Es kommt immer wieder vor,
dass sich Menschen auf Kriegsspurensuche begeben, meist um etwas über
ihre Angehörigen zu erfahren und wie es ihnen im 2. Weltkrieg
erging. Entweder rufen sie an oder kommen selber bei mir vorbei, wie
im folgenden Fall.
An einem Sonnabend im Juli 2015 bekam ich einen Anruf von der Tourist- Info in Bad Düben. Zwei Besucher seien da, die etwas wissen wollen über Düben im 2. Weltkrieg. Ob ich weiß, wo einst der Platz der Ziethen- Husaren war und die Firma Freitag in der Torgauer Straße. Ich sagte, man soll doch ganz einfach die Besucher zu mir schicken, so lässt es sich doch besser reden als am Telefon. Gesagt - getan. Etwa 10 Minuten später traf ich beide an einem vereinbarten Ort.
Ein
Mann und eine Frau kamen mir freudestrahlend entgegen. Sie
kamen aus Belgien, sprachen etwas Deutsch und gut Englisch, und so
konnten wir uns recht gut verstehen. Auch waren sie sehr gut
vorbereitet, was die Geschichte von Düben betraf, das Internet macht
es möglich.
70
Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges hatten sie sich auf den Weg
gemacht, um zu erfahren, wo ihre beiden Väter die
Kriegsgefangenschaft in Deutschland zugebracht hatten. Beide mussten
im Sprengstoffwerk “Buche” bei Söllichau arbeiten. Ihre
Lagerbaracke steht auf dem Betriebsgelände der Firma
“Steinmetzbetrieb Freitag” in der Torgauer Straße. Von dort aus
mussten die Gefangenen jeden Tag, außer sonntags, zum Bahnhof
marschieren, dann ging es mit dem Zug nach Söllichau und von dort
zum Werk “Buche”. Da
ich Frau Freitag sehr gut kenne, habe ich sie angerufen, ihr die Sache
geschildert und sie war sofort einverstanden, dass ich mit den Gästen
bei ihr vorbei kommen kann. Sie kochte Kaffee und wir unterhielten
uns. Es war für alle Beteiligten sehr emotional. Da Frau Freitag
selbst zu den Flüchtlingen des Krieges gehörte, wusste sie, was
Flucht und Vertreibung bedeuten, und konnte nachempfinden. (Düben
hatte 1945 etwa 4100 Einwohner und hat bis 1950 Flüchtlinge
aufgenommen.)
Wir besichtigten auch das Gebäude, wo ihre Väter zwei Jahre leben mussten, von 1943 bis 1945. Die Frau hat nur kurz reingeschaut und ist dann mit Tränen in Augen gegangen. Ihr Mann hat noch alles mit den alten Fotos verglichen und auch er war sehr bewegt. Anfang Mai 1945 haben dann alle belgischen Kriegsgefangenen Düben verlassen und konnten endlich wieder ihre Heimat sehen. Wie Frau Freitag mir ein paar Tage später erzählte, hieß der Bewacher der belgischen Kriegsgefangenen Kurt Römmer. Dieser hatte eine Kriegsverletzung und war für die Front nicht mehr tauglich.
Ein besonderer Dank an Frau Freitag. Unsere Gäste aus Belgien werden Bad Düben jetzt auch in guter Erinnerung behalten.