Der Autor hat aus einem überarbeiteten Vortrag über Eva Strittmatter Gedichte (Ausschnitte) veröffentlicht. Im Buch „Atheistisch Glauben“ schreibt er im Vorwort: Ich beschreibe von jedem Gedicht, was mich anrührte, einen wichtigen Gedanken und kommentiere ihn. Ich habe dabei weniger an die Naturbeobachtungen von Eva Strittmatter gedacht, nicht an die Tage- und Nachtzeiten, nicht an die Monate, nicht an die Feste der Jahre, sondern vor allem an ihre menschlichen Bezüge, Beobachtungen, Entdeckungen und Schlüsse.“ Jeweils an erster Stelle steht ein Zitat des Gedichtes von Eva Strittmatter und danach folgen die Gedanken von Friedemann Steiger.
Ursula Brekle
„Requisiten des Glücks,
Selbst Jenseits von Güte,
sag ich: Leben ist Leben,
wie immer es sei.“
(Jenseits, 506)
Das meine ich auch,
Wir leben es vorwärts,
verstehen es rückwärts.
Aber wir leben es!
Urteile brauchen wir
nicht. Was andere
denken, rührt uns nicht.
Es bleibt uns der Tag.
Die gute Stunde auch,
wo wir eins sind mit uns
und unserm Gegenüber.
Herz zum Herzen.
„Mit einer Freiheit, im Grauen errungen,
bin ich in mir und von mir befreit.
Ich habe den tödlichen Selbsthass bezwungen,
und Gnade kehrt wieder, das Wort und die Zeit.“
„Dass ich alt bin und einsam und nichts mehr
geschieht. Denn alles, was kommt, kommt nur
noch im Lied.“
(Atem.54)
Gnade ist das Gefühl von Angenommensein.
Einer hält seine Hand über mir, beschützt mich,
hält mich, trägt mich. Ich muss niemenden hassen,
auch mich nicht. Das war ein Gefühl von Todesnähe.
Es roch nach Verwesung und Grab. Jetzt bin ich frei.
Ich bin zum Wort bekehrt. Ich habe Zeit, und in ihr
Leben wiedergefunden und kann sie aufnehmen,
ja bedenken. Das ist ein Übermaß an Glück.