau zurück und drängte auf Reduzierung. Es gab Unruhe und teilweise Widerstand gegen die Veränderungen. Die politischen Ereignisse 1989 beschleunigten diese Entwicklung. Noch 1989 reduzierte sich der Personalbestand erheblich. Der öffentliche Druck verlangte , die aus dem Uranbergbau resultierenden Schäden zu beseitigen. Zurückgelassen worden sind: 311 Millionen m3 Haldenabraum, 1.500 km offene Grubenabbaue und 160 Millionen m3 radioaktive Schlämme. 1990 gab es noch 45 000 Beschäftigte. Der sowjetische Aktionär aber weigerte sich. Er hatte schlichtweg kein Geld dafür. Die UdSSR stieg aus dem Uranbergbau im Erzgebirge aus. Im Abkommen vom 16. Mai 1991 vereinbarten die Regierungen der BRD und der UdSSR die Einstellung der gemeinsamen Tätigkeit der SDAG Wismut.

Zu diesem Abkommen wurde das „Wismut-Gesetz" am 18. Dezember 1991 in Kraft gesetzt. Die BRD betrachtete die anfallenden Kosten als Preis für die Einheit Deutschlands und übernahm allein die Sanierung der Bergbaugebiete und die Versorgung der zurückgelassenen Bergleute. Zunächst konnten Mitarbeiter gegen Abfindung die Wismut verlassen, das nahmen viele in Anspruch. Danach gab noch 15 000 Mitarbeiter, die in zwei Arbeitsfördergesellschaften „aufgefangen" worden sind. Im Dezember 1991 wurde die Bundeseigene Wismut GmbH gegründet, die alle Aufgaben übernahm.

Die BRD gab bis Ende 2010 insgesamt 5,4 Milliarden € dafür aus.

 

(1) Zitat aus: Boch, Rudolf und Karisch, Rainer, Hg., Uranbergbau im Kalten Krieg. 2011

(2) NKWD: ???? = ???????? ??????????? ?????????? ??? ...Militärische Leitung des sowjetischen Volkskommissariats für Inneres

(3) KGB: ??????? ??????????????? ???????????? war der sowjetische In- und Auslandsgeheimdienst

(4) Zitat aus: Wismut GmbH - Öffentlichkeitsarbeit, Hg.,Chronik der Wismut

Quellen:

Boch, Rudolf und Karisch, Rainer, Hg., Uranbergbau im Kalten Krieg. 2011

Wismut GmbH - Öffentlichkeitsarbeit, Hg., Chronik der Wismut. 2011

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Bilanz 2012. Vorgelegt im April 2012 in Dresden

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